Der starke Wind rüttelte an den Fensterläden, peitschte gegen die Hauswand und wirbelte draußen die Schneeflocken umher, die vom Himmel fielen. Alles war weiß. Jetzt, im Radio hörten wir von der Warnung, die eigentlich schon gestern hätte kommen sollen, doch da waren Wissenschaftler noch davon ausgegangen, dass der Blizzard abdrehen würde. Jetzt traf er uns mit voller Wucht und wir hatten noch nicht einmal das Zentrum erreicht. Mit einer Decke umschlungen saß ich auf der Couch, mit einer Tasse heißer Schokolade in der Hand, während Reece immer wieder aus dem Fenster blickte. Seine Hunde rührten sich nicht. Sie lagen im Schnee.
Auch ich sah immer wieder nach draußen, konnte aber nichts als Schneegestöber erkennen. Nur ab und an hörte man ein Bellen. Ein Lebenszeichen. Es passte mir irgendwie nicht, dass die Hunde dort draußen waren. Ja, vielleicht sollte man sie nicht vermenschlichen, doch es war bitterkalt und windig und der Schnee machte es nicht besser. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass das so gesund war. Natürlich hatten sie sich unter der Schneedecke vergraben und ja, sie wärmten sich gegenseitig aber... dennoch sorgte ich mich um sie. Ein Teil in mir wollte dort rausgehen und bei ihnen bleiben, nur um zu wissen, dass es ihnen gut ging.
Besonders Nanook. Auch Reece schien sich um den sturen Hund zu sorgen, der lieber draußen beim Blizzard war, als ihm schönen warmen Haus. Immer wieder sah ich zu ihm. Sah die Sorge in seinen Augen aufblitzen, die er dann aber immer wieder zurückdrängte. »Wie wäre es, wenn du mir das Hundeschlittenfahren beibringst? Dann könnte ich auch Vorräte holen fahren.« Ein kaltes Lachen entschlüpfte seinen Lippen bei meinen Worten. »Bei diesem Sturm kann ich dir Garnichts beibringen.« Sein kalter Blick traf mich. Ich rollte mit den Augen. »Ich meinte ja auch die Theorie. Den Stand und die Rufe kann ich auch hier im Haus üben.«
Wieder dieses kalte Lachen. »Ich würde einen Anfänger niemals bei so einem Sturm da rauslassen. Bist du bescheuert? Dir könnte sonst was passieren. Die Hunde passen zwar auf, aber sie folgen auch nur deinen Befehlen. Wenn du dich einmal vertust und falsch abbiegst, musst du dich erst einmal wieder zurechtfinden. Nein. Ich würde selber fahren. Klar kann ich dir den Stand und die Befehle beibringen, aber das war es auch dann schon. Fahren wirst du bei diesem Sturm sicherlich nicht. Nur ich.« Ich seufzte. »Kann ich wenigstens mitkommen?« Die Antwort kam viel zu schnell, viel zu wütend, viel zu kalt. »Nein, auf gar keinen Fall. Ich will keine Anfängerin wie dich dabeihaben.«
Etwas in mir zuckte bei seinen Worten zusammen, doch ich sagte nichts weiter. Stattdessen nickte ich nur. Nur vier Augen sahen mehr als zwei. Ein schweres Seufzen kam über seine Lippen. »Es wäre zu gefährlich, okay? Nicht zwei Leute sollten ihr Leben riskieren.« Mein Blick schoss zu ihm. »Und wenn dir etwas passiert? Dann sieht es niemand und dann?« Allein die Vorstellung ließ mich frösteln. Sein Blick wurde hart. »Du kommst nicht mit. Basta.« Es fühlte sich an als wäre er mein Vater und ich seine Tochter. So sprach er mit mir. Wie mit einem Kind. »Und wer soll dir bitte helfen, wenn dir etwas passiert?«, hakte ich nach und spürte, wie meine Wut hochkochte.
Reece sah nach draußen. »Sie würden einen Weg finden, Hilfe zu holen. Das haben sie schon einmal getan. Ich bin nicht allein. Ich habe acht Hunde und alle von ihnen würden alles dafür tun um jemanden zu retten, den sie mögen.« Ich sah ihn an. Noch immer nicht sicher, was ich davon halten sollte. Reece sah zu mir und schenkte mir ein kleines Lächeln. »Aber der Tag ist ja noch nicht da. Wir werden sehen wie es sich entwickelt.« Wenn man dem Radio Glauben schenken sollte, dann würde der Sturm ganze acht Tage anhalten. Eine lange Zeit... Acht Tage hier mit ihm gefangen. Ich verzog das Gesicht. Reece' Lächeln schien allerdings nur eine Fassade zu sein.
Kurz darauf lief er auf und ab, sah immer wieder nach draußen und schien von Sorge zerfressen zu sein. Auch ich sorgte mich. Die Temperaturen waren noch einmal gefallen, auf -30 Grad und der Wind würde stärken bis zu 140mph bekommen. Immer wieder sah auch ich nach draußen oder lauschte an der Tür in der Hoffnung, dass Nanook es sich anders überlegen würde. Doch nichts geschah. Es blieb still. Viel zu still. Meine Gedanken fuhren auf und ab, während ich aus dem Fenster sah. Dort draußen sah ich allerdings nur eine weiße Wand, die vom Himmel fiel. Flocke für Flocke. Es war nur eine weiße Wand. Die Flocken tanzten wild über den Himmel. Ob es noch hell war? Ich wusste es nicht mehr. Die Uhrzeit zeigte mir, dass die Sonne schon untergangen sein musste, doch ich wusste nicht, ob es auch so war.
Ich sah nur weiß. Ab und an sah man nur ein paar Fetzen. Kleine Fetzen, die nicht viel zeigten. Reece lief weiter auf und ab, gönnte sich keine Ruhe und es wurde auch nicht besser, als der Radiosprecher über das Rauschen des Radios hinweg erklärte, dass der Sturm noch schlimmer werden würde und das man in den nächsten Tagen nicht nach draußen gehen sollte. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Die Aussichten waren nicht gerade gut. In den letzten Jahren hatte ich keinen Blizzard mehr erlebt, dieser schien so schlimm zu sein wie noch nie. Die Stunden vergingen schleppend. Zumindest hatte ich das Gefühl. Weiterhin auf der Couch zu sitzen kam mir falsch vor.
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Frozen Together ✔
RomanceWinterurlaub in Alaska? Für Sky gibt es nichts Schöneres. Allerdings beginnt dieser bereits mit einem Unfall. Damit aber nicht genug, ihre Pechsträhne geht weiter. Die Hütte ist bereits besetzt. Von einem jungen Mann, der so kalt ist, wie der kältes...