Ein stechender Schmerz in Rücken, Nacken und Schulter weckte mich aus meinem erholsamen Schlaf. Blinzelnd öffnete ich die Augen und sah mich um, nur um zu erkennen, dass ich immer noch auf der Couch war und Reece' Kopf noch immer auf meinem Schoß lag. Seine Augen waren noch immer geschlossen und er schien friedlich zu schlafen, während ich mich im Schlaf irgendwie halb über ihn gebeugt hatte und meinen Arm um ihn gelegt hatte. Wie ich das auch immer geschafft hatte. Dadurch war ich ihm nun viel näher als vorher. Uns trennten nur ein paar Zentimeter. Für einen Moment sog ich den Anblick in mich auf.
Sog die scharfen Konturen seines Gesichts nach, sah mir seine langen Wimpern an und betrachtete seinen Mund, der mich schon wieder zum Küssen einlud. Als diese Gedanken durch meinen Kopf schossen, richtete ich mich erschrocken auf und spürte ein Knacken im Rücken. Mein Rücken tat immer noch etwas weh, doch es wurde schon besser. Meine Schulter war von der Fehlhaltung auch etwas belastet, doch meine Gedanken verschwanden, als ich diese Stille bemerkte. Eine Stille, die nicht da sein sollte. Es war zu still. Ich konnte bei genauem Hinhören jeden Atemzug der Hunde hören und das Wohnzimmer wurde nicht mehr nur von Kerzen erhellt, sondern von der Lampe.
Ich wandte den Blick aus dem Fenster. Kein einziger Baum bewegte sich, keine Flocke fiel vom Himmel herab. Alles war ruhig und still. Friedlich. Ich blinzelte und sah genauer hin, nur um sicher zu sein. Dann lauschte ich, ob ich nicht doch das Rauschen des Windes hören konnte. Mich grüßte allerdings nur Stille. Freude strömte durch meinen Körper. Pure Freude und Erleichterung. Der Blizzard war vorbei. Diese Erleichterung, die jetzt durch meinen Körper strömte, war einfach nicht mehr zu bändigen. Etwas zu grob rüttelte ich an Reece' Schulter. Dieser grummelte etwas vor sich hin, öffnete die Augen aber nicht. Stattdessen drehte er sich etwas und schlief einfach weiter.
Wieder rüttelte ich an seiner Schulter. Diesmal fester als zuvor. »Reece, wach auf. Der Blizzard ist vorbei!«, rief ich. Die Hunde waren sofort wach, bei meinem lauten Ausruf und sahen verschlafen in meine Richtung. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es gerade mal sieben Uhr am Morgen war. Doch das störte mich nicht. Ich rüttelte weiter an seiner Schulter und widerholte dabei immer wieder die gleichen Worte. Irgendwann öffnete er ruckartig die Augen und richtete sich so schnell auf, dass er mit dem Kopf gegen mein Kinn knallte. Ein kleiner dumpfer Schmerz durchzuckte mein Kinn, doch das war mir egal. Verschlafen sah er mich an.
Dann sah er nach draußen. Sein Blick wurde von Sekunde zu Sekunde wacher. Erkenntnis legte sich auf seine Züge und dann sah er zu mir. Im ersten Moment erwartete ich, dass er sauer sein würde, dass ich ihn geweckt hatte. Fast erwartete ich einen bösen Blick, stattdessen lag da ein breites Lächeln auf seinen Lippen und ehe ich mich versah zog er mich in seine Arme und küsste meinen Kopf. »Ja, der Blizzard ist vorbei. Jetzt haben wir Zeit, einige Dinge nachzuholen«, hauchte er, während ein Beben durch seinen Körper ging. Für einen Moment langen wir einander in den Armen und teilten unsere Freude miteinander, die endlos zu sein schien.
Die Umarmung wurde uns allerdings nicht ewig vergönnt, denn ein paar Sekunden später waren wir von Hunden umringt, die ebenfalls zu spüren schien, dass der Wind weg war und was dies nun bedeutete. Aufgeregt liefen sie hin und her, nur Junior und Bronco blieben bei uns und sahen uns an. Lächelnd betrachtete ich die Hunde, als Reece sich von mir löste. »Und? Wie sieht es aus? Wir könnten heute eine große Tour machen. Den ganzen Tag lag.« Erst dachte ich, dass er diese Worte an die Hunde gerichtet hatte, dann fiel mir auf, dass er selten mit ihnen sprach. Einfach, weil sie keine Menschen waren. Es dauerte kurz, bis ich begriff, dass er mit mir sprach.»Du möchtest mich dabei haben?« Die Überraschung in meiner Stimme war wohl nicht zu überhören. Reece runzelte die Stirn. »Warum sollte ich dich nicht dabeihaben wollen? So eine Tour ist nur schön, wenn man auch jemanden etwas dabei zeigen kann. Ich bin sicher, dass du dort noch nie warst. Es wird schön werden.« Mein Herz setzte einen Schlag aus, nur um kurz darauf wild in meiner Brust weiter zu pochen. Eine lange Mushing-Tour. Schon jetzt hörte sich das wunderschön an. Zwar schien draußen keine Sonne, doch das war egal. Ich war bereit mit ihm eine Tour zu machen.
»Und du bist wirklich sicher, dass du das willst?«, hakte ich zur Sicherheit noch einmal nach. Ein Knurren kam über seine Lippen, dann presste er seine Lippen auf meine. Ein überraschtes Keuchen glitt über meine Lippen, da ich damit nicht gerechnet hatte. Sein Kuss war wild und forsch und gleichzeitig voller Wärme und Zärtlichkeit. Er drückte das aus, was er sagen wollte. Langsam löste er sich von mir und sah mich an. »Wie kommst du darauf, dass ich das nicht wollen würde?« Seine Stimme war rau, sein Blick dunkle. Ein heißer Schauer lief mir den Rücken hinunter und hinterließ eine Gänsehaut auf meinen Armen. Ratlos zuckte ich mit den Schultern.
»Weiß nicht. Ich meine, bis jetzt hast du das ja immer allein gemacht.« Reece legte den Kopf schief, sein dunkler Blick glitt forschend über mich hinweg. Die Intensität in seinen Augen ließ mich kurz innehalten und für ein paar Sekunden zu Eis erstarren. Im guten Sinne. »Ja, das mag sein, aber jetzt habe ich dich gefunden und ich möchte liebend gern dort hinaus mit dir. Es gibt vieles, was ich dir zeigen möchte.« Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. »Dann komme ich gerne mit und lass mir von dir alles zeigen.« Erleichterung zeigte sich auf seinen Zügen, dann küsste er meine Stirn.
»Na dann, zieh dich schon mal warm an.« Ein verheißungsvolles Funkeln lag in seinen Augen und ich wusste, dass es nicht nur auf die Kälte bezogen war. Grinsend stand ich auf und streichelte die Hunde, dann lief ich in mein Zimmer. Jede Bewegung in meinem Körper war federleicht. Als würde ich schweben. Freude und Glück flossen durch meinen Körper und bestimmten jede Bewegung. Das Leben war... war auf einmal wunderschön. Hier war es natürlich schon immer schön gewesen, doch in diesem Moment? In diesem Moment konnte ich mir nichts Schöneres vorstellen.
Eilig fischte ich ein paar Klamotten raus, dich ich tragen würde. Erst zog ich eine Thermohose heraus, dann eine Leggins, dann eine weitere Leggins und dann eine Jeans. Dazu ein Top, dann ein längeres Top, dann ein T-Shirt und dann einen Hoodie, auf dem stand: I just want pizza. Dann zog ich zwei paar Socken heraus, frische Unterwäsche und schließlich eine weitere Mütze, auf der stand: Why so serious? Nachdem ich ganz zufrieden mit meiner Wahl war, verließ ich das Zimmer und ging ins Bad. Es dauerte etwas, bis ich mich gewaschen, meine Zähne geputzt, meine Haare gemacht und mich schließlich angezogen hatte, doch dann war ich mit dem Ergebnis zufrieden und lief ins Wohnzimmer, wo Reece schon das Frühstück auf den Tisch gestellt hatte.
Neben dem Tisch stand eine große Tasche und eine weitere Tasche. »Reece?«, fragte ich, als ich sah, was in den Taschen war. Er blickte auf und sah mich an. Einen kurzen Moment glaubte ich Röte auf seinen Wangen zu erkennen. »Ich... also... das ist ein Zelt. Ich habe es immer dabei. Es ist extra für die Kälte von Alaska gemacht und einen Heizlüfter der mit Batterie läuft, habe ich auch. Ähm... es gibt etwas, das ich dir zeigen möchte. Es kommt aber erst nachts heraus. Deswegen dachte ich, dass wir dort draußen übernachten könnten. Da der Radio wieder geht, habe ich mich versichert, dass der Sturm vorbei ist. Wir können also ungestört zelten gehen. Also nur, wenn dir das recht ist...« Er kratzte sich am Nacken und musterte mich.
Meine Mundwinkel wurden von einem breiten Lächeln nach oben gezogen. »Ja. Ich meine ja, das ist mir recht. Das hört sich... schön an.« Seine Schultern sackte in Erleichterung nach unten und er lächelte. »Gut. Dann ist das ja geklärt.« Vor lauter Aufregung pochte mein Herz ganz wild in meiner Brust und schon jetzt konnte ich es kaum mehr erwarten. In mir war eine Vorfreude. Eine Vorfreude, die ich schon lange nicht mehr empfunden hatte. Dann schien Reece mein Outfit zu bemerken. Im ersten Moment dachte ich, dass er mich auslachen würde, da ich wie eine Zwiebel angezogen war. Doch dem war nicht so. Er sah mich an, als wäre ich es wert angesehen zu werden. Als wäre ich das schönste Wesen der Erde.
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Frozen Together ✔
RomanceWinterurlaub in Alaska? Für Sky gibt es nichts Schöneres. Allerdings beginnt dieser bereits mit einem Unfall. Damit aber nicht genug, ihre Pechsträhne geht weiter. Die Hütte ist bereits besetzt. Von einem jungen Mann, der so kalt ist, wie der kältes...