Kapitel 26

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"Ich weiß, dass du bald in Frankfurt lebst. Aber du weißt, dass ich alles für dich tun würde. Ich bin verliebt in dich, Marie."

Sie sieht mich mit Tränen in den Augen an. Wieso bin ich so ein Idiot? Ich hätte einfach auf Kai hören und ihr antworten sollen. Jetzt bin ich kurz davor sie zu verlieren. Und das obwohl wir ineinander verliebt sind. Soll das so sein? Haben wir uns einfach zum falschen Zeitpunkt kennengelernt? Bereut sie es mich kennengelernt zu haben? Ich dachte, schlimmer als vor ein paar Tagen könnte es meinem Kopf nicht gehen, aber das hier ist schlimmer. "Bitte sag' was, Marie. Lass mich hier nicht einfach so stehen. Es war eine miese Idee dich warten zu lassen. Aber das hier geht nur persönlich.", bitte ich sie mit zittriger Stimme. Sie drückt meine Hände fester zusammen und sieht mich einfach weiter an. Sie will mir damit etwas mitteilen, aber ich kann nicht sagen, was es bedeuten soll. "Ich kann das nicht, Julian. Ich kann es einfach nicht.", sagt sie dann plötzlich, lässt meine Hände los und läuft davon. 

Sprachlos stehe ich da und sehe ihr hinterher. Das war es. Hier endet alles. Aber so sollte es nicht enden. Ich kann es nicht so enden lassen. Ich dachte, ich könnte jede Antwort von ihr akzeptieren, aber das kann ich nicht. Schnell laufe ich in dieselbe Richtung in die sie eben gelaufen ist. Wenn sie schnell von hier weg will, kann sie eigentlich nur zum Bahnhof laufen. Jetzt müsste man nur noch genau wissen wo der ist. Das ist der Nachteil daran, wenn man immer nur mit dem Auto zum Training fährt. Meine Probleme werden immer größer. Wie soll ich ihr nach heute noch sagen, dass ich wahrscheinlich nach Liverpool wechseln werde? Ich meine, sie will ja selbst gehen und neu starten. Sie wird es wahrscheinlich verstehen. Wir haben dasselbe erlebt und wollen beide neu anfangen. Aber wie und wann soll ich es ihr sagen, wenn ich sie jetzt schon verloren habe?

"Marie, bitte bleib stehen.", rufe ich ihr zu, als ich sie endlich sehe. Doch sie läuft einfach weiter. Ich renne noch mal etwas schneller, bis ich sie endlich erreicht habe. Ich greife nach ihrer Hand und ziehe sie zurück. "Marie, bitte bleib. Du kannst mich hier nicht einfach so zurück lassen.", sage ich mit zitternder Stimme. Mit Tränen in den Augen sieht sie auf den Boden. "Marie, so sehr ich auch will, kann ich es nicht verstehen. Ich dachte, ich könnte ein 'nein' akzeptieren. Aber das kann ich nicht. Nicht ohne eine vernünftige Begründung. Ich weiß, dass klingt kindisch, aber ich lasse dich nicht ohne eine klare Antwort gehen." 

"Julian, ich bin auch verliebt in dich. Aber es ist, wird zu kompliziert. Ich ziehe in knapp drei Monaten weg. Ich wollte mich nicht wieder verlieben, keine neue Beziehung eingehen. Erst wenn ich richtig abschließen konnte. Wenn ich mich in Frankfurt eingelebt habe. Aber dann kamst du. Wir wurden von Beginn an auf die Probe gestellt. Mit Zeitungsartikeln, meinen Mitbewohnern und Emily. Und auch wenn alles langsam in eine bessere Richtung geht, weiß ich, dass es nicht lange so bleiben wird. Das es nur ein kurzes Hoch ist und es danach wieder tief runter geht. Und ich will mich nicht noch mehr in dich verlieben und dir dann das Herz brechen, wenn ich gehe.", erklärt sie leise. 

"Es wäre eine Ehre, mir von dir das Herz brechen zu lassen, Marie.", zitiere ich aus ihrem Lieblingsbuch: Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Laura hatte es auf ihr Kindle heruntergeladen, damit ich etwas zum lesen hatte, während ich vom Training suspendiert war. "Julian, ich..." Ich mache einen Schritt auf sie zu. "... ich kann nicht von dir erwarten, dass du dir dein Herz brechen lässt." Ich lächle sie an. "Dann tu' es nicht. Sei meine Freundin. Wir bekommen alles hin. Ich bin viel unterwegs und wir werden uns selten sehen. Aber all das würde ich für dich in Kauf nehmen. Wann immer ich Zeit habe, werde ich zu dir kommen. Alleine wenn ich an dich denke, macht mein Herz Freudensprünge. Gib uns eine Chance.", sage ich und streiche eine ihrer Haarsträhnen hinter ihr Ohr. Sie ist einfach unglaublich. Und es bricht mir das Herz, dass sie wegen mir weint. Ihre Woche war genauso scheiße wie meine und es wäre alles so viel besser gelaufen, wenn ich ihr einfach geantwortet hätte. Ich weiß, diesen Gedanken hatte ich heute schon zum hundertsten Mal, aber ich hätte einfach, verdammt noch mal, auf Kai hören sollen. "Bist du wirklich bereit dafür?", fragt sie plötzlich leise. "Ja, Marie. Das bin ich. Alles was du erlebst, will ich mit dir erleben. Egal ob gut oder schlecht. Ich werde für dich da sein.", antworte ich, ohne den Blickkontakt zu brechen. Sie macht noch einen kleinen Schritt auf mich zu, schließt ihre Augen und küsst mich. Ohne zu zögern erwidere ich den Kuss. Bitte lass jetzt alles gut werden. Auch wenn ich ihr noch die ein oder andere Sache gestehen muss, bitte lass jetzt alles gut werden. "Bekomme ich jetzt noch eine Antwort?", frage ich in den Kuss hinein. Sie fängt an zu lachen. Und, mein Gott, ich liebe dieses Lachen. "Das war die Antwort, du Idiot.", sagt sie und küsste mich wieder. "Dein Idiot.", lächle ich. 

Händchen haltend laufen wir zurück zu den anderen. Als sie uns sehen, kommen sie schon auf uns zu gelaufen. "Marie, was machst du bloß?", fragt Sophia und umarmt sie. Kai wirft mir einen Blick zu und ich nicke. Das bedeutet bei uns soviel wie: Wir reden später. Ich sehe zu Marie rüber und lächle. "Mein Kopf wollte wieder entscheiden. Aber diesmal habe ich mein Herz entscheiden lassen.", sagt sie und lehnt sich an mich. "Moment, das heißt...?", freut sich Sophia und sieht uns gespannt an. Wir nicken gleichzeitig. "Ja, er ist jetzt mein 'nicht-perfekter-Idiot'.", antwortet sie und Sophia zieht sie wieder in eine feste Umarmung.

Leave - Julian Brandt Fanfiction (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt