Chapter 28 - Ringe & Versprechungen

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Rose

,,Evan, wohin führst du mich?" ,,Achtung Stufe!" Ich hob meinen bleischweren Fuß. Ich hatte mich aus dem Krankenbett geschält, als Evan mit einer Augenmaske ankam. ,,Bald sind wir da. Nicht mehr lange." Er schob die Infusion hinter mir her. Ich war mitten in meiner Behandlung. War geschwächt, müde und satt. Ich war satt. Von allem. Nichts schmeckte, alles machte keinen Spaß. Das Einzige, was spannend war, war er. Er ist in den letzten Tagen und Wochen mein Lebensmittelpunkt geworden. Ohne ihn? Ich hätte schon längst keine Kraft mehr gehabt. Denn alles von der Hüfte ab ist kaum beweglich. Weil eben in der Leiste der Knoten saß.

,,Hast du gut gemacht." Ich zog schwer nach Luft. Gott, war das anstrengend. ,,Lass dir Zeit Baby." Evan strich mir beruhigend über den Rücken. Er hatte mich sogar dazu gebracht mir frische Klamotten anzuziehen. Also wenn das jetzt nichts Besonderes ist, dann schubse ich ihn um. ,,Bereit?" Ich hörte eine Tür klicken. ,,Ja!" Ich war so aufgeregt, wie seit Langem nicht mehr. ,,Dann viel Spaß!" Er schob mich sanft durch die Tür.

Warmer Sommerwind schlug mir direkt ins Gesicht. Die Sonne kitzelte auf meinem Gesicht. Es war angenehm warm. Seit Langen, weil ich ständig friere. W...war ich auf dem Krankenhausdach? War das illegal? ,,Darf ich abziehen?" ,,Warte..." Es herrschte eine Weile Stille. ,,Jetzt."

Mir fiel die Kinnlade herunter. Oh mein Gott. Ich sah mich um. Wir waren auf dem begrünten Krankenhausdach. Es war mit Lichterketten geschmückt. Meine Familie, meine Freunde, seine Freunde, ja, sogar seine Familie war da. Jeder war da. Und Evan... Mir schossen Freudentränen sofort in die Augen, als ich ihn vor mir knien sah. ,,Nein..." Ich schlug meine Hand auf den Mund. Nein, nein, nein. So verrückt kann er doch nicht sein.

,,Weißt du Rose, früher dachte ich, ich hätte mich ein ein ganz durchschnittliches Mädchen verliebt. Aber schnell wurde mir klar, dass das kompletter Bullshit ist. Denn du hast mir beigebracht, wie es ist, wenn man sich um jemanden so sehr sorgt, dass man alles für den anderen auf sich nimmt. Selbst den Tod. Rose, du bist ein strahlender Sonnenschein. Es vergeht keinen einzigen Tag, an dem du nicht strahlst. Selbst in diesen schweren Tagen. Wir zwei, wir haben schon so viel zusammen durchgemacht. Wir sind durch Höhen und Tiefen gegangen, wir sind füreinander in die Hölle gegangen und zurück, naja, deswegen..." Er griff in die Seitentasche seiner Lederjacke. Zog die Mütze ab, sodass auch seine Glatze hervorkam. Die Glatze mit den Ministoppeln. ,,Du hast mir gezeigt, dass jeder leidet. Jeder muss. Jeder hier, der hier steht, auf seine ganz eigene Weise. Aber wenn ich entscheiden kann, für wen ich leide, dann würde ich immer dich nehmen Rose Elizabeth Peterson. Und deswegen frage ich dich hier und jetzt, ob du meine Frau werden willst...?"

Ich bekam ganz unromantisch einfach gar nichts heraus. Ich war zu geplättet von ihm. Es herrschte Stille. Weil ich erst einmal realisieren musste, was gerade geschehen war. Das jemand mir einen Heiratsantrag gemacht hat!  ,,Rose? Kommt da noch was...?" Evan lachte unsicher auf. Ehe ich im nächsten Moment überglücklich in seinen Armen lag.

,,Glücklich?" ,,Überglücklich!", lachte ich freudig. Evan hatte die Arme von hinten um mich geschlungen. Er ließ mich gar nicht mehr los. Selbst ein paar vom Krankenhauspersonal gratulierte. Evan hatte wohl alles gemeinsam mit ihnen geplant. ,,Ich liebe dich mein Engelchen." ,,Und ich dich." Er drückte Küsse auf meine Schläfe. ,,Aber du sagst Bescheid, wenn es zuviel wird, okay? Wenn es dir nicht gut geht, dann hören wir alle auf und du ruhst dich aus." ,,Ja, du Glucke", kicherte ich und strich gedankenverloren über meinen Verlobungsring. Er war schlank, unaufällig, bloß mit einem kleinen Diamanten. Genau mein Geschmack. Evan kennt mich eben einfach zu gut. Apropos Evan. Seine Familie sah nicht gerade begeistert aus. Alle außer Lou und sein Cousin James. Tja, sie sind wohl nicht gerade scharf darauf weiterhin die extrem teuren Krankenhauskosten für eine Frau zu zahlen, die jetzt nun auch bald Familie sein wird. Aber ohne Evan... Ich hätte mir allerhöchstens zwei Chemobehandlungen leisten können. Mit ach und krach. Durch ihn kann ich mich behandeln lassen. Muss mir keine Sorgen um das Geld machen. Ich schulde ihm mehr als ich je zurückzahlen könnte. Ohne ihn, hätte ich keinerlei Chance um zu überleben. ,,Es kommt auch jemand anderes noch...Ich hoffe, das ist in Ordnung...." ,,Hey Schwesterherz."

Ich drehte meinen Kopf. Logan stand vor mir. Mit einem Betreuer. Er sah eingeschüchtert auf seine weißen Chucks. ,,Hi Logan." Er traute mich nicht einmal anzusehen. Ich weiß nicht, ob es wegen meinem veränderten, blassen Aussehen war oder ob er sich einfach wegen unserer letzten Begegnung schämte. Doch ich? Ich zog ihn einfach in meine Arme. Drückte ihn sanft.

Ich liebe meinen Bruder. Auf meine ganze eigene, verkorkste Art und Weise. Und er mich. Und das ist auch okay so. ,,Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung kleine Schwester. Ich hab dich lieb...", murmelte er leise, mit zitternder Stimme in mein Ohr. ,,Und ich dich erst. Es tut mir leid, was ich zu dir gesagt habe." ,,Mir tut es auch leid." Er löste sich aus der Umarmung. Er drückte vorsichtig meine Hände. Schon wieder jemand, der Angst hat mich zu zerbrechen. Das haben viele Menschen seit ich so krank bin. Logan sah mich aufrichtig in die Augen. ,,Ich habe eine gute Nachricht, die neuen Medikamente schlagen an, wie auch die neuen Therapiearten. Ich bin nun viel ruhiger. Jetzt, wo ich langsam gesund werde, jetzt musst du noch gesund werden Rose. Du musst es einfach werden. Nicht nur wegen mir und unserer Familie, sondern nun auch weil dein Verlobter dich braucht. Er zählt darauf, dass du ihn in einem weißen Kleid heiratest. Und das kerngesund. Er zählt darauf, dass er der Papa von deinen süßen Kindern wird. Und er zählt auch darauf, dass ihr füreinander da seit. Und das geht nicht, wenn ein Teil der Beziehung nicht mehr da ist. Rose du musst gesund werden. Okay? Ich weiß, dass es schwer ist Und wahrscheinlich auch schmerzhaft, aber du musst es einfach schaffen. Wir alle zählen hier auf dich. Ohne dich funktioniert das einfach nicht. Du bist das Zahnrad, das die ganze Maschine am Laufen hält. Und deswegen musst du gesund werden und deinen Evan heiraten. Haben wir uns verstanden Schwesterherz?" ,,Ja, das haben wir Bruderherz."

Faithful secrets Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt