8. Kapitel

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        Der Geruch von Essen trieb mich aus meinem Zimmer. Das aber auch nur, weil mein Magen leer war und er schon so wehtat, dass ich mich kaum noch rühren konnte. Da meine Lust auf Essen größer als mein Stolz war schloss ich die Tür hinter mir und lief ins Wohnzimmer. Die Worte meines Vaters hatten mich aus dem Bett getrieben: „Der Stolz eines Menschen darf sie so schlimm sein, dass er nicht mehr isst. Essen ist wichtig, wenn man kämpfen muss und überleben will. Auch, wenn du wütend auf mich bist, Engel, musst du trotzdem essen, damit du fit genug bist, weiterhin mit mir zu streiten." Damals hatten mir seine Worte ein Lächeln entlockt und der Streit war vergessen gewesen, als er mir die Muffins gereicht hatte.
        Leider würde das zwischen Reece und mir nicht so schnell gehen, doch das Essen war wichtig. Obwohl seine Worte noch immer dafür sorgten, dass ich am liebsten erbrechen und mich verstecken wollte. Ein überraschter Ausdruck huschte über Reece' Züge, als er aus der Küche kam und ich bereits am Tisch saß. »Ich hatte schon Angst, dass du nicht kommen würdest«, sagte er und musterte mich. Wortlos zuckte ich mit den Schultern und suchte nach den richtigen Worten, die nicht verletzend sein würden. Ich wollte nicht so sein wie er. Ich wollte noch immer nett sein. Auch, wenn es nicht sonderlich leicht war, wenn ich daran dachte, was er bereits alles zu mir gesagt hatte.
         »Der Hunger hat mich aus dem Bett getrieben«, war schließlich alles, was ich sagte. Er nickte und stellte alles auf den Tisch. Er hatte Steak gemacht. Das Wasser lief mir im Mund zusammen. Ein Blick nach draußen verriet mir, dass es noch immer wie wild schneite und der Wind noch immer stark war. »Ich hoffe, dass du eine schöne Zeit mit den drein hattest«, meinte Reece plötzlich. Mein Blick schoss zu ihm und ich musterte ihn. »Ja, es war sehr schön... danke...« Als Antwort bekam ich lediglich ein Nicken, mehr nicht. Anspannung flirrte durch den Raum und lag wie eine dunkle Wolke über uns.
        Ein Teil in mir fragte sich, ob Reece und ich je normal miteinander umgehen konnten oder ob wir für die restliche Zeit so sein würden wie jetzt. Noch immer wusste ich nicht, warum er heute nicht mehr so gewesen war wie in der Nacht. Als hätte sich sein Verhalten mit der Tageszeit geändert. Allerdings schien er das Thema auch nicht ansprechen zu wollen. Stattdessen aß er stumm und blickte immer mal wieder hinaus aus dem Fenster. »Die Vorräte reichen vielleicht noch zwei Tage. Ich hoffe, dass das Wetter dann besser ist, damit ich ins Dorf fahren kann«, durchbrach er nach einer Weile die Stille.
        Das Herz sank mir in die Hose und schon jetzt hatte ich Angst vor diesem Tag. Ein Teil in mir wusste allerdings, dass ich ihn davon eh nicht abhalten konnte und es vermutlich auch nie tun könnte. Denn er hatte ja recht. Jemand musste Vorräte holen. Innerlich betete ich, dass das Wetter besser sein würde. Ein Blick nach draußen zeigte aber, dass dem nicht so war. Ein Blick nach draußen verriet eher, dass es noch längere Zeit so stürmen würde. »Wir könnten sparsamer Essen... dann haben wir ein größeres Zeitfenster«, schlug ich vor. Die Kälte in seinem Blick ließ mich erstarren und ich fragte mich, was ich jetzt schon wieder getan hatte. »Denkst du, dass ich das nicht mit einberechnet habe? Die Vorräte für eine Person hätten nur drei Tage gereicht. Wenn wir sparsam Essen, reichen sie für uns gerade mal noch zwei Tage.«

        Der scharfe Ton in seiner Stimme ließ darauf schließen, was er in dem Moment von mir dachte. Alles in mir schrie danach sich zu währen und ihn anzufauchen, doch mir fehlte die Kraft dazu. Ich war müde davon. Ich war müde mich ständig währen zu müssen und das jetzt schon... Seine Worte waren mir heute einfach unter die Haut gegangen und machten es mir nicht gerade leicht hier zu sitzen. Deswegen hielt ich den Mund, schluckte ich die bissigen Worte hinunter und aß stumm auf, bevor ich aufstand und den Teller wortlos in die Küche trug. Mechanisch hielt ich meine Sachen dort unter das Wasser und wusch sie ab. Feste rubbelte ich den Teller trocken und ließ meine Wut an ihm aus. Erst nahm er es sich heraus so mit mir zu reden und so etwas über meine Eltern zu sagen und dann schickte er mir zwar seine Hunde, hielt es aber nicht für nötig sich zu entschuldigen und dann? Dann behandelte er mich schon wieder wie ein Kind! Er hätte es auch neutral zu mir sagen können, aber nein... Meine Gedanken drehten und drehten sich und ich rubbelte mit dem Trockentuch über den Teller.

Frozen Together ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt