für OsByLynn💘
[43] ,,Bitte nimm mich in den Arm und lass mich nie wieder los."
Anmerkung: Der Os spielt in einer Welt ohne Corona.
Barcelona, 16. August 2020
Mit meinem Handy in der Hand lief ich den Hotelflur entlang zu Alex Zimmer und antwortete auf ein paar Nachrichten. Zwar waren Alex und ich heute Morgen zusammen zur Strecke gefahren, doch als ich ihn nach dem Rennen abholen wollte, war sein Fahrerzimmer leer. Ein RedBull Mitarbeiter hatte mir dann erklärt, dass Alex von dem Rennen so erschöpft war, dass sein Trainier ihn schon ins Hotel gefahren hatte. Vor der Zimmertür meines Freundes stoppte ich und schob mein Gerät in die Hosentasche, ehe ich die zweite Zimmerkarte hervorholte, nach der Alex wie an jedem Rennwochenende beim Einchecken an der Rezeption gefragt hatte. Ich öffnete die Tür und fiel sofort in eine Schockstarre, als ich die vielen Klamotten auf dem Boden sah. Sein Zimmer war ordentlich gewesen, als wir es heute Morgen zusammen verlassen hatten.
Mit einem mulmigen Gefühl ließ ich die Tür hinter mir ins Schloss fallen und trat durch den kleinen Eingangsbereich. Dabei schob ich die Klamotten mit dem Fuß beiseite. Als ich nun das restliche Zimmer sah, fiel ich in die nächste Starre. Decken und Kissen lagen auf dem Boden. T-Shirts, Pullover und Hosen waren überall im Raum verteilt. Mein Blick blieb bei Alex hängen, der auf dem Boden saß und sich ans Ende seines Bettes lehnte. Seine Knie hatte er nah an sich herangezogen, sein Gesicht vergrub er in seinen Händen. Besorgt musterte ich ihn:,,Alex?"
Er bewegte sich nicht, was den Kloß in meinem Hals noch schwerer werden ließ. Darauf bedacht nicht über seine Kleidung zu stolpern oder direkt auf sie draufzutreten, bahnte ich mir einen Weg durch das Chaos und lief zu meinem Freund. Vor ihm hockte ich mich hin und legte vorsichtig meine Hand auf sein Knie:,,Alex? Babe?"
Ein leises Schluchzen entwich dem Thailänder, als er seine Hände langsam von seinem Gesicht nahm. Zum Vorschein kamen seine roten Augen sowie seine tränenüberströmten Wangen, die mein Herz augenblicklich verkrampfen ließen. Noch nie zuvor hatte ich ihn so hilflos und verzweifelt gesehen. Behutsam legte ich meine Hand an seine Wange, um ihn ein paar seiner Tränen wegzustreichen und hakte sanft nach:,,Babe, was ist passiert?"
,,Ich weiß es nicht", hauchte Alex überfordert, ,,bitte nimm mich in den Arm und lass mich nie wieder los."
Seine unsichere und zitternde Stimme war wie ein weiterer Stich ins Herz. Augenblich kam ich seiner Bitte nach und ließ meine Hand sinken. Stattdessen setzte ich mich neben ihn, sodass ich mich ebenfalls ans Bettende lehnen konnte. Schützend schlang ich einen Arm um ihn und zog ihn zu mir:,,Du weißt, dass du mit mir über alles reden kannst, oder? Ich bin für dich da."
,,Ja", murmelte er und legte erschöpft seinen Kopf auf meiner Schulter ab, bevor er fortfuhr, ,,es ist nur kaum auszuhalten."
,,Was genau?", wollte ich mitfühlend wissen und strich ihm durch die Haare.
,,Die aufbauenden Worte von Christian und Dr. Marko, während mir ihre Blicke mehr als deutlich machen, dass ich sie enttäuscht habe und ihre Erwartungen höher sind als die Ergebnisse, die ich abliefere. Dann die ganzen Hate-Kommentare im Internet, die sich mit jedem Rennen verdoppeln... das macht mich wahnsinnig", erklärte Alex ermüdet. Schon oft hatten wir über seinen Platz bei RedBull gesprochen, den Erwartungsdruck sowohl von der Führung als auch von den Medien. Ich wusste, wie sehr ihm das alles zu schaffen machte.
,,Ich bin stolz auf dich", schwor ich ehrlich und hauchte ihm einen Kuss auf den Ansatz, ,,darauf, dass du an jedem Rennwochenende wieder in das Auto steigst, das dir solche Probleme bereitet und schwer zu fahren ist. Du tust alles für dein Team, auch wenn es sich noch nicht in deinen Ergebnissen auszahlt. Irgendwann wird es das."