Kapitel 24

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Pfiff. Die Teams rasten los. Schüler schrien durcheinander, Anfeuerungsrufe hallten durch die Luft und ich konnte nicht sagen, welches Team mehr Unterstützer auf seiner Seite hatte.

„Johnson am Quaffel, rast auf die Torringe zu, Pass zu Spinnet, erfolgreich angenommen, Ravenclaw nimmt die Verfolgung auf, können sie es noch schaffen, den Quaffel vor dem finalen Wurf auf die Torringe abzufangen?“ - nein, würden sie nicht! Sah sogar ein Blinder. Aber dafür stressten sie die Jägerin ziemlich. „Spinnet holt aus und Wurf! Phillips hält! Ravenclaw im Quaffelbesitz!“ Und schon gingen sie zum erneuten Angriff über, Smith ganz vorne. „Pass an Davies, Fassrolle unter Johnson durch, Quaffel geht zurück an Smith, weicht Spinnet aus, Davies wieder am Ball – was für ein schneller Wechsel!“ - das konnte er laut sagen! Die Gryffindors konnten gar nicht so schnell gucken. „Die Jäger nähern sich den Torringen, Pass an Smith und -“ Ich hielt den Atem an. „Toooor! Wood hat keine Chance!“ „JA!“, Cho und ich jubelten auf, die Ravenclaws um uns schrien ebenfalls begeistert. „Ravenclaw geht mit zehn Punkten in Führung! Und... Wilson schnappt sich den Quaffel!“ Tatsächlich. Der Gryffindorjäger hatte die kurze Unachtsamkeit der Ravenclaws ausgenutzt, und sie hinter sich gelassen. Sogar Johnson und Spinnet hatten Schwierigkeiten, dran zu bleiben. Doch dann - „Klatscher“, hauchte ich und im nächsten Augenblick wurde der Jäger auch schon getroffen. Autsch. Das sah schmerzhaft aus. Er geriet ins Straucheln und der Quaffel rutschte ihm aus dem Griff und fiel in die Tiefe. „Johnson jagt den Quaffel hinterher!“ Und das erfolgreich. Sie hatte ihn bekommen. Knapp über dem Boden. Aber das hatte die Löwen Zeit gekostet. „Die Ravenclawjäger sind wieder dran! Johnson muss kämpfen, Spinnet zu weit weg, Wilson noch außer Gefecht!“ Und schwupps, der Quaffel war wieder in unserem Besitz. Smith raste erneut auf die Torringe zu. „JAAAA!“, jubelte die Tribüne. Tor. Führung erweitert. Und so ging es weiter. Ein Tor nach den anderen, wir kamen richtig in Hochstimmung, als Ravenclaws schließlich achtzig Punkte vor Gryffindor lagen. Aber leider auch nur kurz. Denn ab diesem Moment schienen sich unsere roten Gegner gefangen zu haben – und unsere Glückssträhne war beendet.

„Und das ist der Ausgleich! Achtzig zu achtzig!“, hallte die Stimme des Kommentators durch das Stadion.

Was jetzt folgte, erinnerte mich an das Spiel Hufflepuff – Ravenclaw. Ein Treffer für Ravenclaw, ein Treffer für Gryffindor. Keiner konnte die Führung lange halten. Der Schnatzfang würde das Spiel entscheiden. Apropos.

Cho stieß mir in die Seite. Meine Augen suchten die Sucher, King und Weasley. Da waren sie, beide auf der gleichen Höhe. Den Schnatz konnte ich nicht entdecken.

„Der Schnatz wurde entdeckt“, rief der Staadionsprecher und ich hatte das Gefühl, dass er mich damit verspottete, dass ich ihn nicht sah – was natürlich Schwachsinn war.

„King und Weasley auf gleicher Höhe, ein Duell der Kapitäne, wie wir es lieben!“ Der Gryffindorsucher setzte zum Sturzflug an, King knapp hinter ihm. Ich kniff die Augen zusammen. War ich absolut blind, oder war dort einfach kein Schnatz? Ich sah zu Cho. Sie lächelte bitter. Als sie meinen Blick bemerkte, schüttelte sie den Kopf. Also lag ich richtig: kein Schnatz. Ein Bluff.

Der Boden kam immer näher. Im letzten Augenblick riss Charlie den Besen in die waagerechte um und schoss knapp über dem Boden weiter. Die Gryffindors jubelten. Ich hielt die Luft an. King schaffte es im letzten Moment, einen Zusammenstoß mit dem Boden zu verhindern und erneut in die Höhe zu schießen. Zum Glück. Erleichtert atmete ich aus. Aber er hatte Zeit verloren - und Charlie an Vorsprung gewonnen. Was aber nicht wirklich etwas änderte, denn gesehen hatte er den Schnatz auch nicht. Oder zumindest war er nicht mehr dort, wo er ihn vermutet hatte.

Ich sah zurück zu King. Wie eine Katze saß er auf seinem Besen und starrte auf etwas, wenige Meter von ihm entfernt. Meine Augen weiteten sich. Der Schnatz!

Und Charlie hatte ihn auch gesehen. Aber er war einige Meter unter ihm. Ohne zu zögern schoss er los. King ebenfalls. Ich hielt die Luft an. King streckte den Arm aus. Gleich hätte er den Schnatz erreicht. Drei Meter, zwei, einer – ein roter Blitz schoss in die Höhe, haarscharf am Ravenclawsucher vorbei. Charlie. Vom Schnatz keine Spur mehr. Er hatte ihn gefangen. King direkt vor der Nase weggeschnappt. Ein genialer Fang. Ich konnte nicht anders: ich jubelte mit den Gryffindors mit.

Und dafür erntete ich ziemlich – äh - unverständliche Blicke von den anderen Ravenclaws. „Falsches Team“, zischte Grace. Ich zuckte mit den Schultern. „Habt ihr Tomaten auf den Augen? Das war ein fantastischer Fang!“ „Von den Gegnern!“ „Ist doch egal!“, erwiderte ich und Cho schien sich vor Lachen gar nicht mehr halten zu können. „Ich glaube, du bist die Einzige, die das so sieht“, flüsterte sie mir zu. Ich zuckte mit den Schultern. Dann war ich das eben – und schloss mich dem Jubel der Gryffindors an.

„Wir haben gewonnen -“ „- den Sieg erklommen -“ „die Ravis weinen wie die Regentonnen!“ Im lauten Singsang marschierten Fred und George aus der Umkleide, nachdem sich der Platz vor der Tribüne wieder geleert hatte und nur ich zurückgeblieben war, um auf sie zu warten. Und ich fragte mich gleich, warum ich das nochmal getan hatte.

„Ravis? Was seid ihr dann, Gryffis?“ „Pff, wie kommst du denn darauf?“ - „Wir sind Sieger!“ „Zweitplatzierte“, verbesserte ich sie belustigt. Irgendjemand musste den in ihnen aufkommenden Hochmut ja stoppen. „Nope, in diesem Rennen seid ihr das.“ „Die Zweitplatzierten?“ „Nette Bezeichnung für die Loser, findest du nicht?“ Ich lachte trocken auf. Charmant wie eh und je, die beiden.

„Die besten Stelle überhaupt war ja, dass du mit am lautesten über unseren Sieg gejubelt hast“, lachte Fred und George stieg lautlos mit ein. „Ich ganz sicher nicht euren Sieg gefeiert“, protestierte ich. „Klar, hat sie, George.“ „Genau, du hast dich leidenschaftlich aufgeregt.“ Wieder prusteten sie los. Ich verdrehte die Augen, konnte mir ein Grinsen aber auch nicht verkneifen.

„Um ehrlich zu sein, fand ich den Schnatzfang einfach nur beeindruckend“, gab ich zu. Die Zwillinge sahen sich an. Und, wer hätte es gedacht, prusteten wieder los. „Sollen wir dir für nächstes Jahr ein Weasley-Fanshirt besorgen?“, schlug George vor. Ich lachte auf, der war gut. „Dann würde ich ja auch euch bejubeln.“ „Dann würdest du mal Sinnvolles -“ „- und Richtiges -“ „- machen.“ „Was habt ihr denn zum Schnatzfang beigetragen?“ Die Zwillinge wechselten einen Blick. „So siehts also aus...“ Fred drehte sich um. „Hey, Charlie!“ Der Mannschaftskapitän der Gryffindors war gerade aus der Umkleide gekommen und drehte sich zu seinem Bruder um. „Du hast einen neuen Fan“, rief George und zeigte auf mich. Toll. Ich spürte, wie mir die Hitze ins Gesicht schoss. Eulendreck. Was für Zeitpunkt. Einatmen und ausatmen, Robyn, bloß nicht vergessen.

Ich erwiderte die Blicke der Weasleys grinsend. Und by the way viel ruhiger als ich mich eigentlich gerade fühlte. „Toller Fang“, rief ich Charlie zu. „Ist man von den Gryffis gar nicht gewöhnt“, fügte ich spöttisch hinzu und biss mir sofort auf die Zunge. Das kam jetzt ja gar nicht als schlechte Verliererin rüber. „Wie wir vorhin gesehen haben, von den Ravis ja auch nicht“, gab Fred zurück und ich musste grinsen. „Punkt für dich.“ „Oh, Robyn gibt zu, dass ich recht habe!“ Ich verdrehte die Augen. „Soll ich es dir schriftlich geben?“ „Bitte!“ „Vergiss es.“ „Ich habe bitte gesagt!“ „Und ich hab Nein gesagt“, erwiderte ich trocken. „Und da fällt mir gerade ein, dass Filch auch Nein gesagt hat.“ „Hä?“ „Zu was?“ Ich grinste meine Lieblingszwillinge an. „Zu weiteren Streichen. Und das ist ein Nein, das ich nur zu gerne ignorieren würde.“ Die Rotschöpfe wechselten einen Blick. „Das sehen wir genauso!“

Und das, liebe Leute, war der Ausschlag dafür, dass wir bis zu den Ferien jeden Tag nachsitzen durften und Ravenclaw wie auch Gryffindor absolut keine Chance mehr auf den Hauspokal hatten. Kein Kommentar dazu, was das genau gewesen war. Manche Sachen erzählte man lieber nicht weiter.

Tales of a marauders daughter | Robyn Harriot | In Love With A WeasleyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt