Jess konnte es immernoch nicht glauben! War ihr hier verdammt nochmal in einer S-Bahn Station ein Job angeboten worden? Und dann noch so ein guter?
Miriam führte sie gerade in die Richtung eines großen Gebäudes, das ebenfalls mit einer großzügigen Glasfassade gekleidet war, während Jess damit zu tun hatte, sich nicht zu kneifen, um an der aktuellen Realität zu zweifeln. Sie hatte ihrer Schwester Elli panisch eine Nachricht zukommen lassen, was sich auf dem Gleis zugetragen hatte und seitdem hatte diese versucht sie zehnmal telefonisch zu erreichen, doch Jess konnte jetzt nicht einfach ans Telefon gehen. Miriam führte gerade aus, wie sie und einer ihrer vielen Freunde, deren Namen sie schon wieder vergessen hatte, das Unternehmen gegründet hatten und wie stolz sie darauf sei.
"Ich bin mir im Klaren darüber, dass es ein großes Wagnis ist. Wir haben viel Geld in diese Sache gesteckt und sollte sie fehlschlagen, müsste ich von Null beginnen. Deshalb suchen wir gute und junge Leute mit ausgefallenen Ideen." Ihr Blick glitt zu Jess. "Und deine Zeichnungen gefallen mir sehr!"
Die junge Frau hatte darauf bestanden, noch auf dem Weg sich all ihre anderen Zeichnungen anzusehen und war ganz und gar begeistert gewesen. Jess drehte sich dabei der Kopf. Sie war sich zwar durchaus bewusst, dass dort ein Talent in ihr schlummerte, jedoch hätte sie niemals damit gerechnet, dass jemand wie Miriam, sie für ihre Firma haben wollen würde - auch wenn es immer ihr Traum gewesen war Videospiele zu designen.
In der Empfangshalle zeigte Miriam einem Mitarbeiter ihren Ausweis, der sie und Jess daraufhin die Fahrstühle passieren ließ.
Beeindruckt blickte sich Jess um. Alles in diesem Gebäude schrie nach Protz und Prunk. Selbst das Innere des Fahrstuhls sah überirdisch teuer aus.
"Nur eine Sache..." Etwas angespannt sah Miriam auf den Boden und plötzlich wurde Jess schlecht.
"Ja?", fragte sie und versuchte so selbstbewusst wie möglich zu klingen.
"Ich werde dich direkt in unser Meeting mitnehmen, das jetzt gleich stattfindet. Du stellst dich mal kurz vor und zeigst uns deine Bilder."
"Das ist kein Problem", erwiderte Jess souverän, obwohl sich schon jetzt alles in ihr zusammenzog.
Miriam lächelte entschuldigend. "Mein Partner Robert ist ein wenig... ruppig. Er wird dir vielleicht die eine oder andere direkte Frage stellen. Nimm das bitte nicht persönlich und antworte einfach so locker, wie jetzt."
Jess schluckte, lächelte aber. "Das klingt ja so, als hätte er schon Menschen in die Flucht geschlagen."
Miriam entfuhr ein Lachen. "So könnte man es sagen, ja. Er ist nicht einfach, aber er ist einer der Besten, wenn es um die Programmierung von Games geht."
Der Fahrstuhl hielt in der vierten Etage, doch Miriam verharrte noch einen Augenblick darin und sah Jess eindringlich an. "Wirklich, lass dich davon nicht unterkriegen, okay?"
Wenn Jess vorher schon mulmig zumute gewesen war, wurde es jetzt noch schlimmer, doch sie nickte weiterhin. Sie wollte diesen Job. Es war immer ihr Traum gewesen in dieser Branche zu arbeiten!
Ein glückliches Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht und schließlich löste sie sich und führte Jess zu einem großen offenen Besprechungsraum in denen etwa neun andere Menschen saßen.
Für einen Augenblick beruhigte sich ihr Herzschlag. Die Jungs in der Runde, einschließlich eines weiteren Mädels, das in ihrem Alter sein musste, wirkten freundlich und waren keine versnobten Anzugträger wie in der Firma, in der sie vor zwei Stunden im Gespräch gewesen war. Alle wirkten wie ein Haufen sympathischer Nerds, dennoch erkannte sie sofort Robert, der sie ebenfalls ins Visier nahm, noch ehe Miriam alle begrüßt hatte. Er hatte lässig das dunkle Haar gestylt, trug ein lockeres Shirt mit enger Jeans und runzelte verwirrt die Stirn.
"Wo hast du denn diese graue Maus aufgegabelt?"
Seine fiese Frage hing wie ein dicker Nebel im Raum.
Jess's Fluchtinstinkt war mit einem Mal aktiviert.Written by Kirbylinchen.
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L x J
Fanfiction"Ich habe nur eine Frage?", flüstert er in der Dunkelheit. "Wo bin ich?" Als der dreißigjährige Levi Ackermann mitten auf der Straße von Berlin erwacht ist er orientierungslos. Es ist mitten in der Nacht und er weiß, dass er nicht mehr dort ist, wo...