Kapitel 10

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Die erste Woche verging wie im Flug. Das Training am Strand, durch den tiefen Sand stark erschwert, laugte sie alle tierisch aus und die meisten lagen bereits um 22 oder 23 Uhr im Bett. Selbst Nishinoya und Hinata, ihre sonst immer so aufgedrehten Knirpse, waren sichtlich erschöpft. Kageyama bezweifelte jedoch, dass es bei Hinata ausschließlich die körperliche Anstrengung war, die ihn so fertig machte.

Kageyama hatte das Lauftraining mit Korai fortgesetzt. Er spürte jeden Morgen, wenn er aufstand, wie sich Hinata ganz klein zusammenrollte und versteifte. Er nahm die bitterbösen Blicke wahr, die er Korai zuwarf und wie dieser ihn mit einem fiesen Lächeln bedachte. Was ging zwischen den beiden ab? Außerdem klebte Hinata wie eine Klette an ihm. Sobald er aufstand, wollte er wissen, wohin er ging. Bereits am fünften Tag platzte ihm der Kragen.

„Aufs Klo, Hinata, ich gehe aufs Klo! Möchtest du mich auch dorthin begleiten?!", fragte er und sah ihn provozierend an. Er merkte, dass diese Stichelei an seinem Spiker nicht spurlos vorbei ging, da dieser schmollend die Lippen zusammenpresste, und sich abwand.

Ab und zu verließ Hinata dieses merkwürdige Benehmen und für kurze Zeit waren sie beim Training wieder ein perfektes Team. Jedes Mal bis zu dem Moment, wo sie gemeinsam beim Abendbrot saßen und er Korais Blicke in seinem Nacken spürte. Dann kehrte dieselbe Anspannung zurück und die ausgelassene Stimmung war restlos verschwunden.

Kageyama fühlte sich von Hinatas Verhalten überfordert. Noch immer konnte er sich keinen richtigen Reim daraus machen. Wollte seine anfängliche Vermutung, dass Hinata mehr für ihn mehr empfinden könnte als nur Freundschaft, verdrängen. Doch diese ständige Nähe, die Hinata zu ihm suchte, machte ihn nervös. Mit jedem Mal, das er ihn berührte, wurde das Kribbeln in seinem Bauch stärker. Er spürte, wie sich sein Puls beschleunigte und ihm heiß wurde. Er ertappte sich dabei, wie er Hinata beobachtete. Beim Schlafen, beim Essen, beim Training, beim Schwimmen im Meer. Das war doch nicht mehr normal. Kageyama war also nicht nur mit Hinatas Verhalten überfordert, nein, noch mehr irritierten ihn seine eigenen Gefühlsregungen.

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In der zweiten Woche spürten sie bereits die positiven Auswirkungen des harten Trainings. Ihre Ausdauer war deutlich gestiegen und sie fielen abends nicht mehr halbtot ins Bett. Doch das gab auch Hinata wieder mehr Energie, welche er in seinen persönlichen Kampf mit Korai steckte. Diese ständigen Sticheleien zwischen den beiden gingen sogar langsam Kageyama auf den Sack, und das hat schon was zu bedeuten. Den Vogel abgeschossen haben sie am Wochenende der zweiten Woche, als Yamaguchi den Vorschlag machte, dass sie alle zusammen in das Badehaus gehen sollten, um ihren müden Knochen etwas Gutes zu tun.

„Oh ja, eine tolle Idee!", platzte es aus Hinata heraus.

Die Sache war beschlossen. Jeder sammelte also seine Sachen zusammen und gemeinsam begaben sie sich Richtung Badehaus.

Hinata blickte den Setter neugierig an. „Warst du schon mal in einem richtigen Badehaus, Kageyama?"

„Nein, hat mich bisher nie interessiert."

„Woah, dann wird das für uns beide heute das erste Mal!", rief er aufgekratzt.

„Mhm", quittierte Kageyama den völlig unangebrachten Gefühlsausbruch seines Freundes. War doch nur ein Badehaus.

Kurze Zeit später standen sie bereits in der Umkleide. Bis auf die Unterhosen waren schon alle Sachen verstaut. Gerade, als Kageyama losmarschieren wollte, hielt Suga ihn auf.

„Äh, Kageyama? Das hier ist ein Badehaus, das heißt, man darf es nur ohne Sachen betreten." Kageyama sah ihn verständnislos an, dann schlug die Erkenntnis in ihm ein wie eine Bombe – und das übrigens nicht nur bei ihm.

Er soll Mein seinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt