𝔻𝕚𝕖 𝔽𝕝𝕦𝕔𝕙𝕥

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Schweißgebadet wachte ich auf. Es war mitten in der Nacht. Ich hatte einen Alptraum, in dem meine OP schief gelaufen ist und ich danach meine Hand nicht mehr bewegen konnte. Das wäre praktisch mein Tod. Wie sollte ich dann noch Rhönrad Turnen? Das würde nicht gehen. Niemals! Um sicher zu gehen, dass dies auch wirklich nur ein Traum war, versuchte ich trotz Schmerzen meine Finger der kaputten Hand zu bewegen. Und tatsächlich klappte es. Es war nur ein Traum. Nur ein Traum! Ich redete es mir immer wieder selber ein, doch ich konnte mich von dem Gedanken einfach nicht mehr ablenken. Was ist, wenn wirklich etwas schiefgehen würde? Das Risiko dürfte ich auf keinen Fall eingehen. Ich musste hier weg und das so schnell wie möglich. Auf einmal fiel mir eine kleine Tasche auf dem Stuhl auf, den Julia zuvor benutzt hatte. Wie ist die denn dahin gekommen? Ich wollte aufstehen, doch bereits als ich saß wurde mir total schwindelig. Alles drehte sich und ich hatte das Gefühl jeden moment jegliche Kontrolle über mich zu verlieren. Ich schloss meine Augen und versuchte so ruhig wie möglich zu atmen. Nach kurzer Zeit hatte sich mein Kreislauf wieder eingekrigt und ich stand mit immernoch wackeligen Beinen auf. Ich hielt mich am Bett fest und schaffte es gerade so zum Stuhl. Als ich in die Tasche sah, erkannte ich, dass dort Klamotten drinnen waren. Meine Klamotten. Wer hatte die denn bloß geholt? Bevor ich weiter drüber nachzudenken konnte fiel mir mein Lieblings Pulli ins Auge. Jackpot! Ich holte ihn sofort raus und kramte nach einer Hose. Ich wollte den Pulli anziehen, doch ein Schlauch an meinem Zugang störte mich. Wieso hing denn da jetzt eine Infusion dran? Wieso habe ich so tief geschlafen, dass ich wirklich nichts von all dem mitbekam? Merkwürdig. Ohne zu zögern wollte ich den Zugang aus meinem Handrücken ziehen, denn wie man den Schlauch sonst anders abbekommen würde, wusste ich nicht. Und so konnte ich den Pulli schlecht anziehen. Außerdem wollte ich keinen Zugang haben, der nervt eh nur. Ich zog ganz langsam an ihm, die Nadel schien aber immer länger zu werden. Mit der kaputten Hand war es gar nicht so einfach diesen gut zu entfernen, denn abgesehen davon, dass es wehtat den Zugang auch nur festzuhalten, was es auch total schwer den so langsam rauszuziehen und dabei ruhig zu bleiben. Als ich mit zitternden Fingern das Ding endlich in der Hand hatte war ich ziemlich froh. Bah war die Nadel lang. Ekeliger Gedanke, dass die mal ganz unter meiner Haut verschwunden war. Die Stelle blutete leicht und ich drückte ein Tuch drauf, welches auf meinem Nachttisch lag. Dann zog ich ganz langsam die Sachen an. Ich zog noch Schuhe an und ging zur Zimmertür. Ich öffnete sie einen Spalt, doch es war keiner auf dem Gang zu sehen, weshalb ich aus meinem Zimmer schlich und hinter mir leise die Tür schloss. Ich hatte überhaupt keinen Plan wo ich lang musste und irrte eine Weile herum. Doch dann sprach mich jemand an. Oh Gott, bitte nicht.
"Hey, alles klar bei dir? Kann ich dir helfen?, fragte eine eine blonde Schwester. Meine Herz fing an zu Rasen. "Ich.. ehm.. also das ist mir echt peinlich, aber ich habe jemanden besucht und finde den Ausgang nun nicht mehr", stammelte ich vor mich hin. "Achso, das ist doch überhaupt kein Problem. Ich bin übrigens Schwester Nicki und du? Ist bei dir denn alles okay? Du hast anscheinend ja auch einen kleinen Unfall gehabt"
Dabei zeigte sie bei sich auf die Stirn und nickte mir zu, um mir zu verdeutlichen was sie meinte: meine kleine Platzwunde. Wie gut, dass man in dem weiten Pulli nicht viel sah, denn so bemerkte sie meine Hände nicht. Er war so groß, dass man nichtmal ansatzweise die Schiene erkennen konnte und die Hand, in der der Zugang war, verschwand auch komplett im Ärmel. "Ich.. Ehm.. Ich bin Ellie. Achso, ja.. Ehm das ist aber schon älter, ich war wirklich nur zu Besuch hier"
"Die Besucherzeiten sind aber schon lange vorbei meine liebe", sagte sie und guckte auf ihre Armbanduhr. Danach kassierte ich einen misstrauischen Blick von ihr. "Ja ich weiß, ich bin aus versehen eingeschlafen. Sowas kann auch echt nur mir passieren" Oh gott ich war so eine schlechte Lügnerin, das klang sowas von unglaubhaft. Anscheinend glaubte sie es mir trotzdem, denn sie machte eine Handbewegung, dass ich ihr folgen sollte und lächelte dabei. Etwas schüchtern ging ich ihr nach. Wir trafen auf dem Weg einige Leute, aber ich erkannte keinen davon. Zu meinem Glück. Trotzdem schaute ich mich immer wieder genaustens um, nur um sicher zu gehen, dass ich rechtzeitig handeln könnte bevor mich wirklich jemand erkennen würde. Dann waren wir auch schon vor einer großen Tür und Nicki hielt sie mir auf. "So, da wären wir. War schön dich kennenzulernen. Dann wünsche ich dir noch einen schönen Abend beziehungsweise eine gute Nacht und gute Besserung für deinen Kopf."
Dabei zwinkerte sie mir zu. "Danke!"
Nun lächelte ich auch. "Wirst du denn abgeholt oder soll ich noch mit dir auf jemanden warten? Es ist ja schon echt ziemlich spät"
"Ne ich werde abgeholt, ich gehe meinem Vater aber besser entgegen, so hatten wir das vorhin nämlich ausgemacht, aber danke für das Angebot!"
Sie lächelte, ich lächelte und dann ging ich vom Klinik-Gelände. Puh Glück gehabt. Ich genoss die frische Luft, auch wenn es ein bisschen frisch draußen war. Zufrieden stiefelte ich los, doch als die Klinik außer Reichweite war blieb ich abrupt stehen. Wo sollte ich hingehen? Zur Jugendherberge? Zu auffällig! Da würden sie mich sicher suchen. Aber hier draußen bleiben könnte ich doch auch nicht oder? Aber ich musste wenigstens meine restlichen Sachen dort aus der Herberge abholen. Und dann fiel mir was ein: ich hatte in der Tasche gar nicht nach meinem Handy gesucht. Wie sollte ich denn so zurechtkommen ohne jegliche Orientierung in einer so großen Stadt? Sollte ich ernsthaft nur deswegen nochmal rein gehen und nachschauen? Oder sollte ich mich besser zügig aus dem Staub machen, bevor wirklich jemand Verdacht schöpft oder ich gesucht werde?

ASDS - to know you is to love you 🦋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt