Dieser Moment. Er war alles. Noch nie in meinem Leben hatte ich das empfunden, was ich in diesem Moment empfand. Denn ich empfand alles. Es klang verrückt. Er küsste mich und ich schien alle Emotionen der Welt zu spüren. Sein Kuss war bitter und gleichzeitig liebevoll und leidenschaftlich. Unsere Lippen bewegten sich am Anfang etwas forsch und nicht im gleichen Takt, doch nach und nach fanden sie ihren eigenen, individuellen Rhythmus. Wir unterhielten uns ohne Worte. Er zog mich näher, ich spielte mit seiner Zunge. Ich biss spielerisch in seine Unterlippe, er antwortete mit einem Knurren, dass gegen meine Lippen vibrierte und grub seine Finger in meine Hüfte.
Der Kuss wurde hitziger und hitziger. All die angestauten Emotionen kamen in diesem Kuss zum Ausdruck. Ich spürte Wut, Hass, Trauer; Freude, Glück, Hoffnung und Liebe in einem Kuss. Wir drückten all das in diesem Kuss aus. Es war... es war magisch. Die Welt um mich herum geriet in Vergessenheit. Es gab nur uns beide. Der Sturm wütete draußen, doch ich hörte ihn nicht mehr. Es gab Reece und mich. Wir waren nicht in Alaska oder sonst wo. Wir waren in unserer Welt. In der Welt, in der wir immer zusammen sein konnten. In der Welt, in der nur wir uns verstehen mussten.
In einer Welt, in der es keinen Schmerz gab. In einer Welt, in dem wir nicht fürchten mussten, uns eines Tages nicht mehr zu sehen. Reece und ich befanden uns in dieser Welt. Ganz allein. Nur für uns. Für diesen Moment. Das Kribbeln in meinem Bauch wurde stärker, mein Herz pochte wilder von Sekunde zu Sekunde. Es gab nur uns beide. Niemanden sonst. Dieser Moment war alles. Alles worauf ich je gewartet hatte. Lange Zeit hatte ich kaum noch Gefühle gehabt.
Wie von selbst hatte ich sie als Schutz ausgestellt. Jetzt empfand ich all das wieder, was ich jahrelang nicht gewagt hatte. Die Angst vor Verletzung blieb aus. Ich wusste, dass es schwer werden würde, doch ich war bereit diesen Weg zu gehen. Vielleicht war es dumm und leichtsinnig. Jeder Mensch würde sagen, dass ich Reece ja nicht mal zwei Wochen kannte und das nicht beurteilen konnte. Doch Reece hatte mein Herz berührt ohne es zu berühren. Er verstand mich besser als jeder andere, den ich bis jetzt getroffen hatte. Jahrelang hatte niemand meine Gefühle erwecken können.
Jahrelang hatte ich es ignoriert. Jahrelang hatte ich nichts gespürt. Keine Freude. Keine Trauer. Garnichts. Seit ich Reece kannte war das etwas anders. Ich spürte wieder. Vor Reece hatte ich schon begonnen zu spüren, doch meist waren es nur kleine Momente gewesen. Nicht einmal Wut hatte ich empfunden. Was schrecklich war. Doch hier und jetzt? Hier und jetzt war es anders. Ich spürte alles. Dank Reece. Ich wusste nun wieder, wie sich Wut anfühlte. Dieses drückende Gefühl, dass einem das Blut zum Kochen brachte und einen auch länger wachhalten konnte. Man wollte am liebsten schreien. Ich wusste wieder, was Schmerz war.
Der innerliche Schmerz. Ich wusste wieder, wie es war, wenn die Brust sich zusammenzog und man das Gefühl hatte, nicht atmen zu können. Ich wusste wieder, was Wärme war. Das warme Kribbeln im Bauch, das starkklopfende Herz und diese innerliche Ruhe. Ich wusste wieder, was Freude war. Glück. Zuneigung. All das hatte er wieder in mir hervorgerufen. Am Anfang hatte ich es nicht so richtig bemerkt. Doch jetzt, bei diesem Kuss, spürte ich es. Ich spürte mich selbst. Meine Gefühle.
Gefühle, die ich jahrelang zurückgehalten hatte, weil niemand dagewesen war, dem ich sie hätte anvertrauen können. Gefühle, die ich mehr als liebte. Lange Zeit hatte ich sie nicht mehr gespürt. Ich hatte mich selbst nicht gespürt, hatte aber gleichzeitig versucht nett zu anderen zu sein. Jetzt diese Gefühle zu spüren war so... so neu. So anders. Und doch so gut. Tränen der Freude liefen meine Wangen hinab. Als Reece sie zu spüren schien, löste er sich von mir. Sorge flackerte in seinen Augen.
»Was ist los? Habe ich etwas falsch gemacht?«
»Nein. Im Gegenteil. Alles ist perfekt. Hör nur nicht auf mich zu küssen.«
Er runzelte die Stirn und schien unsicher zu sein. Gerade als er sich von mir lösen wollte, um mir Raum zu geben, drückte ich meine Lippen erneut auf seine. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er meinen Kuss erwiderte. Gierig küsste ich ihn. Wollte mehr und mehr von diesen Gefühlen, die durch meinen Körper rauschten. Momentan war ich wie auf Drogen. Es kümmerte mich nicht. Im Gegenteil. Es fühlte sich so verdammt gut an, seine Gefühle wieder zu spüren.
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Frozen Together ✔
Roman d'amourWinterurlaub in Alaska? Für Sky gibt es nichts Schöneres. Allerdings beginnt dieser bereits mit einem Unfall. Damit aber nicht genug, ihre Pechsträhne geht weiter. Die Hütte ist bereits besetzt. Von einem jungen Mann, der so kalt ist, wie der kältes...