Rose
,,Lass mich doch einfach in Ruhe..." Ich schloss entfernt die Augen. Rollte hinter den geschlossenen Lidern die Augen über ihn. ,,Ich verstehe dich manchmal einfach nicht. Du sollst dich ausruhen. Dein Körper ist geschwächt. Wenn du Corona bekommst, bist du tot! Und dennoch spazierst du durch hunderte Geschäfte um dein Kleid zu finden! Rose, ich verstehe dich wirklich nicht! Ich versuche uns zusammen zuhalten. Ja, es tut mir leid, dass du so schwer krank bist, aber wir gewinnen nur gemeinsam. Aber so wie du dich benimmst... Ich habe das Gefühl, dass du einfach aufgegeben hast. Dir ist alles egal! Obwohl ich versuche alles zu geben!" Ich nickte bloß. Er soll einfach aufhören zu rumzubrüllen...
,,Rose!?" Ich sah auf, als er aufgebracht an mir rüttelte. Evan sah mich ungläubig an. ,,Was ist los? Du musst mit mir sprechen. Wir sind nun verlobt. Wir müssen miteinander sprechen. Von Angesicht zu Angesicht." Er setzte sich zu mir an den Esstisch. Ich strich abwesend Cookie über den Rücken, der auf meinem Schoß lag und tief schlummerte. ,,Rose du musst auf dich aufpassen. Du gehörst zur Risikogruppe. Ich will, dass du ab sofort immer eine FFP2 Maske trägst. Okay? Auch wenn du schon geimpft bist." Evans Wut schmolz dahin. Er strich mir liebevoll über die Wange. ,,Okay... Dafür, dass du früher voll der Coronagegner warst, bist du ganz schön übervorsichtig geworden", schmunzelte ich gähnend. Dieser lachte trocken auf. Klopfte mir auf den Oberschenkel. ,,Ach Baby, du bist mir eben wichtig." ,,Wirklich?" Er nickte todernst. ,,Das weißt du doch. Rose, du bist das Wichtigste in meinem Leben. Wenn es helfen würde, ich würde dir all meine Organe geben. Ich würde alles für dich tun. So dringend ist dein Hochzeitskleid doch gar nicht. Wir können jederzeit die Hochzeit verschieben. Jederzeit. Verstanden mein Engelchen?" ,,Jap." ,,Komm her."
Evan zog mich in eine Umarmung. Küsste meine Stirn. Flüsterte leise:,, Ich lasse nicht zu, dass meinem Mädchen etwas zustößt. Niemals. Nicht so lange ich lebe." Fuck.... Ich liebe ihn so sehr...
Ich schob mit spitzen Fingern den Stoff seines Shirt etwas herunter, sodass seine Schlüsselbeine zu sehen waren. Lehnte mich herab und küsste diese ausgiebig. Fuhr mit der warmen Zunge darüber. Ihm entkam ein klägliches Keuchen. ,,Rose...?" ,,Ich will doch gar nicht viel. Nur küssen. Und anfassen. Mehr will ich gar nicht."
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,,Mach die Augen wieder auf." Ich schlug diese auf. Evan und ich lagen in unserem Bett. Er hatte mich dorthin getragen, denn ich war so müde, so schwach, dass ich es nicht einmal mehr dorthin geschafft hätte. ,,Was?" ,,Naja, dann schau zumindest nicht so traurig. Du bist so blass mein Engelchen..." Evan zog sich das Shirt über den Kopf. Er beobachtete mich scharf im Spiegel. Er war bekümmert. Besorgt. Ja, er hat Recht. Wir sehen das beide in mir. In meinen Augen. Den Tod. Auch wenn die Chance noch in diesem frühen Krebsstadium hoch ist zu überleben, es gibt immer 20 Prozent, die es nicht schaffen. Doch wenn es so ist? Wenn der Tod in einigen Monaten anklopft, dann werde ich mit ihm gehen. Das weiß ich und das weiß auch Evan. ,,Ich hab sowas nicht verdient..." Was?
,,Wie bitte?" ,,Ich habe gesagt, dass ich dich nicht verdient habe." Hatte er das nicht soeben noch anders ausgedrückt gehabt? ,,Evan ich will mit dir schlafen." ,,Was?!"
Er schnellte um. Starrte mich mit dunklen, durchdringenden Augen an. ,,Du hast es schon richtig gehört. Ich will wieder mit dir schlafen. Ich liebe dich. Wir wissen doch alle nicht, ob ich nach der Behandlung krebsfrei bin. Und ob ich das alles überhaupt schaffe, weil ich ja jetzt schon so schwach bin. Ich kann dir nicht einmal eine Hochzeitsnacht versprechen. Deswegen will ich jetzt." ,,Aber..."
,,Aber, du konntest doch nicht einmal zum Bett mehr laufen. Wie soll das denn gehen Rose? Denk doch mal nach." Er setzte sich auf die Bettkante. Ich setzte mich auf. Nahm seine Hand und drückte einen Kuss darauf. ,,Ich liebe dich Evan. Und ich will dir das zeigen. Naja, so gut es geht. Ich will wieder mit meinem Verlobten Sex haben." Ich strich mit der Hand durch seine Haare. Kraulte still seine Kopfhaut. Bis ich ihn weinen hörte. Er schluchzte schrecklich auf. Er klammerte sich so fest an mich. Als würde er mich damit festhalten können. ,,Ich will nicht....dass du...stirbst...Wir hatten...doch nur so...wenig Zeit...Rose...." Es war schwer ihn so zu sehen. ,,Evan, es mag sein, dass es schwer sein wird. Ohne mich, doch du wirst lernen ohne mich zu leben. Irgendwann wird es einfacher werden. Eines Tages wäre doch eh der Tag gekommen. Niemand lebt ewig. Natürlich, so eine Nachricht wirft jeden aus der Bahn. Wir müssen einfach das Beste aus den Tagen, Wochen, Monaten, die uns noch gemeinsam bleiben, machen. Auch wenn es vielleicht hart ist. Aber ich weiß ganz genau, dass ich nie die Zeit vergessen werde, die ich mit dir hatte. Du bist der beste, tollste und vielleicht auch schwierigste Mann der Welt. Wer auch immer einmal, nach mir, dein Leben mit dir teilt, der soll sich glücklich schätzen. Es mögen zwar, wenn ich nicht mehr hier bin, all die Menschen, die du liebst, aus deinem Leben verschwunden sein, aber du wirst wissen, dass sie immer in deinem Herzen sind. Egal, wohin du gehst. Ich werde immer auf dich herabsehen. Evan, du bist und wirst immer meine erste, große, wahre Liebe bleiben. Ich liebe dich. Mit ganzen Herzen. Abgöttisch. Deswegen will ich auch noch deine Frau werden. Ich will deinen Namen tragen. Ich will, bevor ich sterben muss, eine besondere, sichtbare Verbindung mit dir haben. Ich will Rose McBrowne heißen...."
Meine Stimme verklang. Sein Schluchzen verklang. Alles verklang. Wir saßen einfach nur da. Er in meinen Armen. Die Körper leergefegt. Die Herzen voll. Voller Zukunfstängsten gepaart mit grenzenloser Liebe. ,,Ich will dich nun doch Rose."
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,,Vielleicht ist Sterben gar nicht so schlimm, wie alle denken..." Evan strich mir über die Wange. Unsere nackten, erschöpften Körper waren teilweise noch ineinander verschlungen. ,,Aber vielleicht haben wir auch Glück. Du musst nicht sterben Rose. Du hast immerhin eine hohe Chance zu überleben." ,,Ich weiß, aber dennoch versterben 20% der Patienten dennoch... Und machen wir uns nichts vor, ich bin ganz schön schwach." ,,Ich weiß... Deswegen wollte ich ja eigentlich auch nicht mit dir schlafen. Die nächsten Tage wirst du noch schlapper als sonst sein..." Evan klang bedrückt. Gab er sich die Schuld, wenn es mir dann schlecht geht? ,,Aber das war es mir wert Evan Torry McBrowne. Ich liebe dich mit ganzen Herzen." Ich lehnte mich zu ihm hoch. Kaum berührten sich unsere Lippen, da wurden wir von einem schrillen Schrei unterbrochen. ,,EVAN!"
Wir lösten uns voneinander. War das etwa die Stimme seiner Tante Paris?!
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,,Evan, nicht!" Ich musste kichern. Wie auch er. Ich klammerte mich wie ein Äffchen an ihn. Die Arme fest um seinen Nacken geschlungen. Die Beine um seine Hüften. ,,Rose hör auf zu lachen, sonst kann ich dich nicht festhalten!", lachte er laut. Seine schöne Lache drang durch die Wohnung. Bis runter zu seiner Tante und seinem Onkel. Welche überhaupt nicht begeistert aussahen. Was machen die überhaupt um 1:12 Uhr bei uns? Und warum ist James nicht im Knast, für das, was er Evan angetan hat?! Apropos Evan. Er trug mich grinsend die Treppe runter. Es kümmerte ihn nicht einmal, dass seine Familie da war. Er hatte nur Augen für mich. Einzig und allein für mich.
,,Evan, wir müssen mit dir sprechen." Dieser stellte mich unten am Treppengeländer ab. Streckte sich. ,,Alleine." Paris starrte mich kühl, abwertend an. ,,Nö. Ihr wolltet mich umbringen. Wegen 400 Millionen. Ich spreche mit euch kein einziges Wort mehr. Vor allem nicht über meine bevorstehende Hochzeit. Ich will euch dort nicht sehen. Ihr werdet mir nicht dem schönsten Tag in meinem Leben versauen." ,,Aber Evan, denk doch nach! Du bist noch so jung, ihr zwei habt doch noch viel Zeit!" Ein weiterer Versuch seiner Tante seits uns aufzuhalten. Wie sehr ich diese Frau verachte.. ,,Leck mich Paris", knurrte mein Verlobter gereizt. ,,Evan bitte. Hör uns doch an. Wir wollen dir etwas sagen. Bitte... Es ist auch in deinem Interesse." Sie blickte nervös zu mir und Evan. ,,Unter vier Augen. Nur wir zwei, was sagst du dazu mein Schatz, hm?" Was geht denn jetzt ab? Evan ließ die Schultern hängen. Ehe er einknickte. ,,Gut, willst du was zu Trinken?" Und schon waren sie weg. In die halboffene Küche unter der Treppe und der darüber liegenden offenen Galerie. Was reden die da?
Ich versuchte aufzustehen, doch sank direkt wieder zurück. Er hatte Recht... Ich war noch schwächer als zuvor... Und dabei ging es doch gar nicht lang. Evan ist extra früher gekommen als sonst und dennoch kann ich kaum stehen, weil mir die Kraft dazu in den Beinen fehlt. Mein Blick fiel auf James McBrowne. Ich hatte nicht mehr mit ihm gesprochen oder ihn gar gesehen, seit der Aktion in Evans Firma. ,,Warum sind Sie auf freiem Fuß?" Er vergrub die Hände in den Hosentaschen der grauen Stoffhose. ,,Ich bin auf Kaution draußen." ,,Und wer hat die bezahlt?", fragte ich nebenbei, während ich rüber zu Evan und seiner Tante starrte. Die zwei tuschelten leise, diskutieren und sahen regelmäßig zu mir rüber....als würden sie über mich sprechen! ,,Dein Verlobter." Warte, WAS?!
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,,Baby hör mir zu, ich wollte es dir sagen, aber..." ,,Nein, ich höre dir nicht zu! Evan ich dachte wir sind ein Team, das hast du selbst gesagt! Aber du entscheidest soviel hinter meinem Rücken. Die Kaution für deinen Onkel zu zahlen, die Umstellung für mein Medikament für die OP in zwei Monaten... Ich fühle mich hintergangen. Wir sind bald verheiratet und dennoch fällst du so in alte Verhaltensmuster zurück... Wie soll ich dir vertrauen?! Wie sollen wir ein gemeinsames Leben aufbauen, wenn du nicht mit mir sprichst?!" ,,Naja, so wie du aussiehst, wird aus dem gemeinsamen Leben eh nichts", meinte Paris kühl, die mit ihrem Mann stand. Während Evan und ich auf dem Sofa saßen. ,,Niemand hat nach Ihrer doppelzüngigen Meinung gefragt Paris", zischte ich. ,,Rose, Baby, ich liebe dich..." Evan legte eine Hand in meinen Nacken. Versuchte mich zu küssen. Doch ich entzog mich kalt aus dem Griff. ,,Ich will dich nicht heiraten, wenn du dich nicht geändert hast."
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Faithful secrets
Teen FictionBand 3 Rose flüchtete nach London. Nachdem, was Evan ihr angetan hatte, musste sie weg von Amerika. Weg von ihm. Für sie stand fest, dass sie das Baby in ihrem Bauch, alleine großziehen würde. Denn sie wollte nie wieder etwas von Evan McBrowne hören...