Kapitel 65 - Üben, üben, üben

581 53 9
                                    

Shizseojin lächelt uns bereits an. „Seid ihr zwei bereit?", fragt er an die Eltern gerichtet, die sich für einen Moment anschauen und sich briet anlächeln. Ihre Hände sind –ähnlich wie die von mir und Jungkook– verschränkt und man sieht, wie sie kurz Druck ausüben, bevor sie sich wieder der Nymphe zuwenden. „Ja, wir sind bereit. Glauben wir zumindest", sagt der Vater dann und Shizseojin schaut zu der Tochter. „Und bist du ach bereit dafür, ein kleines Geschwisterchen zu bekommen?", fragt er sie. Das Mädchen schaut unsicher zu ihren Eltern hoch. „Ich weiß es nicht", sagt sie eise und schaut auf den Boden. Ihre Eltern kommen sofort von beiden Seiten und nehmen sie in den Arm. „Mama und Papa werden dich trotzdem für immer liebhaben, okay? Auch wenn du ein Geschwisterchen bekommst, bleibst du für immer unsere kleine Prinzessin."

Ihre Tochter schaut aus großen Augen zur Mutter hinauf. „Prinzessin? So wie Prinz Jeongguk?", fragt sie. Ihre Eltern nicken lächelnd und Jungkook geht wieder zu ihr hin und setzt ihr die Kristallkrone, welche er auf dem Kopf trägt, auf den Kopf. „So, jetzt bist du auch eine Prinzessin", lächelt er und kurz hellt sich die Miene der sechsjährigen auf, doch dann schaut sie wieder betrübt, nahezu ängstlich zu ihren Eltern. „Aber was ist, wenn ich ihm weh tue? Ich kann das doch noch nicht so gut und mache alles kaputt", leichte Tränen beginnen in ihren Augen zu glitzern, ihre Eltern nehmen sie sofort in den Arm. „Du wirst ihm oder ihr nicht weh tun, mein Schatz, da sind wir uns sicher. Und du kannst deinen Gesang doch immer besser kontrollieren, Miok, schau mal: Letzte Woche sind nur 2 Sachen auf einmal durch den Raum geflogen, das ist viel besser als letztes Jahr", versucht der Vater sofort, sie zu beruhigen.

Doch ihre Tochter scheint sich jetzt in die Angst hineingesteigert zu haben, den sie schüttelt schnell den Kopf, einige Tränen treten aus ihren Augen. „Nein, ich kann das nicht! Ich habe Angst Mama, Papa!" Dann wendet sie sich an Shizseojin. „ich will das nicht mehr, kannst du machen, dass es aufhört? Dass ich nicht mehr singe?", bevor er antworten kann, bin ich diesmal, die vor sie tritt und sanft ihr Gesicht in meine Hände nehme. „Miok, hör mir zu. Ich weiß, dass es gruselig sein kann, wenn man Kräfte hat, die man nicht kontrollieren kann. Ich hatte das auch. Weißt du, ich bin eigentlich ein Mensch, aber meine Oma war wie du und wie Jeongguk. Eine wunderschöne und talentierte Sirene", fange ich an und streiche sanft ihre Tränen weg, wobei sie auch langsam aufhört zu weinen. „Und ich habe auch etwas davon geerbt. Ich kann aber bei weitem nicht so toll singen oder so tolle Sachen machen, wie ihr drei sie tun könnt. Vor allem kann ich es nicht gut, weil ich kaum Übung habe. Aber davon darfst du dich nicht einschüchtern lassen, Kleine, du musst einfach immer weiter üben, üben, üben. Das muss jeder von uns, immer, auch die tollsten Sirenen der Welt haben mal angefangen, indem Sachen durch den Raum geflogen sind."

Ihre Eltern sind mittlerweile wieder aufgestanden, stattdessen hockt Jungkook neben mir. Sie schaut bei der Erwähnung von tollen Sirenen natürlich sofort zu ihm (hätte ich auch getan) und macht große Augen. „Bei dir sind auch Sachen durch die Luft geflogen?", fragt sie und Jungkook nickt energisch. „Einmal", sagt er und beugt sich dann zu ihr, als wäre es ein Geheimnis, „einmal habe ich sogar ausversehen meinen Papa durch die Gegend geschubst, weil ich gaaaanz viele Strudel erzeugt habe mit meinem Singen." Sie macht ein leises „oh", schaut aber dennoch bedrückt, weshalb Jungkook wohl beschließt, zu anderen Mitteln zu greifen. Und welche Mittel sind das? Genau, seine Stimme. „Should I now tell you I know what you feel? Yes, so look at me I do feel the same. Carry the music, the memories and keep them inside, You laugh every day. Don't stop those tears from falling down", ermutigt er sie, ihren Gefühlen durch den Gesang Ausdruck zu verleihen und nimmt ihre Hand.

Er fährt damit fort, ihr zu erklären, dass das dazu gehört, dass man Fehler macht und dass keiner perfekt ist. „This is who we are inside. This is who you are, and no, you don't have to hide. 'Cause the greatest risk we'll ever take is by far to stand in the light and be seen as we are", und damit hat er recht, selbst kann fühlen, was er meint, weshalb ich mit ihm das wichtigste wiederhole: „To stand in the light and be seen as we are." Ich nehme ihre andere Hand, richte mich auf und stoße mich etwas vom Boden ab, ziehe sie mit nach oben, Jungkook kommt breit lächelnd mit. „With courage and kindness hold onto your faith. You get what you give and it's never too late to reach for the branch and climb up leaving sadness behind", ich bin fast schon stolz auf diese Zeilen, die einfach aus meinem Herzen zu kommen scheinen.

„You fight hard for love; we can never give enough. This is who we are inside", ja, so fühle ich mich selbst auch. Als ich herausgefunden habe, dass ich zu einem gewissen Teil Sirene bin, dass ich diese Kräfte habe, war ich fasziniert, verwirrt, hatte zwischenzeitlich Angst. Doch ich habe es akzeptiert, bin okay damit und vor allem lerne ich, damit umzugehen, anstatt es zu unterdrücken, denn jetzt, wo ich die Kräfte kenne, kommen sie viel öfter zum Vorschein. Und das möchte ich auch ihr mitteilen: „This is who you are, and no, you don't have to hide. 'Cause the greatest risk we'll ever take is by far to stand in the light and be seen as we are." Jungkook harmoniert mit mir, während wir die letzte Zeile erneut wiederholen und anschließend Miok sanft lächeln und dennoch erwartend anschauen, wollen hören, was sie zu sagen hat. Wir sind mittlerweile ungefähr anderthalb Meter über dem Boden, schweben dort nahezu im Wasser.

Sie lächelt uns zurück, fängt leise an, ihr Herz auszuschütten: „Riding the storms that come raging towards us; we dive", doch während sie singt, wird ihr lächeln breiter, als würde sie verstehen, was wir meinen, denn sie wird dazu auch lauter, ihre Stimme hat mehr Kraft: „Holding our breath as we break through the surface with arms open wide." Jungkook lächelt und singt zusammen in Harmonie mit ihr: „With arms open wide." Und ich? Ich nehme auch noch Jungkook an die Hand, sodass wir in einem Kreis schweben, denn ich kann –genau wie die beiden, wahrscheinlich Sirenen-Gespür– fühlen, dass wir alle dasselbe vor haben. Und als die kleine nickt, singen wir alle drei, klar und deutlich: „This is who we are inside. This is who we are, we're not gonna hide", gleichzeitig sorgen Strudel dazu, dass wir uns im Kreis bewegen, wobei die Haare der anderen flattern, während sie und zuschauen.

Während wir also weitersingen: „Cause the greatest risk we'll ever take is by far to stand in the light and be seen as we are; to stand in the light and be seen as we are", sorgt Shizseojin dafür, dass sich eine der Blasen vom Stamm löst und in unsere Mitte schwebt, während wir uns weiterhin drehen. Langsam löst sie sich jedoch auf, man erkennt die Umrisse des kleinen Meerkindes besser. Wir führen den Gesang zu dritt fort: „'Cause the greatest risk we'll ever take is by far to stand in the light and be seen as we are; To stand in the light and be seen as we are." Die Blase löst sich komplett auf, und ein schlafendes, kleines Meerbaby schwebt vor uns, welches die Miok vorsichtig in die Arme nimmt. Während wir alle nach unten zu ihrer Familie sinken, singt sie noch die letzte Zeile des Liedes, leise und sanft, dennoch voller Stärke, mit einem Lächeln auf dem Gesicht, während sie auf ihr Geschwisterchen blickt: „To stand in the light and be seen as I am."

_________

Meinungen, Anregungen und Theorien gerne in die Comments

Votes sind immer willkommen

Kimchi_Real

Under The Sea ♛ TaeKook [completed; Hobby Award, Fishriver Award]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt