ℙ𝕣𝕚𝕠𝕣𝕚𝕥𝕒̈𝕥𝕖𝕟

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꧁~𝙴𝚕𝚕𝚒𝚎𝚜 𝚂𝚒𝚌𝚑𝚝~꧂

Ich saß immernoch auf meinem Bett, weinte jedoch nicht mehr. Meine Gefühle versuchte ich zu unterdrücken, sie bringen mir eh nichts, außer unangenehme Situationen und Mitleid. Dass Tabea sich um mich kümmern wollte und mir helfen oder da sein wollte war ja lieb gemeint, aber sie könnte eh nichts an der Situation ändern, ich würde sie nur belasten. Es tat mir ja leid, dass ich wieder so kalt wirkte und alles abblockte, aber ich konnte und wollte einfach nicht anders. Ich wünschte mir eigentlich nichts sehnlicher als Zuneigung, aber sobald mir jemand zu nah war, stieß ich ihn wieder weg aus Angst, dass ich wieder alleine gelassen werde. Ich schaute aus dem Fenster, was meine Laune nicht gerade besser machte, denn der Himmel war ziemlich dunkel und es regnete. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es schon 12:30 war und bestimmt würde gleich jemand etwas zu Essen bringen, was ich auf keinen Fall anrühren würde. Ob Tabea meinen Dad finden und zur Vernunft bringen kann? In diesem Moment öffnete sich die Tür und zu meiner Verwunderung betrat wirklich mein Vater das Zimmer. Er blieb aber vor meinem Bett stehen und an seinem Blick konnte ich erkennen, dass etwas nicht stimmte. Er drehte seinen Ring, den er von Mom mal geschenkt bekommen hatte, nervös immer wieder um seinen Finger herum. Was war passiert? "Dad! Du bist wieder da", sagte ich und tat als würde ich mich freuen. Ein bisschen tat ich das auch, aber die Stimmung wirkte so angespannt, dass ich schon kurze Zeit später bereute es gesagt zu haben, da es total unangebracht schien. "Ellie", gab er leise zurück, doch in seiner Stimme war keine Freude zu hören. "Alles okay? Setz dich doch", forderte ich ihn auf, denn es machte mich ganz nervös wie er da so rumstand. "Du..Ellie..", fing er an und ich wusste dass alles, was er darauffolgend sagen würde, nichts Gutes beinhalten könnte. Diese zwei Worte sagte er so gut wie bei jeder schlechten Nachricht: "Du.. Ellie, ich kann leider nicht mit" oder "Du.. Ellie, ich muss ein paar Tage weg"
Sogar als er mir klarmachen wollte, dass Mom gestorben ist, fing er mit diesen Worten an. Immer kam etwas, was mich tief traf oder verletzte, aber ich tat dennoch immer als würde es mir nichts ausmachen, als wäre es okay. Ich schluckte, was würde jetzt kommen?
Er schwieg nun. "Dad was ist los?"
Nun kam er doch näher und setzte sich seitlich auf mein Bett. Er nahm meine Hand und setzte ein aufgezwängtes Lächeln auf. "Wie geht es dir?", fragte er dann. Ich war verwirrt. Was war denn jetzt los? Diese Frage hatte ich schon lange nicht mehr von ihm gehört. "Den Umständen entsprechend gut denke ich" Er nickte verständnisvoll und drückte meine Hand etwas fester. "Ich bin froh, dass es dir gut geht", sagte er dann mit ernster Stimme, doch ich glaubte ein leichtes Lächeln zu erkennen. "Und ich bin froh, dass du da bist", entgegnete ich und auch meine Mundwinkel wanderten ein kleines Stück nach oben. Sein Blick wurde daraufhin wieder ernst. "Ich kann nicht lange bleiben" Ich wusste, dass es einen Haken gab und auch meine Miene veränderte sich wieder. "Es tut mir leid, ich muss auch wieder los, ist viel los auf der Arbeit, weißt du?" Ist schon klar, es war ja nichts neues. Ich entzog ihm meine Hand und verschränkte meine Arme so gut es mit dem Gips ging vor der Brust. "Ist okay. Schön, dass der Herr es sich überhaupt einrichten konnte seine Tochter im Krankenhaus zu besuchen. Dann will ich ihn gar nicht länger von den wirklich wichtigen Dingen im Leben aufhalten", sagte ich mit genervter Stimme. Dass ich sauer und verletzt war, konnte man deutlich hören. "Ach Ellie", fing er wieder an und wollte seine Hand an meinen Oberarm legen. "Nein, lass gut sein, ich hab's schon verstanden" Er lachte einmal gespielt auf und fragte dann "Was hast du verstanden?" Ich schaute ihn nicht an, ich wollte nicht mehr mit ihm reden. "Komm schon Elliepirelli, fall mir jetzt nicht in den Rücken hm? Lass mich nicht im Stich jetzt" Tzz, dass ich nicht lache. "Wer lässt denn hier wen im Stich?" Seine Stimme wurde nun etwas lauter: "Du weißt genau, dass die Arbeit wichtig ist!"
"Ja, anscheinend wichtiger als alles andere, sogar als deine Tochter"
"Das ist nicht wahr und das weißt du! Aber ohne Arbeit kann ich nicht für mich und auch nicht für dich sorgen, wir brauchen das Geld! Ich dachte du stehst auf meiner Seite und verstehst das. Wir müssen doch zusammenhalten!" Nun war ich diejenige, die auflachte. "Was weißt du denn schon vom Zusammenhalten? Seit Mama weg ist, ist alles, was für dich wichtig ist, doch nur die Arbeit. Ich bin dir doch völlig egal!" Tränen stiegen mir in die Augen und ich wollte nur noch hier weg, wollte nicht länger mit ihm reden, aber gleichzeitig fühlte sich jedes ausgesprochene Wort gerade so gut, so befreiend an- es fühlte sich verdammt gut an mal lauter zu werden, all das loszuwerden, was ich die ganze Zeit verdrängt oder stillschweigend geschluckt hatte. "Fräulein, pass auf was du sagst! Ich habe mehr für uns getan als du zugeben willst und muss mir sowas jetzt nicht bieten lassen!" Achja? Was hat er denn getan? "Nein, musst du auch nicht. Ich will nicht dir und deiner wichtigen Arbeit weiter im Weg stehen. Vielleicht kannst du dich ja auch direkt dort einquartieren, dann hast du eine Sorge weniger und musst keine Rücksicht mehr auf mich nehmen. Ich bin doch eh nur eine Last" Tränen liefen mir übers Gesicht.
"Fräulein, es reicht mir langsam mit dir! Du solltest dankbar sein!" Er wurde wütend und ich sah wie sein Kiefer sich anspannte. "Ja mir reicht es auch! Dankbar? Wofür? Dass du mich all die Jahre alleine gelassen hast? Ich verzichte!" schrie ich schon fast. Ich saß kerzengerade im Bett und  zwischen unseren Köpfen war nur noch ein bisschen Platz. Er funkelte mich böse an. Plötzlich spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem Gesicht. Aus Reflex fasste ich mir direkt an die Wange, welche schon kurz darauf glühte und extrem schmerzte. Meine Augen wurden groß und mein Mund stand etwas offen. Vor mir sah ich die Hand meines Vaters. Hatte er mir gerade eine geknallt? Genauso schockiert wie ich über sein Verhalten war, schien auch er zu sein. "Es.. Ich.. Ellie.. Das wollte ich nicht", stammelte er und wollte seine Hand auf meine in mein Gesicht legen. Sofort wich ich ihm aus. "Fass mich nicht an!", schrie ich panisch und immernoch total unter Schock stehend. "Ellie..", setzte er wieder an, doch es war mir egal. Seine Ausreden und Entschuldigungen konnte er sich sparen. "Kann ich was für dich tun?" War das jetzt ernst gemeint? Wie schnell er doch das Thema wechseln kann. "Du kannst mir einen Pulli aus dem Schrank geben, mir ist kalt", sagte ich trocken. Er nickte und ging zum Schrank gegenüber vom Bett. Das war genauso wie ich es geplant hatte, er war beschäftigt. Sofort zog ich das Pflaster ab und den Zugeng raus. Bah ist das ekelig. Sofort fing es an zu bluten, doch ich drückte einfach meine Finger drauf. Da ich sonst gerade an nichts weiterem angeschlossen war, ergriff ich die Chance und stand mit wackeligen Beinen auf. Auf meinem Nachtschrank lag mein Handy, das hatte ich zuvor gar nicht bemerkt. Es könnte mit bestimmt nützlich werden, also griff ich danach und umklammerte es mit meinen Fingern so fest es ging, da ich Angst hatte anders nicht genug Kraft zu haben und es dann der Schwerkraft zum Opfer werden könnte. Mein Vater war immernoch im Schrank versunken bzw. durchsuchte jede Tür nach Klamotten. Ich öffnete so leise es ging die Zimmertür. "Wo sind denn deine - ?", fragte mein Dad dann und drehte sich um. Als er mich dann an der Tür sah stockte er. Ohne weiter zu zögern riss ich die Tür auf und sprintete so schnell ich konnte raus. "Ellie!", schrie er mir nach, doch er war zu spät. Mittlerweile glaubte ich mich einigermaßen hier auszukennen und so lief ich durchs ganze Krankenhaus. Wenn mir Personal entgegenkam, versuchte ich langsamer zu werden, um nicht verdächtig zu wirken. Jetzt würde er mich endgültig loswerden und könnte sich auf seine Arbeit konzentrieren. Das ist doch das, was er wollte. Jeder muss seine Prioritäten setzen und bei ihm stand an erster Stelle halt die Arbeit, das musste ich wohl akzeptieren.

ASDS - to know you is to love you 🦋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt