Grelle Sonnenstrahlen blendeten mich und sorgten dafür, dass ich die Hunde für einen Moment dazu zwingen musste, anzuhalten. Mit einem festen Ruck kamen sie zum Stillstand. Eilig kramte ich meine Sonnenbrille hervor, bevor ich sie aufzog und mich der Sonne stellen konnte, die bereits hell am Himmel erstrahlte und alles in ein goldenes Licht tauchte. Vor mir erstreckte sich eine weite Ebene und beleuchteten die Berge, die nun noch näher waren, als vorhin. Beim Aufwachen hatte ich auf dem Bauch gelegen und aus dem Fenster geblickt. Reece' Fenster bot den Ausblick auf die Berge.
Genau zum richtigen Zeitpunkt hatte ich den Sonnenaufgang mitbekommen und hatte mitansehen können, wie die Berge erst in ein rosa Licht getaucht wurden und anschließend in ein warm goldenes Licht getaucht waren und hell erstrahlten. Deswegen hatte ich früher auch immer Reece' Zimmer genommen. Wegen dem wunderschönen Ausblick auf die Berge in nicht allzu weiter Ferne. Hier in dem Bergen war man sowieso von hohen Spitzen umgeben und kam ihnen gar nicht aus. Mit einem Befehl von mir rannten die Hunde weiter und ließen den Winterwald immer weiter hinter sich. Die Route, die wir fuhren, führte nach an diese Bergkette heran, davor würden wir aber eine kleine Wende machen und in einen weiteren Wald fahren. Dort würden wir dann spazieren gehen.
Wie lange wir schon unterwegs waren wusste ich nicht mehr. Es war mir auch egal. Dieser Moment war zeitlos. Wir fuhren umher und hatten Spaß daran. Die Hunde rannten und rannten, immer weiter und weiter. Mit jedem Schritt schienen sie schneller zu werden, bis sie gar nicht mehr anders konnten. Reece schien zufrieden mit mir zu sein. Zwar sah er immer mal wieder in meine Richtung, oder sah sich um, doch er sagte nicht, dass ich etwas ändern musste. Zwar würde er später, wenn wir uns dem Wald näherten, wieder ans Steuer, weil dieser Wald dichter war und der Trail dort nicht so gut ausgearbeitet war, doch hier auf der freien Ebene vertraute er mir.
Bis ich den kleinen weißen Hasen übersah, der durch den Schnee hüpfte. Die Hunde stürzten sich sofort darauf und rasten ihm hinterher. Egal was ich rief, ich konnte sie nicht mehr davon abhalten. Sie wurden immer schneller und zogen uns auf den Tiefschnee zu. Reece richtete sich auf und stieß einen lauten Pfiff aus, der den Schlitten gerade vor dem Tiefschnee zum Stehen brachte. Mit einem starken Ruck kamen wir zum Stehen. Meine Hände zitterten und verzweifelt krallte ich mich an dem Gestänge fest, während die Hunde zu Reece sahen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und das Atmen fiel mir so verdammt schwer. Das alles hätte gerade verdammt schiefgehen können. Einfach so. Wir hätte im Tiefschnee feststecken können.
Reece drehte sich zu mir. Fast erwartete ich eine Standpauke oder etwas anderes, doch er stand nur auf und kam zu mir. Das mein ganzer Körper zitterte, bemerkte ich erst, als er mich in die Arme schloss. »Hey, schon gut. Das passiert uns allen mal. Der Hase war weiß. Selbst ich habe ihn nicht gesehen. Es ist ja alles gut.« Seine Worte kamen bei mir an und ergaben Sinn, dennoch beruhigte sich ein Teil in mir nicht. Vor meinem inneren Auge sah ich die schlimmsten Szenarien. Wir landeten im Tiefschnee, die Leine riss und die Hunde rannten davon, eine andere Variante war, dass Reece und ich mit voller Wucht im Tiefschnee landeten und der Schlitten auf uns landete und so weiter.
Diese Gedanken waren schrecklich, ich konnte sie aber auch nicht abstellen. Diese Bilder verankerten sich einfach in meinem Kopf und wollten einfach nicht aufhören sich abzuspielen wie in einem Horrorfilm. Diese Bilder verschwanden einfach nicht. Egal, was ich tat. Und das war schrecklich. Reece drückte mich fester an sich und streichelte über meinen Rücken. »Hey... das wird schon wieder. Entspann dich.« Ich wusste nicht, wie ich das sollte. Wir hätten... wir hätten... alles hätte passieren können. Ich holte einmal tief Luft, dann noch mal und dann nochmal. Bis ich ruhig war. So ruhig, dass es mir besser ging. Als Reece dies bemerkte, löste er sich von mir und küsste meine Stirn.
Ehe ich etwas sagen konnte, wandte er sich an die Hunde und zeigte ihnen, dass das, was sie getan hatten, nicht gut gewesen war. Sie schienen zu verstehen, denn ihre Köpfe gingen nach unten und sie wagten es nicht nur einen Mucks von sich zu geben. Reece gab mir die Decke und bot mir an mich auf die Ladefläche zu legen, was ich in diesem Moment nur allzu gerne tat. Natürlich war es kein Weltuntergang, doch das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren, war schrecklich. Meine verzweifelten Rufe hatten nichts genützt und wir hätten beinahe einen Unfall gebaut. Diese Kontrolle... ich hatte sie verloren. Es war beängstigend die Kontrolle zu verlieren. Wirklich schlimm.
Denn die Hunde waren stärker. Und wenn sie ihr Eigenleben führten, geriet alles aus den Fugen. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals, als ich mich auf die Ladefläche legte und fest die Decke um mich schlang. Wie verkrampf lag ich da, jeder meiner Muskeln angespannt, die Hände in die Decke gekrallt. Reece fuhr los. Langsamer als davor. Das Tempo war angenehm und sorgte dafür, dass ich mich entspannte. Zumindest etwas. Dennoch blieb diese Angst. Diese Angst, dass gleich wieder ein Tier ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte. Die nächsten Minuten kamen mir wie Stunden vor. Immer wieder sah ich mich um, in der Hoffnung, kein Tier zu sehen.
Reece und ich hatten die Route so gewählt, dass wir nur wenigen Tieren begegnen würden. Und doch waren wir einem Hasen begegnet. Es zeigte doch den Urinstinkt der Hunde. Sie stammten von Wölfen ab und das würde immer so bleiben. Meine Gedanken drehten und drehten sich, dann hielt Reece endlich für eine Pause an. Sofort sprang ich auf, nur darauf bedacht vom Schlitten zu kommen. Es war... dumm von mir. Das wusste ich. Doch wegen mir hätte alles passieren können. »Hey. Entspann dich, Sky. Bei meiner ersten richtigen Fahrt haben die Hunde einem Wiesel nachgejagt und wir sind einen Hang hinuntergefahren, so schnell, dass ich die Kontrolle verlor und wir umkippten. Die Hunde verhedderten sich und wir rutschten den Hang hinab, auf eine Klippe zu. Gerade noch so konnte ich das Beil nehmen und uns festhalten. Das hier war Garnichts, Sky. Das kann jedem erfahrenem Musher passieren. Glaub mir.«
Ich sah ihn an und versuchte mich zu entspanne, was gar nicht so leicht war. Doch ich rief mich zur Besinnung. »Und wie habt ihr euch retten können?«, fragte ich. Ein kleines Lächeln huschte über seine Lippen. »Ich habe den Hunden geholfen ihre Position zu finden und habe dann die Hunde angespornt zu laufen. Besonders den Leithund. Dann liefen sie und der Schlitten ging wieder nach oben. Bis heute ist es ein Wunder. Glaub mir, das möchte ich nie wieder. Es war schrecklich. Aber das hier, was gerade passiert ist, kann immer mal wieder passieren. Selbst mir. Es ist also nur halb so wild. Vertrau mir einfach.« Das wollte ich ja und doch... und doch konnte ich es irgendwie nicht.
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Frozen Together ✔
RomanceWinterurlaub in Alaska? Für Sky gibt es nichts Schöneres. Allerdings beginnt dieser bereits mit einem Unfall. Damit aber nicht genug, ihre Pechsträhne geht weiter. Die Hütte ist bereits besetzt. Von einem jungen Mann, der so kalt ist, wie der kältes...