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Alex:

Eine Woche war vergangen und Jay war immer noch im Krankenhaus. Wir, seine Eltern und Ich besuchten ihn täglich. Wir hatten Cole einmal sogar angeboten, ihn mitzunehmen. Doch er meinte, dass der Kontakt schon lange abgebrochen wäre. Was ziemlich schade ist, denn ich mochte den Jungen. Auch versuchten wir immer wieder, die Ärzte dazu überreden, dass sie und Jay wieder mit nach Hause nehmen lassen. Doch alle meinten immer, sie hätten ihn dann nicht im Blick, wenn wieder etwas passieren sollte.Mittlerweile hab ich sogar den selben Hass auf Ärzte und Krankenhäuser wie Jay. Und auch wenn ich ihn jeden Tag besuche, so fehlt er mir. Ich vermisse es, dass er neben mir schläft. Immer wieder wache ich auf, nur um nach ihm zu sehen, bis mir letztendlich einfällt, dass er nicht hier ist. Jeden Tag seit einer Woche koche ich sogar für 2 Personen und rufe ihn zum Essen. Oftmals laufe ich durchs ganze Haus um ihn zu suchen, bis mir wieder einfällt, dass er in der verdammten Klinik liegt. Immer wieder sinke ich in ein gewisses Selbstmitleid, obwohl ich nicht mal was gemacht habe. Und das ist das Problem. Ich mache nichts. Und da wieder die Besucherzeit im Krankenhaus ist, mache ich mich auf den Weg dorthin. Nur im nachhinein zu erfahren, dass er mit mir Schluss machen will, weil er nicht will da sich leide. Und das gab mir den Rest. Er will mich nicht mehr. Macht es dennoch zu meinem Schutz, dass wenn er draufgehen sollte, ich es eben nicht tue. Und das ist eben nicht so der Fall. Denn wenn er draufgeht, so tu es auch ich. Mich hat es in einzelne Teile zerfetzt. Ich bekam Panik, habe mich aber dennoch zusammengerissen. Doch jetzt bin ich durch.

Immer wieder halte ich mich davon ab, zur Klinge zu greifen. Ich will nicht den selben Fehler machen, wie Jay damals. Er hatte viel durchgemacht und wusste keinen Ausweg mehr. Doch ich half ihm und jetzt bin ich in der Lage, in dem ich nur Tod vor meinen Augen sehe. Ich schaffe es kaum, mich zusammenzureißen und mir nichts anzutun. Doch ich habe niemanden, der mich davon abhält. Nicht einmal Eltern oder sowas in der Art. Ich bin allein. Schon wieder.

Wieder hat mich jeder Verlassen. Nicht ich habe sie verlassen, sondern sie mich. Wie meine Eltern. Doch sie hatten einen Grund, den ich gerade nicht finde. Oder habe ich ihn vergessen? Wie auch immer. Sie taten es dennoch, da macht es keinen Sinn, ob sie einen Grund hatten oder nicht.

Ich ging ins Bad, stützte die Hände am Waschbecken ab und sah mich an. Man, was für ein elendiger Haufen bin ich geworden? Wie konnte es nur so weit kommen? Ich sah eine Spitzklinge auf dem Waschbecken liegen. Lag sie schon immer dort? Ich war mir sicher, ich hatte sie wegeräumt. Oder hatte sie Jay wieder rausgekramt?

"Jay??! Warum liegt die Klinge am Waschbecken? Was hast du VERDAMMT NOCHMAL GETAN?!"

Ich schrie nach ihm. Bekam keine Antwort und wurde wütend. Wieso ignorierte er mich jetzt? Ich hörte die Haustür sich schließen und rannte nach unten. Er ist jetzt nicht ernsthaft raus?

"JAY!! Wie kannst du es wagen das Haus zu-"

"Alex? Ist alles in Ordnung mit dir?"

Seine Mutter stand vor mir. Sah mich erschrocken an, da ich sie mit seinem Namen angeschrien hatte.

"I-ich wollte das nicht. Ich we-eiß auch nicht, was in mich gefahren ist."

Sie kam auf mich zu und nahm mich plötzlich in den Arm und ich konnte nicht anders, als zu weinen. Ich heulte mir die Seele aus dem Leib, wie ich es seit Jahren nicht mehr tat und ich hatte mich noch nie so geborgen und wohl gefühlt, wie in ihren Armen. Wie die Arme meiner Mutter. Wie sie mich damals in den Arm nahm und wir stundenlang auf der Couch saßen und kuschelten. Wie damals fühlte es sich an. Und das schien sie zu merken, denn sie drückte mich fester an sie und strich mir sanft über den Rücken, während ich weiterhin weinte.

"Wir bekommen das hin. Wir sind für dich da. Jay hatte es zu deinem Schutz getan, doch ich wusste, dass es für dich keinen Unterschied machen würde. Du würdest trotzdem mit ihm von uns gehen."

Nun fing sie an zu weinen. Und so standen wir noch Minuten, in denen wir uns Umarmten und weinten, denn das brauchten wir beide. Und sie hatte verdammt Recht. Ich würde ihn nicht allein zu den Toten gehen lassen. Ich würde mit ihm kommen. Ob Himmel oder Hölle, ich war da.

Be Here With Me!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt