- Jess -

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Nachdem sie den Notarzt gerufen hatte, beobachtete sie den Mann dabei, wie er immer wieder versuchte aufzustehen.
Gerne hätte sie ihm geholfen, doch irgendwie beschlich sie das Gefühl, dass er das nicht wollte.
Schräger Vogel, dachte sie. Er musste sich eindeutig den Kopf angestoßen haben, wenn er so strikt behauptete Levi Ackermann aus Attack on Titans zu sein.
Fast schon panisch sah er sich um, als erwarte er jeden Augenblick angegriffen zu werden.
Jess atmete einmal tief ein und aus und fasste sich dann ans Herz. Sie wollte definitiv noch warten, bis der Rettungsdienst hier war. So konnte sie den Kerl hier nicht alleine liegen lassen.
"Soll ich dir helfen?", fragte sie und legte ihre Mappe auf die Erde.
"Ich brauche deine Hilfe nicht", zischte der Typ. Er hatte sichtlich Schmerzen.
"Du siehst aber nicht aus, als würdest du es alleine hinkriegen."
"Du solltest dich lieber in Sicherheit bringen, statt dich um mich zu kümmern", grummelte der Kerl weiter und Jess runzelte die Stirn. Reflexartig sah sie sich um, ob irgendwo jemand lauerte, der sie im nächsten Moment wohlmöglich angreifen könnte, doch die Straßen waren leer.
"Hat dich jemand angegriffen?", fragte sie, weil es ihr wie die einzige logische Frage erschien.
Der junge Mann sah zu ihr auf. Dunkle Schatten lagen unter seinen grauen Augen. Wow, eines musste man diesem Verrückten lassen: sein Cosplay war unglaublich gut!
Doch er antwortete nicht. Stattdessen keuchte er für einen Augenblick und versuchte sich soweit es ihm möglich war von ihr wegzudrehen.
Jess gab es auf. Der Kerl wollte sich einfach nicht helfen lassen. Und wer auch immer ihn so zugerichtet hatte - vielleicht wollte sie gar nichts genaueres darüber wissen.
Etwas genervt  seufzte sie und setzte sich mit ihrer Zeichenmappe auf den Bürgersteig, so dass sie den Typen nicht aus den Augen verlieren konnte, falls er doch abrupt aufspringen sollte.
Schon wenige Minuten später waren die ersten Sirenen in der Ferne zu hören.
Der Mann vor ihr hob sofort den Kopf. "Was ist das?" Seine Stimme war rau.
"Der Rettungswagen", antwortete sie gelangweilt. "Ich habe dir doch gesagt, dass ich den Notarzt rufen werde."
Zum ersten Mal, seit sie auf den Kerl getroffen war, sah er sie ganz bewusst an. Und zwar irritiert und nicht mehr nur noch feindselig.
"Was? Wovon zum Teufel redest du?"
Allmählich machte sich Jess ernsthafte Sorgen um ihn. Hätte sie es nicht besser gewusst, hätte sie ihm diese Show wirklich abgekauft. Dass er nicht wusste, wo er war. Oder was ein Rettungswagen war.
Als der Notarzt schließlich um die nächste Ecke bog, wurde Fake-Levi unruhig. Jess ahnte bereits, dass die Sanitäter ihren Spaß mit ihm haben würden.
"Haben Sie uns gerufen?", fragte einer der Männer und Jess nickte eifrig, bevor sie sich erhob. Sie spürte unendliche Müdigkeit in ihren Knochen. Langsam war es an der Zeit diesen furchtbaren Tag zu beenden.
Kurz erklärte sie den beiden Sanitätern, was sie wusste, ehe sie sich Levi zuwandten. Scheinbar hatten sie seine Abneigung gespürt. Und keine zwei Sekunden später, machte er sich auch verbal damit bemerkbar.
"Verpisst euch, ihr Arschlöcher!", fauchte er, wie ein störrischer Kater.
Jess wandte sich ab. Sie hatte genug gesehen. Er war in guten Händen und sie wollte einfach nur noch die nächste S-Bahn kriegen und von hier verschwinden. Weg aus Berlin. Weg von diesen ekelhaften Firmen, mit ihren überheblichen Meinungen und weg von diesem komischen Levi-Verschnitt.
Sie hatte ihnen gerade den Rücken zugewandt, als sie mehrere Schreie hinter sich hörte. Ruckartig drehte sie sich um. Die beiden Sanitäter lagen am Boden. Und Fake-Levi hatte seine Schwerter gezogen und war gerade dabei eines von ihnen in einen der Männer zu stoßen.

Written by Kirbylinchen.

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