Kapitel 39 - Kélyfos

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Ich glaube mein Atem setzt für einen kurzen Moment aus, als er das sagt. „Aber Yoongi hat mir gesagt, dass Sirenen aussehen wie normale Menschen!" Jungkook schmunzelt und nimmt meine Hand wieder in seine. „Du hast meine Beine doch gesehen oder nicht? Eigentlich sehe ich genau aus, wie ein Mensch." Ich schaue instinktiv auf seinen Fischschwanz und er kichert. „Okay jetzt gerade vielleicht nicht, aber das ist eine lange Geschichte." „Dafür bin ich hier, um mir diese Geschichte anzuhören, Kookie. Und dann kannst du mir auch direkt erklären wieso du das gleiche Tattoo wie Yugyeom auf deinem Schulterblatt hast, wo er ja eher Yoongis Freund ist", sage ich mit hochgezogener Augenbraue und er küsst mich kurz auf die Lippen und wird rosa. „Das Tattoo ist ein guter Startpunkt!", stellt er dann fest und räuspert sich, „also, wenn immer du Fragen hast, frag einfach. Sonst erzähle ich einfach weiter."

Ich nicke, als Zeichen, dass ich verstanden habe. Er lehnt sich etwas zur Seite und bricht einen Kristall vom Stein ab. Ich klammere mich sofort an seine Hand, wer weiß was jetzt passiert.
Jungkook lacht und küsst einmal meinen Handrücken. „Es passiert dir hier nichts, vor allem nicht, wenn ich hier bin, Kélyfos", sagt er sanft und ich beruhige mich sofort und mit der freien Hand fasse ich mir sofort an die Kette, die er mir geschenkt hat. „Du hast es nicht vergessen?", fragt er überrascht und ich küsse seine Wange. „Wie könnte ich den Spitznamen vergessen, den der Junge, den ich liebe, mir gegeben hat?", entgegne ich leise und schau in seine vor Freude funkelnden Augen. „Kélyfos ist griechisch für Muschel, du bist für mich wie diese wunderschöne kleine Chténi, diese Jakobsmuschel. Bereits von außen strahlst du Schönheit aus und es gibt so viele, die dich von außen kennen", hatte er gesagt, als ich ihn nach der Bedeutung gefragt habe und die Kette umgedreht, sodass die Perle sichtbar wurde. „Doch lernt man dich kennen, sieht man diene wahre innere Schönheit, sowie man hier die Perle der Pinctada Muschel sehen kann."

Ich schaue aufmerksam zu, wie er meine Hand umdreht, sodass die Handfläche nach oben zeigt. „Diese Kristalle werden von Wassernymphen mit Magie befüllt, welche sie zum Leuchten bringen", erklärt Jungkook, nachdem er meine Hand auf seiner Fischhälfte abgelegt hat und sanft seinen Finger in die entstandene Öffnung des Kristalles steckt. „Deswegen nennen wir sie auch Elpídá, das ist der Plural von Hoffnung, denn solange die Nymphen noch die Zeit und Kraft haben, die Kristalle aufzuladen, ist alles in Ordnung." Mit weit geöffneten Augen starre ich auf Jungkooks Finger, auf welchem nun eine bläulich schimmernde Substanz zu sehen ist. Er beginnt, etwas auf meine Handfläche zu malen und ich schaue ihm dabei zu. „Sprecht ihr Meerwesen griechisch?", frage ich außerdem, „du benutzt so viele Griechische Wörter." „Die Sprache, die wir sprechen, nennt sich Ploesani. Du hast recht, ich benutzte viele griechische Wörter, da diese Sprache zur Zeit der Griechen entstanden ist und somit ihr sehr ähnlich ist, bis dahin, dass manche Wörter immer noch bestehen. Aber wir lernen in den verschiedenen Königreichen jeweils auch die Sprachen, die an dem Festland gesprochen werden, welchem wir nah sind. Zumindest die meisten, manche weigern sich." Ich nicke, bin total gefangen in dem Anblick, wie Jungkook etwas zu schreiben scheint.

„Damit kommen wir auch zu den Tattoos", sagt er und nimmt seinen Finger weg. Er hat angefangen, das Tattoo, welches ich bei den beiden gesehen habe, auf meiner Hand nachzuzeichnen. Man sieht das große kleingeschriebene h und daneben die Silben alc und yon.
Beides in wunderschöner Serifen-Schrift. „Diese drei Komponenten bilden den Namen des Königreiches in dem ich, beziehungsweise wir, leben. Halcyon ist–", ich unterbreche ihn leicht grinsend, „griechisch?" Er schmunzelt mich an. „Genau, weißt du auch, was er bedeutet?" Ich zucke mit den Schultern. „Du bist hier der Spezialist." Er lächelt und fährt fort: „Halcyon ist der griechische Name eines Vogels, der in der Mythologie die Kraft hatte, den Ozean zu beruhigen, damit sie in Ruhe nisten konnte. Unser Königreich sieht es als seine Pflicht an, das selbe zu tun, den Ozean im Gleichgewicht zu halten." Ich schaue in seine Augen. „Sind die Geschichten denn wahr?", frage ich, da ich tatsächlich schon öfters davon gehört habe, jetzt wo er es mir sagt, kommen die ganzen Geschichten meines Großvaters wieder zum Vorschein.

„Nun, ein wenig Wahrheit ist schon daran. Der damalige König, welcher über die Gewässer in den Brutgebieten des Vogels geherrscht hat, mochte diesen Vogel, weshalb er dem Ozean befahl, sich zu beruhigen, wenn immer er im Dezember kam", stellt Jungkook richtig. „Und das geht so einfach? Sagt der König einfach kurz: ‚Hey, Ozean, sei mal bitte ein bisschen ruhiger und lass den armen Vogel brüten!' oder wie soll ich mir das vorstellen?" Jungkook lacht herzhaft auf, was mich schmollend rot werden lässt. „Tut mir leid, ich stelle mir nur gerade vor, wie das wirklich– oh Gott, das wäre so witzig, das sollte ich meiner Mutter erzählen!" Ich schaue ihn sofort wieder an. „Mutter?", also doch nicht tot. Er lächelt leicht. „Dazu kommen wir gleich. Erstmal das Tattoo." Mit diesen Worten fängt er an, weiter zu malen, bis unter der Silbe yon die Initialen J.JG stehe. „Jeon Jeongguk", flüstere ich und schaue in sein Gesicht, welches zu einem sanften lächeln verzogen ist, während er nickt. „Es war nicht gelogen, als ich gesagt habe, dass die Aussprache mich an meinen Vater erinnert, weißt du?", fängt er an und schaut in meine Augen, „er ist vor sechs Jahren im Kampf gefallen, gegen ein anderes Königreich." Sanft lege ich die freie Hand an seine Wange und streiche über diese, lasse ihm Zeit.

Er lehnt sich meiner Hand etwas entgegen und schließt für einen Moment die Augen, trotzdem spüre ich den Schmerz, der von ihm ausgeht. Nach einer Weile lächelt er wieder und küsst meine Fingerspitzen, bevor er weiter Buchstaben auf meine Hand malt. „Du hast bestimmt auch die römischen Zahlen bemerkt", erzählt er und ich nicke euphorisch. Ein großes X platziert er auf der Wölbung des h und VII bekommt einen Platz oberhalb des kleinen a. „Ich bin ein Kind der 18. Generation", erläutert er. „Von eurem Königreich?", er nickt und zeichnet die letzten beiden Buchstaben, ein S und ein R über das kleine o. VII und SR sind somit lediglich von dem kleinen l getrennt. „SR... Sirene?", wage ich eine Vermutung, als Jungkook sich den Finger im Wasser der Grotte abwäscht. „Wir benutzen das griechische Wort dafür also–", ich unterbreche ihn, da mir dieses Wort tatsächlich bekannt ist. „Seirína. Ich mag das Wort", schmunzle ich und schaue auf meine Hand.

„Wurdest du damit geboren?", Jungkook nickt. „Es wächst sozusagen mit einem mit. Aber wenn ein Meerwesen an die Wasseroberfläche kommt, dann verschwindet es. Das Leben in dem angrenzenden Land eines Meeres soll dieses nicht beeinflussen, durch Rivalitäten verschiedener Königreiche zum Beispiel." Ich nicke. „Bei Yugyeom steht dann das gleiche wie bei dir, nur dass die Initialen anders sind?" „Und statt SR steht bei ihm YD für Ydrochóos, was so viel wie Wassermann bedeutet." Ich nicke erneut. „Steht bei den Frauen dann GG?", kichere ich, „für Gorgóna?" „Das Wort stimmt, allerdings ist die Abkürzung dafür GO." „Und Yoongi? Gehört ihr zum gleichen Königreich? Steht bei ihm dann irgendeine Abkürzung für Imíaimos? Das bedeutet doch Halbblut, oder nicht?" Jungkook muss über meine Begeisterung lächeln. „Wie Meerwesen benutzen das Wort Halbblut nicht so gerne, da die Menschen in der Antike und so das immer mit den Göttern in Verbindung bringen", ich muss lachen, da ich das aus den ganzen Büchern, die ich über Griechenland gelesen habe, kenne. „Yoongi ist ein sogenannter Misós Ánthropos, ein Halb-Mensch. Demnach MA als Abkürzung." Ich verziehe das Gesicht ein wenig. „Also besser klingen tut das nicht."

Jungkook fängt an zu lachen und ich steige mit ein, rutsche wieder zu ihm und lege meinen Kopf auf seine Schulter. Er legt seinen Kopf auf meinen und wir verschränken unsere Finger miteinander, ignorieren den Fakt, dass die Farbe verschmiert und abfärbt, sich anschließend auflöst, als wüsste sie, dass sie nun nicht mehr benötigt wird. „Erzähl mir mehr", bitte ich ihn, da ich immer noch so vieles nicht weiß, es aber unbedingt wissen möchte. „Nun dann kommen wir jetzt zu einem dicken Brummer, fall jetzt nicht in Ohnmacht oder so, bitte", sagt er und hebt seinen Kopf an, weshalb ich meinen ebenfalls hebe und ihn gespannt anschaue. „Ich bin der Thronfolger von Halcyon."

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Under The Sea ♛ TaeKook [completed; Hobby Award, Fishriver Award]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt