Kapitel 8 - Das Bild der Schmetterlinge

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Je näher wir der Schule kommen, desto nervöser werde ich tatsächlich. Es ist zwar keine Angst, aber dennoch ist es mehr als aufgeregt sein. Ich habe keine Ahnung wie die Schule sein wird, also die Leute dort. Als ich das Gebäude das erste Mal gesehen habe, auf der Website, dachte ich schon, unsere Eltern stecken uns auf ein Internat. Zum Glück stellte sich das Ganze als Fehlannahme raus. Ich meine, ich bin nicht einmal in der Lage dazu, meine Klamotten ordentlich aufzuhängen und zu falten, wie soll ich dann bitte Wäsche waschen? Und Geld verdienen tu' ich jetzt auch nicht mehr, also würde ich nach spätestens zwei Tagen verhungern. Ich bin nämlich ein sehr hungriger und des Kochen unbegabter Mensch.

Ich beobachte, wie die Landschaft vorbeizieht. Nebenbei fällt mir etwas ein. „Mama, die Schule heißt ja Hoodie oder so ähnlich, ist das nicht Chinesisch?", frage ich also. Meine Mutter lacht leise. „Es heißt húdié, Schatz, aber ja, es ist Chinesisch. Weißt du auch was es heißt?", fragt sie dann. „Ich glaube das war Schmetterling, oder?" „Richtig." Damit ist das Gespräch beendet und ich schaue wieder aus dem Fenster. Schmetterling... Irgendwie ein schöner Name für eine Schule. Ich wundere mich, was da hinter steckt. Ich kann ja nachher im Sekretariat fragen. Oder ich Google später einfach. Das Lied im Radio schwenkt um und nun tönen die ersten Töne von Daddy von Psy durch das Auto. Mein Kopf schnellt herum, meine Geschwister scheinen das Gleiche wie ich zu denken. Sobald der Text einsetzt, fangen wir ebenfalls an zu singen.

Meine Mutter schüttelt nur lachend den Kopf über uns und fährt weiter. Als das Lied zu Ende ist, kann ich bereits das Schulgebäude sehen. „Oh, wir sind ja schon fast da", sage ich überrascht, während mein Bruder staunend die Schule anschaut. „Die ist größer, als ich gedacht habe." Ich spiele etwas nervös mit meinen Händen, als das Auto auch schon vollkommen zum Stehen kommt. Hier stehen ziemlich viele Autos muss ich sagen. Gibt es so viele Lehrer oder haben so viele Schüler schon ihr eigenes Auto? Meine Mutter steigt bereits aus und wir machen es ihr nach. Draußen angekommen schauen wir uns alle um, bis wir schließlich in das Gebäude gehen. Meine Mutter dankt den Schildern, die aushängen, dass wir so schnell das Sekretariat finden.

Dort klopft sie und geht erst mal ohne uns rein. Währenddessen setzten wir drei uns auf die Stühle davor und schauen uns um. Die Wände sind behangen mit Fotografien und Zeichnungen. Als unsere Mutter herauskommt, drückt sie uns ein paar Papiere in die Hand. „Ihr sollt doch schon mal in die Klassen gehen, da heute nach der vierten Stunde frei ist.  Die Räume stehen auf den Plänen, hier steht ja wo alles ist. Tickets habt ihr ja auch bei, also könnt ihr ja auch später alleine nach Hause, hab ich Recht?", erklärt sie. Wir nicken. Ich habe ehrlich gesagt keine Lust darauf, ich wollte noch Surfen gehen, aber was soll's. „Okay dann bin ich jetzt weg, viel Spaß euch", sagt sie mit einem Lächeln und küsst uns alle auf die Stirn, bevor sie uns schon verlässt.  „Na dann", sage ich, „lasst uns Mal unsere Klassen finden." Wir stehen auf und finden die Wege, die beiden müssen allerdings in eine andere Richtung.

Ich verabschiede mich also von ihnen und gehe meinen Weg entlang. Dabei lasse ich mir, ehrlich gesagt, ziemlich viel Zeit, während ich die Flure betrachte. Vor einem Aushang bleibe ich stehen. Es ist ein Bild, wahrscheinlich von einem Schüler gemalt. Es zeigt zwei Schmetterlinge, einen in rosa und einen in blau. Sie fliegen beide in die Richtung einer Blume. Das schönste an diesem Bild ist allerdings, dass es in Aquarell gemalt ist und sich sowohl die Schmetterlinge, als auch die Blume, in kleinste Tröpfchen verwandeln. Fasziniert starre ich auf das Bild, als sich jemand neben mich stellt. Ich beachte die Person jedoch nicht, sondern schaue weiter auf das Bild.  „Gefällt es dir?", fragt der Junge neben mir und ich drehe langsam meinen Kopf zu ihm.

Er hat schwarze Haare und lächelt mich an. Ich schaue an ihm herunter und sehe, dass er die Schuluniform trägt. Offensichtlich ist er also Schüler dieser Schule. Mein Blick wandert zurück in sein Gesicht, wobei ich die einzelnen Details wahrnehme. Er hat Recht volle Lippen, Sein Lippenbogen ist nahezu nicht existent. Seine Augen sind klein und durch das Lächeln sehen sie noch kleiner aus. Fast schon wie süße Schlitze. Doch dennoch stimmt in seinem Gesicht alles. Auch seine Nase passt perfekt ins Gesamtbild. Sie hat eine leichte Krümmung nach unten, was wiederum seine Lippen zur Geltung bringt. Seine Augenbrauen schwingen sich in einem perfekten Abstand über seinen Augenbrauen. Außerdem zieren immens viele Ohrringe seine Ohren. Dieser Typ gefällt mir, zumindest vom optischen her, das bemerke ich nach meine künstlerischen Analyse.

„Ja", antworte ich und lasse meine Lippen ein zartes Lächeln umspielen, „es ist wunderschön." Ich wende mich wieder zu dem Bild und betrachte es. „Das hat jemand aus der sechs gemalt, vor ungefähr 30 Jahren", sagt der Junge, woraufhin ich ihn wieder anschaue. „Jeder hier kennt die Story, es ist fast schon eine Legende", sagt er mit einem leichten Kichern am Ende. Dann fragt er: „Willst du sie hören?" Ich überlege, doch dann schüttle ich den Kopf, was ihn mich verwundert ansehen lässt. „Ich finde, das besondere an der Kunst ist, dass man seine eigene Geschichte in sie hineinprojizieren kann. Daher würde diese Legende wahrscheinlich meine Empfindungen über das Bild verändern, das möchte ich nicht. Ich will dieses Bild so in Erinnerung halten, wie ich es wahrgenommen habe. Ich hoffe du verstehst mich, sei nicht traurig", erkläre ich mein Tun und lächle wieder etwas. Er nickt verstehend. „Ich sehe schon", beginnt er, „du bist jetzt schon eine Bereicherung für die Schule. Schön dich kennen zulernen, meine Name ist Park Jimin." Mit dieses Worten hält er mit seine Hand entgegen, die ich ergreife und meine Lächeln wird breiter. „Kim Taehyung."


Under The Sea ♛ TaeKook [completed; Hobby Award, Fishriver Award]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt