Schuss 2

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Unsere Arbeit ist getan und ich will mir die Pokalübergabe gar nicht angucken. Bayern ist am Boden. Inklusive mir. Ich packe zusammen und ich ziehe meinen Neffen an und fahre nach Hause. Dort lege ich den Kleinen schlafen und gehe danach baden. Im Wasser entspanne ich mich und schlafe fast ein.

Eine Woche später kommt meine Mutter aus dem Krankenhaus. Sie ist zwar noch nicht fit, aber sie will Jonas sofort wieder zu sich haben. Ich protestiere nicht und bringe ihn am selben Tag noch zu ihr. Ich werde Mama helfen, wenn es sein muss, aber ich bin froh, dass ich Jonas nicht mehr an der Backe habe. Seit letzter Woche habe ich eine richtige Wut auf meine Schwester, dass sie sich nicht um ihren Sohn kümmert. Nachdem ich den Kleinen abgeliefert habe, fahre ich zu Henri. Wir haben uns verabredet und gehen ins Kino. Ich parke vor seinem Haus und warte auf ihn.

"Heyy, schön das du da bist.", winkt er mir und steigt ins Auto. "Hey.", ich umarme ihn kurz und fahre los. Er erzählt mir kurz den neusten Tratsch und ich höre nur mit einem Ohr hin. "Thomas Schulz ist ausgefallen. Er hat sich sein Bein gebrochen. Weißt du wen ich meine?", fragt Henri prüfend. "Der Linienrichter.", sage ich vielwissend. "Genau. Er sollte jetzt beim Bundesligaspiel vom BVB pfeifen, aber jetzt fällt er aus. Die finden keinen Ersatz und das Spiel ist schon morgen.", sagt er mit einem ganz bestimmten Hintergedanken. "Vergiss es Henri. Erstens mache ich das nicht mehr und zweitens spielt der BVB und ich bin immer noch sauer auf die.", sage ich ernst. "Gerade deshalb sollst du doch einspringen.", lacht er. "Vergiss es. Auf gar keinen Fall.", sage ich wieder ernst. "Und was wenn ich dir sagen, dass ich dich schon angemeldet habe.", er schaut unschuldig zum Fenster raus. Ich mache eine Vollbremsung und schaue Henri geschockt an. "Wie bitte?" "Du hast das schon verstanden.", grinst er bitter. "Beim Kino wartet ein Taxi auf dich.", sagt er trocken.

Henri und ich haben die Woche viel über den BVB gesprochen. Insgeheim wegen Julian Brandt. Das weiß Henri aber nicht. Ich habe immer versucht unauffällig und desinteressiert zutun, aber Henri hat mich wohl durchschaut. "Ich werde da nicht einsteigen. Ich mache diesen Job nicht mehr. Das sind alles arrogante, hochnäsige, besserwisserische Fußballer. Ich mag es lieber, wenn die mich nicht sehen und nicht über mich urteilen können.", stelle ich fest. "Einmal überlebst du es und ich bin mir sicher, dass du die Chance nutzen wirst. Du liebst es ja doch Linienrichterin zu sein. Deine Klamotten habe ich gepackt. Ich habe einfach das eingepackt, was du bei mir hattest.", sagt er wieder. Ich parke beim Kino und ich weiß, dass ich es machen werde. So eine Chance bekomme ich nicht wieder. Ich steige aus und jammere. "Ich hasse dich.", sage ich leise und trocken. "Ich weiß, aber du wirst mich danach lieb haben. Viel Glück. Du musst jetzt los. Habe ganz viel Spaß.", sagt er dann und schiebt mich ins Auto und schließt die Tür. Ich kann gar nicht reagieren. Meinen Autoschlüssel schmeiße ich ihm noch aus dem Fenster und dann fährt das Taxi schon los. Warum ausgerechnet der BVB?

Wir kommen spät am Abend an und ich werde am Dortmunder Gelände rausgelassen. Und jetzt? Ich weiß doch gar nicht, was ich machen soll. Ich wähle Henris Nummer und lasse mir nochmal genau erklären, wie es ablaufen soll. Ich gehe zum Zugang vom Gelände, für eine Schiri Besprechung. Der Kontrolleur lässt mich durch und erklärt mir den Weg. Ich laufe an einer Gruppe vom BVB vorbei. Dabei ist Reus, Bellingham, Sancho und Piszu. Sie grüßen mich und scheinen etwas verunsichert zu seinen, weil sie mich nicht kennen. Ich straffe meine Schulter und laufe ins Gebäude. Dort finde ich schnell den Raum und die beiden anderen Schiris begrüßen mich freundlich. Die beiden scheinen schon mal nett zu sein und ohne Vorurteile an mich ranzugehen, was mir meine Arbeit erleichtert. Ich muss ausgerechnet links pfeifen, wo der letzte Torschütze beim DFB Pokal den Sieg geschossen hat. Hoffentlich spielt Julian dann morgen nicht.

Wir besprechen das morgige Spiel und sie klären mich über die neuesten Regeln auf. Ich habe schon lange nicht mehr gepfiffen und ich bin etwas aufgeregt. Danach fahre ich ins Hotel und schlafe aus. Ich gehe Frühstück essen und noch etwas shoppen. Am späten Nachmittag mache ich mich dann auf den Weg ins Stadion und meine Aufregung steigt, weil ich das erste Mal seit langer Zeit wieder auf dem Platz stehe. Ich hoffe das Publikum ist nett zu mir und auch die Spieler haben Respekt vor mir. Ich werde ins Stadion gelassen und muss meine Daten noch weitergeben. Dann gehe ich in die Umkleide und ziehe mich um. Ich bekomme meine Ausrüstung und schaue hilflos umher. Die Schilder helfen mir nicht wirklich den richtigen Weg zu finden und ich gehe rückwärts durch den Gang. Als ich gegen jemanden laufe, drehe ich mich und schaue entschuldigend. "Ups, sorry. Tut mir leid.", kichere ich. Marco Reus steht vor mir und er muss grinsen. "Nichts passiert. Du bist bestimmt die Linienrichterin, über die sich die Jungs schon den Mund zerreißen.", lacht er dann. "Na toll, ja die bin ich. Kora Bertel.", strecke ich ihm die Hand hin. "Marco Reus.", schmunzelt er. "Was suchst du?", fragt er dann nett. "Ist es so offensichtlich?", werde ich nun rot. "Ja.", er muss wieder lachen. "Ich möchte gerne raus.", zucke ich mit den Schultern und sage es trocken. "Na das ist kein Problem. Da will ich auch gerade hin. Ich bin zu spät zum aufwärmen. Meine Tochter wollte mich nicht gehen lassen.", er schmunzelt und ich folge ihm kichernd. Er ist ja ganz nett, hoffentlich sind es alle anderen auch. Kurz darauf gehen wir aus dem Stadion und ich habe Grün unter meine Füßen. Marco will schon loslaufen. "Danke Marco.", sage ich schnell. "Gerne.", er lächelt über seine Schulter und dann sehe ich ihn als er neben Marco auftaucht. Julian Brandt, in voller Schönheit. So ein Mist. Ich schlucke und gehe zu den beiden Schiris, die sich auch etwas aufwärmen.

Foul! - Julian Brandt Teil 1Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt