𝔾𝕖𝕨𝕚𝕟𝕟𝕖𝕣 𝕦𝕟𝕕 𝕍𝕖𝕣𝕝𝕚𝕖𝕣𝕖𝕣

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Als mich die Schwärze dann losließ und meine Sinne langsam wieder aufklarten, ich die Kontrolle über meinen Körper langsam zurückbekam, spürte ich immer wieder leichte Schläge in meinem Gesicht. Jemand rief meinen Namen und ich wusste, dass ich die Stimme kannte, aber alles wirkte noch so vernebelt, sodass ich diese nicht wirklich zuordnen konnte. Auch wenn ich meine Umgebung noch nicht sah, wusste ich, dass ich nicht in Stephans Armen hing oder auf dem Boden liegen konnte, der Untergrund schien weicher. "Ellie, mach mal die Augen auf!", hörte ich von der gleichen Stimme wie zuvor, jedoch nun etwas klarer. Ich spürte Hektik um mich herum und wollte unbedingt meine Augen öffnen, jedoch schien dies einfach nicht klappen zu wollen, egal wie oft ich es versuchte. Nach gefühlt weiteren tausend Versuchen gelang es mir endlich. Sofort kniff ich meine Augen wieder zusammen und konnte mir ein leichtes Stöhnen nicht verkneifen. War das Licht schon immer so hell? "Sie ist wach", informierte eine andere Stimme neben mir. Meine Augen gewöhnten sich nur sehr langsam an die Helligkeit und ich musste so oft blinzeln, dass ich anfangs kaum etwas erkannte. Als ich dann meine Umgebung erkennen konnte war ich verwirrt, denn ich hatte diesen Raum noch nie zuvor gesehen. Wo war ich und wie bin ich dort hingekommen? In mir stieg Panik auf. Was genau war passiert? Meine Atmung machte sich selbstständig und ich hatte das Gefühl keine Luft mehr zu kriegen. "Hey alles ist gut! Kannst du dich erinnern was passiert ist?", fragte Tabea, die nun in meinem Sichtfeld auftauchte. Sie hatte grüne Kleidung an und nicht einen weißen Kittel wie sonst. Ich schüttelte den Kopf. Erst jetzt bemerkte ich, dass auch ich nicht mehr meine Klamotten wie zuvor anhatte. Mein Körper war mit einem Hemd bekleidet, welches mit niedlichen Figuren bedruckt war. Langsam glaubte ich die Situation zu verstehen. "Du bist nem Kollegen direkt in den Armen zusammengebrochen, weil du wieder abhauen wolltest", fing Tabea an und versuchte so einfühlsam wie möglich meine Erinnerungen wieder zu wecken. Da fiel der Groschen. Sie wollte mich untersuchen und alles für die OP vorbereiten. Ich war nicht mehr in einem normalen Behandlungsraum, sondern stand kurz vor der OP. Wie lange war ich denn weg gewesen? Shit! Ich musste dort weg und das schnell! Panisch richtete ich mich auf und schaute mich um, doch bevor ich die räumliche Lage erfassen und wieder Fluchtpläne schmieden konnte, spürte ich, dass jemand meine Hand umfasste und als ich meinen Blick dorthin richtete traute ich meinen Augen nicht. Steckte da wirklich ein Zugang in meiner Haut? Wann haben die mir den denn gelegt? Und vor allem WER war das? Es war Schwester Nancy, die nun aus einer Spritze eine Flüssigkeit über den Zugang in meine Blutbahn drückte. Ich wollte mich wehren, meine Hand wegziehen, doch sie schaute mich nur entschuldigend an, hielt meine Hand fest und bevor ich weiteres unternehmen konnte befand sich der Inhalt der Spritze schon in meinem Blutkreislauf. Es war zu spät, ich war zu spät. Ich habe versagt, war nicht stark genug. Tabea drückte mich sanft zurück bis ich wieder lag. "Wir haben dir jetzt was zur Beruhigung gegeben, denn dein Puls und deine Atmung waren doch ein bisschen flott", klärte sie mich dann auf. Total schockiert schaute ich ihr in die Augen. Ich wollte das nicht, ich hatte Angst. Ich spürte meinen Herzschlag ziemlich deutlich, welcher wirklich ein bisschen schnell war. Tabeas Hand ruhte noch auf meiner Schulter. Ich wollte protestieren, mich wehren, irgendetwas tun um dieser Situation zu entkommen, doch es ging nicht. Mein eh schon geschwächter Körper gehorchte mir kaum noch, ich hatte keine Kraft mehr. Ich wollte schreien, dass sie mich in Ruhe lassen sollen, doch meiner Kehle entwich kein einziger Ton. Stattdessen liefen mir Tränen stumm übers Gesicht. Immer mehr Tränen fanden ihren Weg und ich fühlte mich zunehmend unwohler. Tabea schien meine aktuelle Gefühlslage zu bemerken, denn sofort näherten sich ihre Hände meinem Gesicht, wo diese einige Tränen wegwischten. "Ach Maus, es wird alles gut" Ich weinte einfach weiter. "Ich will das nicht. ich habe Angst", sagte ich schließlich. Obwohl es eher ein Flüstern war und ich nur mit großer Mühe überhaupt Töne rausbringen konnte. "Ich weiß, aber wir sind ja da und passen auf. Es wird alles gut und du bekommst nichts davon mit, versprochen" Sie lächelte mir emutigend zu, doch deren Lächeln hatte längst seine Wirkung bei mir verloren. Damit war das Thema auch wieder gegessen, denn diskutieren hatte eh keinen Sinn. "Du hast heute noch nichts gegessen oder?", fragte Nancy plötzlich. Ich schüttelte den Kopf und sofort kam wieder Stolz in mir auf. Ich überlegte, wann ich das letzte mal was richtiges gegessen hatte, als Nancy mich wieder aus meinen Gedanken riss. "Ah super, perfekt" Hatte sie mich gerade dafür gelobt? "Für die OP musst du nämlich nüchtern sein", klärte sie mich dann auf. Ach stimmt, das wusste ich eigentlich. Ich hätte einfach irgendwas essen müssen um alles zu sabotieren, wieso bin ich nicht früher drauf gekommen? Meine Gedanken wurden immer wirrer und auch um mich herum schien alles wie ein Film, es wirkte alles so surreal. "Also wir geben dir jetzt gleich ein Zaubermittel und dann wirst du ganz tief und fest schlafen und nichts mehr mitbekommen ja?" Tabea versuchte ja echt mich zu beruhigen und mir gut zuzusprechen, aber ich war doch kein kleines Kind mehr. Ich wusste, dass das kein Zaubermittel war, wie sie es nannte. Ich sagte aber nichts und nahm es einfach so hin. Ich merkte wie ich immer ruhiger und müder wurde. Das lag bestimmt an dem Beruhigungsmittel. Sie wussten, dass ich mich sonst gewehrt hätte und haben mich deshalb vorher schon mal ruhiggestellt, damit es einfacher für sie werden würde. Sehr nett. Mittlerweile war mir alles gleichgültig, ich konnte nicht mehr klar denken. Tabea und Nancy redeten, sie sagten auch was zu mir, doch mein Gehirn war nicht mehr Aufnahmefähig. Ich bekam nichts mehr wirklich um mich herum mit, was vielleicht besser so war. Schließlich tauchte eine komische Maske in meinem Sichtfeld auf. Ich versuchte die Luft anzuhalten, noch ein letztes Mal alle Kräfte zusammenzunehmen und gegen die Müdigkeit und meine Sinne anzukämpfen, doch das führte nur dazu, dass irgendein Gerät lospiepte und um mich herum wieder Hektik entstand. Dazu fingen an schwarze Punkte vor meinen Augen zu tanzen. Ob diese von meinem Sabotage-Versuch oder Tabeas "Zaubermittel" kamen, konnte ich nicht festlegen, aber egal, was es von beidem war, es nockte mich komplett aus. Ich hörte noch ein etwas verzweifelt klingendes "Es wird alles gut! Hör auf dagegenanzukämfen" von Tabea, bevor ich endgültig weg war und meine Sinne alle wie ausgelöscht waren. Ich hörte und fühlte nichts. Sie hatten gewonnen, ich verloren.

ASDS - to know you is to love you 🦋Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt