13. Kapitel

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     Anspannung knisterte zwischen Reece und mir, während wir am Esstisch saßen und den Auflauf in uns reindrückten. Es gab kein traditionelles Weihnachtsessen, doch das war nun auch schon egal. Mehr als egal sogar. Die Hunde hatten sich nach draußen verzogen und spielten dort im Schnee herum, obwohl noch immer ein eisiger Wind wehte. Wenigstens schienen sie Spaß zu haben, während Reece und ich kein Wort miteinander sprachen. Er hatten nicht einmal den Geschmack des Essen kommentiert.
      Er saß einfach nur da und sprach nicht. Immer wieder sah er aus dem Fenster, um nach den Hunden zu sehen, dann schlag er wieder das Essen in sich hinein. So viele Worte lagen mir auf der Zunge, doch kein Einziges kam heraus. Im Gegenteil. Immer wieder blieben sie mir im Hals stecken und wollten einfach nicht über meine Lippen kommen. Die Stimmung war getrübt. Warum genau wusste ich selbst nicht. Reece war wieder so schweigsam und so weit von mir entfernt wie er nur konnte. Sein Blick war nie auf mich gerichtet. Es kam mir so vor als wären wir wieder am Anfang, obwohl wir das nicht waren. Seufzend verschlang ich den letzten Bissen und sah ihn dann an.
      Stur hielt er den Blick auf den Teller gerichtet, hob kein einziges weiteres Mal den Kopf und schien nur darauf zu warten, dass ich aufstand und alles in die Küche trug. Diesen Gefallen tat ich ihm aber nicht. Ich räusperte mich. Nun sah er auf, sah aber nicht in meine Augen. Es war als würde ich mit mir selbst sprechen wollen. Ein Teil in mir war mehr als sauer auf ihn. Ich konnte einfach nicht verstehen, was mit ihm los war. Ich verstand es nicht. Ein Teil in mir wollte das auch nicht verstehen. Denn es machte keinen Sinn. Wir hatten uns gestern und den ganzen Vormittag gut verstanden und jetzt? Jetzt waren wir wieder am Anfang angekommen.
       Dieses ständige Hin und Her ging mir langsam auf die Nerven. »Warum bist du wieder so abweisend? Habe ich etwas Falsches gesagt oder getan?«, hakte ich nach, in der Hoffnung, dass er mir endlich eine Antwort geben würde. Doch das tat er nicht. Er schwieg still und musterte mich. Viel zu lange. Jede Sekunde in der er mich ansah fühlte sich wie eine ganze Minute an. Dann schluckte er und kratzte sich am Nacken. »Nein. Hast du nicht.« Ich runzelte die Stirn. »Was ist dann das Problem?« Reece seufzte schwer und fuhr sich über das Gesicht. Mein Herz zog sich zusammen und automatisch fragte ich mich, ob ich die Antwort überhaupt hören wollte.

       Es war Weihnachten. Wir sollten uns gut verstehen, lachen und Spaß haben. Heute Morgen hatte er mir noch Holz zum Schnitzen geschenkt und wir hatten eine schöne Zeit gehabt. Allerdings fühlte es sich an, als wäre das nun Tage her und nicht erst heute Morgen gewesen. Reeece konnte seine Stimmung innerhalb eines Tages ändern. Einfach so. Mittlerweile wusste ich nicht mehr, was das sollte. Ich wusste es einfach nicht und es machte mir Angst. Es machte mir wirklich Angst. Denn eigentlich... wenn ich ehrlich zu mir selbst war, dann wusste ich genau, dass ich ihn mochte.
      Sogar sehr mochte. Und ich wusste, dass ich Angst hatte ihn zu verlieren. Ich wollte nicht, dass wir danach nicht mehr Kontakt haben würden. Ich wollte weiter mit ihm sprechen. Weiter mit ihm reden. Ihn näher kennenlernen. Anscheinend schien er das aber nicht zu wollen. Zumindest gab er mir dieses Gefühl, wenn er mich so ansah wie in diesem Moment. Mit Kälte in den Augen. Klirrender Kälte, die in meinen Körper drang und sich dort mit eisiger Kälte verbreitete. »Du sollst dir keine Sorgen um mich machen, Sky. Ich komme allein klar. Ich würde mir ja auch keine Sorgen um dich machen.«
      Sein letzter Satz drang zu mir hindurch und sorgte dafür, dass alles in meinem Inneren zu Eis erstarrte und mein Herz sich krampfhaft in meiner Brust wandte. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und es gab so viel was ich ihn fragen wollte, doch ich brachte keinen Ton heraus. Stattdessen fand ich mich kurz darauf stehend vor dem Tisch wider. Meine Hände bewegten sich wie von selbst auf meinen Teller zu und ehe ich mich versah trug ich das Geschirr in die Küche. Es gab nichts, das ich sagen konnte. Gar nichts. Er würde es nicht verstehen und sicher auch nicht so sehen. Das wusste ich. Reece hatte seine eigene Meinung. Ich hatte meine Meinung.
        Er schien nicht viel von mir zu halten... so wirkte es jedenfalls. Er schien zwar manchmal nett zu sein, doch mittlerweile glaubte ich, dass er das nur tat, weil er nicht anders konnte. Vermutlich mochte er meine Anwesenheit hier nicht sonderlich. Obwohl ich es nicht zugeben wollte, tat es weh. Es tat weh, dass er so von mir dachte. Es tat weh, dass ich ihm egal zu sein schien. Als ich alles ins Waschbecken gestellt hatte und wieder zum Tisch lief, war Reece an der Haustüre, um die Hunde zu füttern. Das nutze ich als Chance um schnell alles vom Tisch zu räumen.
       Während dem Abspülen kämpfte ich gegen die Tränen an, die sich in meine Augen schleichen wollten. Ich kämpfte gegen den dumpfen Schmerz an, der in meiner Brust war. Ich wollte das alles hier nicht. Ich wollte es nicht und würde es nie wollen. Niemals. Das war nicht meins und würde es auch nie sein. Es tat weh. Verdammt weh. Doch seine Meinung zu diesem Thema würde ich wohl nie ändern können. Damit musste ich in diesen Moment einfach leben. Gerade als ich fast fertig war kam Reece in die Küche. Er hatte mit Absicht so viel Zeit mit dem Füttern verbracht.
        Mein Instinkt sagte mir das. Dann ich war auch mit dem Abtrocknen fast fertig. Ohne ihn anzusehen rubbelte ich den letzten Teller trocken und räumte ihn dann in den Schrank. Reece räusperte sich. »Es tut mir leid, Sky. Das war nicht so gemeint. Wirklich nicht.« Mein Blick glitt zu ihm. Reue lag in seinen Augen. Wortlos wandte ich den Blick wieder ab. »Nein, wirklich. Es tut mir leid, Sky. Manchmal weiß ich nicht, wie ich meine Gedanken ausdrücken soll... Du solltest dir keine Sorgen um mich machen, weil du dir nur umsonst Sorgen machst, was nicht gut für dich ist. Ich bin ziemlich robust. Ich möchte nicht, dass due so viele Sorgen machst, wenn es mir morgen schon wieder besser gehen wird.«
        Noch immer sah ich ihn nicht an. Vielleicht war es kindisch, doch mein Herz tat noch immer weh und ich wollte nicht, dass er es jetzt wieder heilte, nur um es später wieder zu brechen. Dieser ewige Kreislauf war nicht gut. Weder für ihn noch für mich. Deswegen tat ich so als würde ich das Waschbecken sauber machen. »Sky, bitte...« Er seufzte. Nun ließ ich mich dazu herab in seine Richtung zu sehen. »Hör zu, Reece. Es nervt mich einfach, dass wir immer einen Schritt nach vorne machen und dann zwei zurück. Wenn du mich nicht magst und mich danach nicht mehr sehen willst, dann sag es mir einfach jetzt und dann haben wir das geklärt.« Wie diese Worte über meine Lippen kamen wusste ich selbst nicht so genau. Ehe ich mich versah hatten sie meinen Mund verlassen.

Frozen Together ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt