Chapter 18 - Bessere Entscheidung

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Rose

Ich strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Schlang meine Arme um ihn und kuschelte mich noch ein wenig näher an ihn. Er war wach. Das spürte ich, denn sein ganzer Körper krampfte sich ruckartig an. Das Licht der geschwächten Sonne kämpfte sich tapfer durch die Rolladenschlitze. Es erhellte seine Seite schleierhaft. Er wirkte mysteriös. Nicht nur wegen dem Licht, nein, auch durch seine Distanz. Hatte ich vielleicht im Schlaf irgendetwas Blödes vor mich hin gemurmelt und ihn so verärgert?

,,Evan, ist alles okay? Du hast seit gestern Abend nicht mehr mit mir geredet...", flüsterte ich leise. Meine Stimme war so voller Zweifel. Ich will nicht, dass wieder alles zerbricht. Wir hätten warten sollen. Noch länger. Mit dem Sex. Denn das Einzige, was Sex macht, ist eine Beziehung zu verkomplizieren... Nein. Schon wieder aalglatt gelogen. Es ist die Liebe, die eine Beziehung verkompliziert. Sobald auch nur eine Partei mehr als Freundschaft empfindet, verändert sich alles schlagartig. Liebe zerstört die besten Freundschaften. Liebe zerstört Existenzen. Und sie zerstört auch Leben. Grundlegende, lebenswichtige Dinge. Doch wisst ihr, was der Sarkasmus, der Mittelfinger ins Gesicht, an dem allen ist? Trotz dem Umstand, dass Liebe so ein hinterlistiges, zerstörerisches Arschloch ist, brauchen wir sie. Wir brauchen sie zum Überleben. Niemand kann ohne sie leben. Egal, wie sehr man es versucht. Sie ist genauso wichtig, wie der Sauerstoff in unseren Lungen. Liebe ist der Sauerstoff unseres Herzens.

,,Nein... Alles ist gut", brummte er und schälte sich aus meiner Umarmung. Er setzte sich auf. Rieb sich gähnend über die Augen, hob seine Jogginghose von vorgestern vom Boden auf und zog sie an. Ohne Boxershorts drunter. Dann stand er auf. Ganz einfach. Er stand still und einfach auf. Ohne mich überhaupt eines Blickes zu würdigen, zog er schnell, laut der Rolladen hoch. Das grelle Licht blendete meine Augen. ,,Sag mal, hab ich irgendwas getan oder gesagt, ohne es mitbekommen zu haben?" Ich setzte mich auf. Hüllte meinen nackten Körper in meine Decke ein. ,,Nein. Wie wär's wenn du erstmal weiter pennst und mich in Ruhe lässt? Keine nervigen Fragen stellst?" Das kann doch nicht sein Ernst sein....

Evan war schon halb aus der Tür, als ich aufseufzte. Ich flechtete enttäuscht eine dünne Haarsträhne. Er hielt einen Moment inne. Der trainierte, tätowierte Rücken mir zugedreht. ,,Ich höre?" ,,Ich hab tatsächlich gedacht, dass es dieses Mal anders wird Evan. Aber du hast mir soeben gezeigt, wie naiv und kindlich ich noch bin. Dieses Mal hatte ich wirklich Hoffnung, du hast wirklich versucht dich zu ändern. Doch wie immer sind es bloß leere Versprechungen. Ich hab darauf keine Lust mehr..." Ich war den Tränen nah. Ich liebte Evan. Doch er? Er schien diese Floskeln nur runterzurattern, bis er mit mir im Bett landet. Danach ist es vorbei. Mit Friede, Freude, Eierkuchen. Jedes Mal.

Evan hielt sich oben am Türrahmen fest. Er sog laut die Luft ein. Er klang genervt. Gereizt. Fertig. Er war endgültig fertig mit mir. Das hätte mir schon früher klar gewesen sein sollen. Nachdem Zea, mein Spatz, gestorben war, da war der winzige und dennoch hell strahlende Funken in uns beiden erloschen, der uns zusammenhielt. Es gibt nichts mehr. Wir teilen keine Interessen mehr. Keine Hobby, nichts. Wir leben in komplett unterschiedlichen Welten. Welten, die nie wieder kollidieren werden.

,,Rose es... Ich wünschte, ich könnte sagen, es liegt nicht an dir, doch das tut es. Ich war immer derjenige von uns, der Geheimnisse hatte. Ich war immer das Arschloch, dass dich von vorne bis hinten ausgenutzt und belogen hat. Doch du?" Er drehte sich um. Wut stand ihm mitten ins Gesicht geschrieben. Fuck. Ich glaube, ich weiß, was jetzt kommt...

,,Aber, dass du sowas vor mir verheimlichst? Das ist nicht nur unverfroren, sondern auch respektlos. Richtig respektlos, gegenüber mir. Weißt du was?" Er fuhr sich durch die Haare, ehe er sich abdrückte, sodass er wieder gerade, auf beiden Beinen stand. ,,Ich will dich nicht mehr sehen. Such dir eine eigene Wohnung. Du bist am Ende des Monats hier raus. Ach stimmt, du kannst dir ja keine Wohnungen leisten. Warte, vielleicht kann dir ja..." Er bückte sich. Nahm aus seiner Sockenschublade ein Foto raus. Und warf es mir stinksauer vor die Füße. ,,Vielleicht kann dir ja dein Bruder helfen!"

Faithful secrets Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt