Kapitel 7

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Als morgens mein Wecker klingelt, würde ich mich an liebsten wieder umdrehen und einfach die Woche hier bleiben. Nicht das ich meine Familie nicht sehen will, natürlich will ich das. Aber ich will Emily nicht sehen. Es tut immer noch zu sehr weh. Lustlos stehe ich auf und schlurfe ins Bad. In der Hoffnung, dass das heiße Wasser mich entspannt. Aber das tut es nicht. Alleine der Gedanke daran, dass ich sie nur sehen könnte, tut mir weh. Aber ich habe Jannis versprochen das ich vorbei komme. Weiterhin lustlos fange ich am meine Tasche zu packen. 

Kurze Zeit später klingelt es an der Tür. Keine Ahnung wer es sein könnte. Ich packe noch ein paar Shirts in meine Tasche, als es wieder klingelt. "Ich komme ja schon.", sage ich genervt und öffne die Tür. "Hallo, Jule.", sagt Kai und hält eine Tüte mit Brötchen hoch. Verdammter Mist. "Ich dachte ich bedanke mich mal für den Abholservice gestern.", lacht er und schließt die Tür hinter sich. Verdammter Mist. Ich habe vergessen Kai gestern abzuholen. Dieser ist bereits in der Küche und durchsucht die Schränke nach Tellern. "Kai, sorry wegen...", fange ich an, aber Kai lacht nur. "Kein Problem, Jule. Du warst beschäftigt, ich war beschäftigt. Und es freut mich, dass du so angelenkt worden bist, dass du alles vergessen hast. Deswegen bin ich hier. Ich will wissen was gestern passiert ist und mit dir frühstücken natürlich." 

"Magst du sie?", will Kai wissen, als ich ihm alles von gestern erzählt habe. Ich zucke mit den Schultern. "Sie ist nett.", antworte ich. Kai lacht wieder. "Nur nett? Sie war anscheinend komplett ehrlich zu dir. Also wegen diesem Ausbruch. Den ich ihr gar nicht zugetraut hätte. Aber du rückst nicht mit der kompletten Wahrheit raus. Warum nicht?" Ich kenne die Antwort, genauso gut wie Kai. Ich bin noch in Emily verliebt. Habe immer noch Hoffnung, dass alles wieder gut wird. "Ich weiß, dass du gesagt hast, dass du für Jannis nach Bremen fährst. Aber ich denke du solltest wegen dir nach Bremen fahren. Damit du abschließen kannst. Ich weiß, dass du sie noch liebst. Aber sie dich nicht mehr. Und ich weiß, dass es weh tut, Jule. Aber du musst damit abschließen. Damit du dein Herz wieder öffnen kannst. Vielleicht ist es ja nicht Marie. Aber zumindest eine Freundschaft mit ihr, wäre schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. So wie sie dich gestern abgelenkt hat, dass du sogar deinen besten Freund vergisst, muss sie auf jeden Fall etwas besonderes an sich haben. Denn alle anderen die dazwischen kamen, zwischen Emily damals und Marie jetzt, hast du abblitzen lassen. Sie waren dir egal. Aber Marie scheint das nicht zu sein."

Kais Worte hallen immer noch durch meinen Kopf. Selbst als ich in Bremen ankomme. Ich atme noch einmal tief durch und steige dann aus meinem Auto. Gemütlich laufe ich die Einfahrt des Hauses hoch und laufe an der Haustür vorbei, weiter in Richtung Garten. Geschockt lasse ich meine Tasche fallen, als ich die ganzen Leute sehe. "Willkommen zurück, Bruder.", freut sich Jannis und begrüßt mich herzlich. Das tun alle der anwesenden Gäste, bis ich sehe, dass Emily da ist. Am liebsten würde ich sofort wieder zurück nach Köln fahren. Aber Kai hat recht, ich muss mich dem stellen, was sie mir angetan hat. Um dann weiter voran zu kommen.  

"Hast du kurz ein paar Minuten Zeit?", fragt Emily. Die meisten der Gäste sind schon gegangen und eigentlich habe ich gehofft, das sie auch schon weg ist. "Du, Emily, eigentlich..." "Es dauert echt nicht lange, Juli.", sagt sie. Mein Magen krampft sich zusammen. Ich habe sie zu lange nicht mehr 'Juli' sagen hören. Und dann ist da wieder Hoffnung, dass alles wieder gut wird. Wir gehen ins Haus und setzen uns im Wohnzimmer auf die Couch. "Was gibt es denn?", will ich wissen. "Ich wollte wissen, ob du uns nochmal eine Chance gibst.", sagt sie und greift nach meiner Hand. Mehr braucht es gar nicht. Mein Kopf würde sofort 'ja' sagen. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass es keine gute Idee wäre. Und mein Herz? Mein Herz macht keine Freudensprünge, als ich die Worte höre. Es schlägt ganz normal. "Ich vermisse dich, Juli.", sagt sie und rutscht näher an mich an. Ich will es nicht. Dafür hat sich mich zu sehr verletzt. Aber ich muss es einfach wissen. Denn nur wenn mein Herz zustimmt, würde ich daran denken, ihr noch eine Chance zu geben. Ich umfasse ihre Hand und lege die andere an ihre Wange. Ich sehe in die Augen, in denen ich mich öfter schon verloren hatte. Vorsichtig lege ich meine Lippen auf ihre. Sie erwidert den Kuss sofort. Und ich spüre... nichts. Rein gar nichts. Das Feuerwerk von früher ist verschwunden. Es ist einfach nicht mehr da. Ich breche den Kuss ab. "Das war ein Fehler.", sage ich und stehe auf. "Aber Juli.", antwortet sie, stehe auf und greift nach meinen Händen. Ich gehe einen Schritt zurück. "Nein, Emily. Es war ein Fehler. Du solltest gehen.", sage ich und gehe wieder in den Garten. 

Als ich abends in meinem Bett liege, klopft es an der Tür. Ohne auf eine Antwort von mir zu warten kommt Jannis ins Zimmer. "Ist alles okay bei dir?", fragt er. Ich schüttle den Kopf. "Ich weiß es nicht." "Es ist dieses andere Mädchen oder?", will er wissen. "Das weiß ich auch nicht. Ich weiß nur, dass ich Emily nicht mehr liebe. Nicht mehr von Herzen. Mein Kopf liebt die Erinnerungen. Aber mehr ist da nicht.", antworte ich. Jannis nickt. "Jetzt bist du erstmal hier. Hast deine Ruhe. Kannst über alles nachdenken. Und dann sehen wir, wie es am Ende der Woche ausseht.", lächelt er und legt seine Hand auf meine Schulter. 

Diese Woche tat wirklich gut. Das mit Emily tut immer noch weh, aber nicht mehr so schlimm. Jeden Tag werden sie Schmerzen weniger. Jannis hat mir bei meiner Abreise noch gesagt, dass ich auf mein Herz hören soll, ob ich Marie ein Chance geben will. "Es muss ja keine Beziehung sein. Nicht bei den Umständen, die ihr beide im Moment hattet.", hat er gesagt. Ich versuche mich mit Fifa ein wenig abzulenken. Bis ich irgendwann zu meinem Handy greife und Marie frage, ob sie morgen etwas mit mir unternehmen will. Nachdem ich ein 'Ja' von ihr erhalten habe, schreibe ich Marlon an. Das ich seine, beziehungsweise Ninas Hilfe brauche. Ich will, dass Marie einen tollen Tag hat. Und wer weiß, vielleicht ist da ja mehr. Denn immer wenn ich in den letzten Tagen an sie gedacht habe, machte mein Herz Freudensprünge. 

Leave - Julian Brandt Fanfiction (Deutsch)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt