𝔼𝕝𝕝𝕚𝕖𝕡𝕚𝕣𝕖𝕝𝕝𝕚

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Es ist gerade Herbst, meine Lieblingsjahreszeit nach dem Winter. Ich saß wie jeden Nachmittag nach der Schule an meinem Schreibtisch und machte Hausaufgaben. Eher gesagt ich sollte sie machen. Ich starrte stattdessen aus meinem großen Fenster direkt vor meinem Schreibtisch und beobachtete wie die Blätter, die von unserer großen Eiche aus unserem Vorgarten, eines nach dem anderen abfielen. Papa wollte sie schon so oft fällen lassen, weil sie so viel Platz wegnimmt und ihm jedes Jahr wieder die gleiche schwere Arbeit macht, alle Blätter aufzusammeln. Ich habe aber immer fleißig protestiert, weil mich das Zusammenfegen der bunten Blätter an Mom erinnert. Als sie noch da war haben wir das immer zusammen gemacht. Mittlerweile respektiert er das glaube ich auch, aber schön findet er es trotzdem nicht, dass ich so sehr an diesem Baum hänge. Es ist ziemlich windig und der Himmel zieht zu, es gibt bestimmt gleich Regen. Ich musste lächeln. Das Wetter spiegelte meine Stimmung gerade ziemlich gut wieder, wie absurd das doch eigentlich ist. Wenn Mom jetzt da wäre, wären wir bestimmt wieder rausgegangen und hätten gewartet bis der Regen uns pitschnass machen würde und danach würden wir wie immer einen warmen Kakao vor dem knisternden Kaminfeuer trinken. Ein schöner Gedanke, nur leider ist es nicht mehr möglich das so umzusetzen. Mit ihr. Ich wurde von einem Klopfen an meiner Zimmertür aus meinen Gedanken gerissen. Erschrocken drehte ich mich um und sah wie Dad sich in den Türrahmen lehnte und mich mit seinem müden Augen anschaute. Er wirkte wie immer ziemlich erschöpft und seine in alle Richtungen abstehenden Haare und tiefe dunkle Augenringe verstärkten diesen Anblick. Seine Mundwinkel zuckten, bis sie schließlich ein leichtes, aber erkennbares Lächeln ergaben. "Hey Elliepirelli, alles klar? Wie war die Schule?", brachte er schließlich heraus. Elliepirelli. Ich musste schmunzeln. So haben mich Mom und Dad genannt als ich noch kleiner war. "Alles supi und bei dir? Du siehst aus als hättest du einen langen Tag hinter dir. Schule war wie immer, alles gut. Ich habe in dem Bio-Referat, von dem ich dir erzählt hatte, eine 1 bekommen", erzählte ich stolz. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich jedoch nicht. Ich wartete auf eine Reaktion von Ihm, ein Lächeln, eine Gestik oder eine verbale Antwort, doch vergeblich. es kam nichts, keine Reaktion. Er starrte neben mich in Leere und auf einmal hatte ich das Gefühl, dass er mir gar nicht richtig zugehört hatte, wie so oft in letzter Zeit. Schließlich brachte er ein "Oh super, toll gemacht" heraus und seine Miene veränderte sich auf einmal - doch nicht ins Positive. "Du, ich hatte dir doch versprochen, dass ich bei den Deutschen Meisterschaften in Köln dabei sein werde und wir uns dort eine schöne Zeit machen würden. Ich habe jedoch super viele Aufträge reinbekommen und kann mir nicht mehr frei nehmen. Es tut mir wirklich leid, aber ich kann die Aufträge nicht aufschieben. Wärst du böse, wenn ich dieses mal doch noch nicht bei deinem Wettkampf zugucken würde? Nächstes mal bin ich ehrlich dabei." Er war nervös, das erkannte ich an seinem erwartungsvollem Blick, seiner leicht eingeknickten Körperhaltung und die Art wie er anfing sich an der Stirn zu kratzen, während seine andere Hand mit der Kordel seines Pullovers eindrehte. Er wusste genauso gut wie ich, dass es nichts Neues war. "Nein, kann ich voll verstehen, ist schon okay. Die Arbeit ist schließlich wichtig. Nächstes mal klappt es bestimmt und ich kann dir ja Videos schicken", erwiederte ich und versuchte meine Stimme nicht ganz so verletzt klingen zu lassen und meine aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Immer wieder sagte ich mir in Gedanken "Du musst jetzt stark sein, zeig keine Schwäche, sei nicht noch eine weitere Last für deinen Dad, er ist schon fertig genug". Und eigentlich hätte ich es mir ja denken können. Ich setzte ein gespieltes Lächeln auf und sah, dass auch er nun wieder etwas lächelte. "Du bist ein Schatz, Mama wäre stolz auf dich. Ich gehe jetzt ins Bett, bin ziemlich müde. Hab dich lieb", sagte er mit leiser Stimme und ging ohne eine Antwort zu erwarten. Aua. Immer das Selbe mit ihm. Ich weiß nicht, warum ich überhaupt jedes mal Hoffnung habe, dass er mal einen Wettkampf wieder zugucken würde. Als Mama noch da war, nahmen sich beide Zeit und fuhren mit mir hin. Das eine Mal hat Mom sich sogar den Spaß erlaubt und hat sich vor dem Wettkampf in mein Rhönrad gestellt und wollte darin sogar Turnen, obwohl sie nichtmal richtig drin stehen konnte. Ich vermisse sie so sehr. Alles war so viel einfacher mit ihr. Ich legte betrübt meinen Kopf auf den Schreibtisch und dachte an all die schönen Momente mit ihr. Dabei schlief ich ein, ohne auch nur einmal wach zu werden.

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Yeah mein erstes Kapitel :) Ich weiß, es hat noch nichts mit KAS oder ASDS zu tun, das kommt aber noch, versprochen!

Ich würde mich ehrlich jederzeit super über Wünsche, Tipps oder Rückmeldungen generell freuen :)

ASDS - to know you is to love you 🦋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt