Evan
Kaum war die Kohle von meinem Konto runter, da war sie da. Schwung kam in das Polizeirevier, als sie durch den Eingang spazierte. Auf ihren schwarzen, kaum hohen Absatzschuhen. Sie trug einen dunklen Bleistiftrock, der sich perfekt an ihren schon etwas rundlich gewordenen Körper schmiegte. Dazu trug sie eine schlichte, weiße, gebügelte Bluse mit kleiner schwarzer Schleife am Hals, die alles zusammenhielt. Sie schien von der Arbeit zu kommen oder musste noch dorthin. Rose würde privat nie so rumlaufen.
Privat trug sie nur Jogginghosen, Leggins, bequeme Jeans und angenehme Shirts und Pullis. Einfach locker. Immer mit weißen Chucks. Nur bei der Arbeit trug sie solche Kleidung. Was sie eben auch musste.
Ich schluckte den dicken Kloß in meinem Hals herunter, als ich sie erblickte. Die langen Beine, der cremefarbene Mantel in ihrer Hand. Wut schoss augenblicklich durch meine Adern, als ich den Blick des einen Polizisten sah, der ein paar Tische weiter entfernt an etwas arbeitete. Und wehe ihr sagt, dass er nur normal zu ihr rüber gesehen hat, weil er neugierig war, wer die Person wohl ist. Nein. Der alte Sack hat ihren Körper abgescannt. Mit diesem Blick. Und vertraut mir, als Mann, der selbst seine Ex manchmal so ansieht, weiß ich, wie man in dem Moment aussieht.
,,Hey..." Sie setzte sich neben mich. Ihr blumiges, feines, zartes Parfüm stieg in meine Nase. Großer Gott... Großer Bauch... Fuck, ihr Bauch war echt groß geworden. Als wir uns das letzte Mal gesehen hatten, da hatte sie noch kaum Bauch. Doch jetzt? Sie hatte eine richtige, kleine Kugel. Krass...
Vielleicht verstand ich in diesem Moment zum ersten Mal, was das wirklich bedeutet. Dass sie tatsächlich mein Kind im Schoß trägt. Und dass diese befruchtete Eizelle nicht nur eine Eizelle bleibt, sondern ein echter Mensch wird. Mit Armen, Beinen, Fingern, Augen und allem was dazu gehört. Es traf mich in dem Moment hart. Ich tat mir schwer zu akzeptieren, dass unter ihrem Herzen ein weiteres schlug. Das klitzekleine Herz von unserem gemeinsamen Kind.
,,Hi." Sie drehte sofort den Kopf in Richtung des Polizeibeamten. ,,Sie haben Jay Turner gefunden?" Sie klang skeptisch. Noch nicht überzeugt. ,,Mehr oder weniger. Mr. McBrowne hat ihn zusammengeschlagen und wir wurden zum Einsatz gerufen. Mr. Turner befindet sich derzeit im Krankenhaus. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen ihn. Können Sie diese auf irgendeine Weise auch beweisen?" ,,Es wurde DNA unter meinen Fingernägeln gefunden. Vom Täter. Gleichen Sie sie bitte ab.'' Rose war nervös. Ich will es mir gar nicht vorstellen, wie sie sich gerade fühlt. Endlich Jay gefunden zu haben. Wahrscheinlich verspürt sie grenzenlose Freude und zugleich unbändige Angst. ,,Miss Peterson, das dürfen wir nicht. Mr. Turner ist der Sohn eines Diplomaten. Wir dürfen nicht aufgrund einer recht vagen Beschuldigung und nicht existierender Beweisgrundlage seine DNA entnehmen." ,,Aber..." Der Mann schüttelte den Kopf. Er legte die Hände flach auf den grauen Schreibtisch, hinter dem er saß. ,,Es ist einfach so Miss Peterson. Wenn Sie uns Beweise, Belege vorbringen, die einen Verdacht bestätigen, dann können wir etwas für Sie tun. Wenn nicht, dann..." Er schnalzte mit der Zunge, zuckte bedauernd mit den Schultern und stand auf. ,,Guten Tag."
Seine Schritte hallten noch durch den Raum. Die Tür war noch nicht einmal hinter ihm in die Angeln gefallen, da rollten schon die ersten Tränen über ihre zarten, rosigen Wangen.
Ihre Backen glänzten nass. Instinktiv hob ich meine Hand und strich die nächste Tränen weg.
Rose sah sofort zu mir. ,,Es tut mir leid, ich hab's nur gut gemeint...", wisperte ich kaum hörbar. Und im nächsten Moment? Da lag sie weinend in meinen Armen. Weinte bitterlich all ihren Schmerz, den sie mit sich rumschleppte, in meinen Pulli.
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Stille. Stille. Stille. Niemand sagte auch nur ein Wort. Das Einzige, was zu hören war, war das zufriedene, leise Schmatzen von Kai, der sein Nassfutter verschlang, als hätte er seit Tagen nichts gegessen. Obwohl er erst 15 Minuten vorher Leckerlis bekommen hat. Dieser Kater ist so verfressen...
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Faithful secrets
Teen FictionBand 3 Rose flüchtete nach London. Nachdem, was Evan ihr angetan hatte, musste sie weg von Amerika. Weg von ihm. Für sie stand fest, dass sie das Baby in ihrem Bauch, alleine großziehen würde. Denn sie wollte nie wieder etwas von Evan McBrowne hören...