Charon steht in der Tür und grinst uns an. Aber es ist keineswegs ein freundliches Grinsen – es sieht aus, als würde er sich gerade leibhaftig vorstellen, uns zu häuten und anschließend an Piranhas zu verfüttern (ganz ehrlich, das ist bestimmt nicht so weit hergeholt). Aber dann fällt mir etwas ein: Was hat er alles mitbekommen? Diese Frage erledigt sich allerdings, als er einen Schritt in die Zelle macht (schwimmt) und uns immer noch anstarrt. „Der kleine Taehyung hat also die Gene seiner Oma geerbt, hm? Und Nadazz hat es entweder nicht gesehen oder er lügt mich an", fängt er an zu reden, meine Augen lassen ihn keine Sekunde lang aus den Augen.
„Ich brauche den kleinen Prinzen also gar nicht? Wie überaus hilfreich, er hat sich meiner Meinung nach viel zu sehr gesträubt", er lacht einmal, „wie wäre es, wir statten dem Prinzen einen Besuch ab? Royale Persönlichkeiten hast du sicherlich noch nicht viele getroffen." Immerhin hat er nicht mitbekommen, dass ich Jungkook bereits kenne. „Wachen, bringt ihn mir", weißt Charon zwei Männer an, die zu mir kommen, mich sofort hochziehen und mitschleppen. Einen letzten Blick kann ich noch auf meine Großmutter werfen, bevor die Zellentür zufällt.
Schluckend werde ich von den Männern durch die Gänge gezogen, versuche nicht einmal, mich zu wehren. Mir werden Ketten aus Seetang angelegt, was vielleicht zuerst sehr erbärmlich aussehen mag, aber bei dem Versuch, meine Hände zu bewegen, bemerke ich, dass sie durch einen Zauber verstärkt worden sind. Mit einem Ruck werde ich in die Mitte des Thronsaales geschubst, wo Hoseok und sein Vater gerade in eine Unterhaltung vertieft sind, wobei Nadazz ihnen zuhört. Nun schauen sie jedoch verwirrt zu mir. „Dieser Junge hier", sagt Charon, „ist der Schlüssel zu unserer Macht, eure Majestät."
„Wie kommst du darauf?", fragt König Jeong und Nadazz schaut mir in die Augen, ich versuche mit meinen Blicken zu vermitteln, was passiert ist. „Er hat sehr wohl Fähigkeiten seiner Großmutter geerbt", beginnt Charon, doch Nadazz widerspricht ihm: „Das kann nicht sein! Ich habe seine Aura untersucht!" Charon mustert ihn für einen Moment, doch dann scheint er ihm abzunehmen, dass er wirklich nichts weiß. „Sicherlich das Werk dieses Shizseojin", merkt er in einem angewiderten Tonfall an. „Nun, jedenfalls brauchen wir so den Prinzen nicht mehr, solange Taehyung singt."
„Ihr werdet von mir keine einzige verdammte Silbe hören", sagte ich sofort, „nur über meine Leiche!" Charon beginnt wieder diabolisch zu Grinsen. „Oh, nicht über deine, meine Junge, aber wir haben noch einen guten Freund von dir hier, nicht zu vergessen deine Omi und natürlich den Prinzen des anderen Königreiches." Meine Augen weiten sich und ich schüttle en Kopf heftig. „Das würdest du nicht tun", hauche ich und auch Hoseok und sein Vater schauen Charon fassungslos an. „Charon!", erhebt Soobaek die Stimme, „es war nie die Rede von Mord! So kann man kein Königreich rächen!" Charon verdreht die Augen und dreht sich ihm zu.
„Spezielle Situationen verlangen spezielle Lösungen", erwidert er, „außerdem kann alles verhindert werden, indem unser lieber Taehyung hier anfängt zu singen." Ich beiße die Zähne feste zusammen und starre Charon wütend an, während ich versuche, mir einen Plan auszudenken. Als ich hinter ihn blicke, bemerke ich, wie Hoseok und Nadazz sich anschauen, zutiefst besorgt – was meine Angst nicht wirklich verringert. Nicht einmal Nadazz und Hoseok, der sich jetzt wieder zu erinnern scheint, haben mit dieser Situation gerechnet.
„Bringt den Prinzen, den Jungen und die Frau", befiehlt Charon. „Sollen wir Soldat Junhong auch holen?", fragte einer der Wachen. Wieder dieses Grinsen. „Keine Sorge, um ihn habe ich mich bereits gekümmert." Ich glaube, mir wird schlecht. Die Wachen verschwinden. „Du siehst besorgt aus, mein Junge, warum das denn?", säuselt Charon dann zu mir und schwimmt einmal langsam um mich herum. „Du bist ein Monster", zische ich zwischen meinen Zähnen hindurch, was ihn lachen lässt.
„Hinter mir steht eine Cecaelia, deine Großmutter ist eine Sirene und ich bin das Monster? Sehr interessant", merkt er an. Die Tür zum Thronsaal geht wieder auf und die Wachen bringen alle drei herein. Mein Blick fällt auf Jungkook – und mein Herz bleibt stehen. Seine Schuppen glänzen nicht mehr, sein Haar steht ihm vom Kopf ab. Seine Haut ist über und über voll mit Verletzungen und das um seinen Hals sieht aus wie ein Würgemal. Erneut wird mir schlecht und gleichzeitig steigen mir Tränen in die Augen. Es ist alles meine Schuld. Wegen mir ist er in dieser Lage. Ich bin der schlechteste Freund des Jahrhunderts.
Jungkook hebt seinen Kopf und schaut mit großen Augen in meine. Für einen Moment scheint die Zeit still zu stehen, nichts zählt mehr, außer Jungkooks Augen, die in meine schauen. „Taehyung", haucht er und in dem Moment weiß ich, dass wir unseren letzten Trumpf verloren haben, genau wie Nadazz und Hoseok es bemerken, da ich ein scharfes einatmen vernehmen kann. Charon schaut für einen Moment verwirrt, dann hellt sich sein Gesicht auf. „So so", säuselt er und tritt hinter mich, zieht meinen Kopf an den Haaren in den Nacken und beugt sich zu meinem Ohr: „Du kennst den Prinzen also bereits, hm?"
Er lacht rau und lässt meinen Kopf ruckartig wieder los, weshalb ich einmal schmerzhaft ausatme. Jungkook zieht die Augenbrauen etwas zusammen. „Lass ihn in Ruhe Charon! Er hat nichts damit zu tun!", ruft er ihm zu, doch Charon lacht nur und schwimmt jetzt hinter ihn, fasst sein Kinn von hinten. „Oh, ich kenne diesen Blick, diesen verliebt-vernarrten Blick", sagt er und streicht mit seinem Daumen über Jungkooks Lippen, was mich schaudern lässt. „Sag mir, Jungkook, liebst du Taehyung aus ganzem Herzen?" Jungkook antwortet nicht, schaut mich lediglich an. „Nein", sagt er mit einer festen Stimme und jeder der Anwesenden weiß, dass es eine Lüge ist. Charon lacht.
„Sehr gut. Dann sag du mir, Taehyung, liebst du Jungkook aus ganzem Herzen?" Auch ich starre in Jungkooks Augen. Ja. „Nein." Wieder lacht Charon. „Würdest du dein Leben für ihn geben?" Ja. „Nein." Charon tritt etwas von Jungkook weg. „Wie schade", seufzt er und fasst sich an die Wange, „da wird der widerspenstige, freche Prinz wohl umsonst sterben." Und noch bevor ich wirklich verarbeiten kann, was Charon damit meint, höre ich, wie Jimin laut Jungkooks Namen schreit. Ich schaue weiterhin in Jungkooks Augen, die mit einem Mal geweitet sind. Ein milchiger Schleier über ihnen. Ich komme erst wieder zu Verstand, als er in sich zusammensinkt.
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Under The Sea ♛ TaeKook [completed; Hobby Award, Fishriver Award]
FantasíaHeißer Sand unter den Füßen und rauschende Wellen um ihn herum - das ist das Leben, welches sich der junge Surfer Taehyung schon immer gewünscht hat. Doch findet er in Sokcho nicht nur die Liebe seines Lebens, er bekommt es auch mit dem Vermächtnis...