1.41 | {Elizabeth Parker}

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Eine Wand von eiskalter Luft schlug mir entgegen als ich gegen 15 Uhr die Arztpraxis verließ und Gehweg entlang Richtung der nächsten U-Bahn-Station lief. Meine Fingerspitzen fühlten sich kalt an und mein Atem zeichnete sich als weißer Rauch ab. Es schien als würde der Winter dieses Jahr noch früher als gewohnt einsetzen.

Ich schob meine linke Hand tiefer in die Taschen meines Mantels und versuchte das Rezept für meine Tabletten, dass ich in meiner rechten hielt nicht fallen zu lassen. Ich schlängelte mich an langsamer laufenden Passanten vorbei und beeilte mich, um die nächste Bahn noch zu erwischen. Ich hatte Glück, dass bei meinem Arzt nur das Rezept holen musste und er mir nicht wieder seine üblichen lästigen Fragen gestellt hatte. Auch wenn er furchtbar nett war, hatte ich heute einfach nicht besonders große Lust mit jemanden mit ihm zu plaudern.

So gut es ging, bin heute alles und jedem aus dem Weg gegangen. Das hatte auch tatsächlich ziemlich gut funktioniert, aber Tatum konnte ich nicht so einfach abschütteln. Sie hatte sofort gemerkt, dass irgendetwas nicht stimmte. Tate war einsame Spitze darin Menschen auszuquetschen und da machte sie auch vor mir nicht Halt. Ich war sogar ein wenig erleichtert gewesen nach dem ich ihr erzählt hatte was zwischen Shawn und mir vergangenes Wochenende vorgefallen war. Während ich ihn ebenfalls versucht hatte weitestgehend den ganzen Tag zu ignorieren, hätte Tate ihm am liebsten die Augen ausgekratzt.

Als ich um die nächste Straßenecke bog, sah ich beriets die Treppe zur U-Bahn-Station. Ich schlenderte die restlichen Meter und versuchte meine Gedanken rund um Shawn zu ordnen. Es war schon schlimme genug, dass ich heute in Englisch neben ihm sitzen musste. Ich musste wirklich mit den Tränen kämpfen, als er dann auch noch meinen Arm genommen hatte. Es war ein schreckliches Gefühl gewesen neben ihm zu sein und zu wissen, dass er mich die ganze Zeit nur verarscht hatte. Dass er mir die ganze Zeit über nur etwas vorgemacht hatte und ich so dumm war und ihm geglaubt habe, dass er mich ebenfalls mochte.

Ich spürte, dass meine Augen wieder zu tränen begannen als ich an ihn dachte. Es tat weh, dass ausgerechnet er derjenige war der mich so sehr verletzt hatte. Ich hatte ihm so viel anvertraut. Meine Probleme, Ängste, ich hatte ihm sogar erzählt wie sehr ich unter Deans Tod noch immer litt aber für ihn war das anscheinend alles nicht von Bedeutung gewesen.

Ich steckte mein Ticket mit zu den anderen Sachen in meiner Jackentasche und suchte dann Gleis 1. Ich gesellte mich zu einer Reihe von anderen wartenden.

Es war unglaublich kalt hier unten und ich zog automatisch meine Jacke etwas enger an meinen Körper heran. Obwohl die Temperaturen im Winter hier tatsächlich sehr niedrig waren, hatte ich mich schon immer gerne an U-Bahn-Stationen aufgehalten. Auch jetzt noch, obwohl ich längst einen Führerschein hatte fuhr ich lieber Bahn. Vermutlich lag das daran, weil ich noch nie wirklich gerne Auto gefahren bin und ich mich unglaublich unsicher hinter dem Steuer fühlte.
Ein rauschender Lärm ließ verlauten, dass sich die Bahn näherte und kramte nach meinen Kopfhörern.

Die Bahn war verhältnismäßig leer und nur wenige Menschen stiegen zu. Während der 10 minütigen Fahrt konnte ich den braunhaarigen Jungen trotzdem nicht aus meinen Gedanken verdrängen. Nicht einmal als ich von der King-Station bis zum Scotia Plaza lief, denn schließlich war ich auch schon mit ihm hier gewesen.

Das große rote Gebäude in dem mein Vater arbeitete, wirkte immer wieder einschüchternd auf mich. Mit seinen 68 Stockwerken, den vielen Aufzügen und den riesigen Fensterfronten, die einen wunderschönen Ausblick auf Toronto boten, war es eins der höchsten Gebäude der Stadt. Ich konnte mir nicht vorstellen später einmal in so einem Gebäude zu arbeiten.

Ich durchquerte die Eingangshalle und fuhr dann mit dem Lift bis in den siebenundzwanzigsten Stock. Elegant gekleidete Frauen und Männer liefen durch den Flur und fühlte mich mal wieder unheimlich fehl am Platz. Das hier war einfach nicht meine Welt.

Durch die Glasscheiben hindurch sah ich Mom mit fünf weiteren gut gekleideten Frauen auf der Couch von Dads Büro sitzen. Um sie herum stapelten sich Zettel, Flyer und Kartons. In dem Moment bereute ich es Moms Treffen zugesagt zu haben, denn ich wusste, dass das hier nicht so spaßig werden würde, wie sie es mir versprochen hatte.

Zaghaft klopfte ich an die Tür und trat dann ins Büro ein. Sofort richteten sich sechs Augenpaare auf mich und ich fühlte mich direkt unwohl. Ich setzte ein unsicheres Lächeln auf und begrüßte die Runde, danach nahm mich Mom zur Begrüßung in den Arm und stellte mich den anderen Damen vor. Wie sich herausstellte waren sie ebenfalls im Vorstand der Cardiac Kids Stiftung, die sich für Herz kranke Kinder einsetzte, genauso wie Mom. Ich wusste zwar, dass meine Mutter sich regelmäßig für die Stiftung engagierte und an Treffen teilnahm doch ich war nie selbst mit der Organisation in Verbindung gekommen. Um so mehr wunderte ich mich, warum Mom mich hier herbestellt hatte.

Die Stiftung veranstaltete eine Gala in 3 Wochen und Mom als Vorsitzende des Committees war eine der Hauptverantwortlichen dafür und sie alle Hände voll zu tun. Laut ihr wäre das gröbste der Organisation bereits durch und sie bräuchten nur noch den Feinschliff machen, und sie wollte sich nicht die Chance entgehen lassen dieses Ereignis mit ihrer Tochter zu planen. Angeblich hätten wir in den letzten Wochen viel zu wenig Mutter-Tochter-Zeit verbracht.

Meine Begeisterung hielt sich über dieses Vorhaben in Grenzen, aber gleichzeitig wollte ich sie nicht vor den Kopf stoßen. Ihr lag diese Veranstaltung wirklich am Herzen und sie hatte großen Spaß dabei sich bei Stiftungen zu engagieren. In der Hinsicht waren wir wirklich verschieden. Dennoch setzte ich mein bestes Lächeln auf und sagte meine Hilfe zu, denn schon lange hatte ich meine Mutter nicht mehr so glücklich gesehen. Sie ging in dieser Tätigkeit total auf.

Mom konnte von Glück reden, dass Dad heute einen Termin außerhalb hatte und sie so das Büro nutzen konnte. Zu Hause hätte sonst ein einziges Chaos geherrscht.

Während sie und die anderen Frauen, die übrigens ausgesprochen nett waren und mich mit Komplimenten zu meinem Aussehen nur so überhäuft hatten, sich wieder ihrem Kaffee und Gesprächen rund um die Gala widmeten, machte ich mich mit den ganzen Zetteln, Kartons und Moms Notizen vertraut. Dazu setzte ich mich an Dads Schreibtisch, der sich im vorderen Teil des Büros befand.

Ich ging die ganzen Unterlagen durch und las mir alles genau durch, ich wollte Mom so gut es ging zu Hand gehen. Als ich jedoch danach einige Sachen in den Kartons durchging, erschrak ich. Das Foto, der Person, die auf einem der Plakate zu sehen war, war genau das gleiche welches auch auf Dads Schreibtisch stand.

Es war ein Foto meines Zwillingsbruders Dean.

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i was never
ready for you
to leave
-Elizabeth Parker-

Twisted Fate | Shawn Mendes FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt