James
Wir hatten es zwar nicht abgemacht, aber ich stand um halb sechs vor Cora's Haustür. Sie wohnte in der Nummer 18 der Sheed Avenue, die um diese Uhrzeit von der untergehenden Sonne durchflutet ist. Das Häuschen sah aus, wie alle anderen in dieser Straße und somit auch wie meins.
Ich klingelte und mir öffnete Mrs Harred die Haustür.
„Guten Abend Mrs Harred, ist Cora da?", fragte ich als sie nichts sagte. Sie musterte mich argwöhn und bat mich zu warten. Als dann Cora's Vater zur Tür kam, entstand eine leicht angespannte Atmosphäre. Ich wusste, dass er mich nicht leiden konnte.„James Villan. Der junge Mann, der versucht das Leben meiner Tochter zu ruinieren. Gut siehst du aus.", begann er mich zu verurteilen und gab mir gleichzeitig ein Kompliment. Dass er mir dies unterstellte, verwunderte mich sehr.
„Äh danke, aber wie bitte? Ich versuche hier gar nichts, ich bin nur hier um ihre Tochter zu der Spendengala zu begleiten, mehr nicht.", entgegnete ich ihm so höflich und ruhig wie möglich.
„Hör einfach auf ihr Steine in den Weg zu legen." Er drehte sich um.
„Ach Cora, sieh dich an du siehst bezaubernd aus.", rief Mr Harred, als Cora die Treppe herunterkam. Sie sah wirklich umwerfend aus. Das grüne Samtkleid zusammen mit ihren dunklen Haaren und dem runden Gesicht glichen einer Augenweide. Sie trug einen passenden Lippenstift und um ihre Schulter hing eine kleine schwarze Handtasche.Warte, seit wann konnte Harred so gut aussehen?, ertappte ich mich selbst beim Schwärmen.
„Hi James. Was machst du denn hier?", begrüßte sie mich. Die Situation schien ihr etwas unangenehm zu sein. Das erkannte man immer gut an ihren glühenden Wangen.„Hi Cora. Ich dachte, wir könnten zusammen zur Uni fahren. Du siehst übrigens toll aus.", bemerkte ich. „Danke, was dagegen, wenn wir mein Auto nehmen?", fragte sie verlegen. Ich bemerkte den Blick, den mir Mr Harred zuwarf. „Wenn dir das so lieber ist, dann natürlich nicht."
Sie verabschiedete sich von ihren Eltern, wir stiegen ins Auto und fuhren los. Bis zur Uni fährt man ca. zehn Minuten. In dieser Zeit gab es von meiner Seite aus nicht viel zu sagen. Ich hoffte einfach, dass der Abend schnell vorbeigehen würde.
„Ich erinnere dich an meine Bedingungen.", ermahnte sie mich, als wir an der Ampel standen.
„Ja, Madame. Kein Scheiß.", versicherte ich ihr. Wenn meine Eltern wüssten, wie oft ich mich nachts rausschlich, dann wäre ich wohl zu lebenslangem Hausarrest verdammt.
„Gut. Was hat mein Dad eben zu dir gesagt? War er aufdringlich?", setzte sie hinzu. „Ach nichts Besonderes.", gab ich von mir. Bis auf einen verwirrten Blick zeigte sie keine weitere Reaktion.„Der Anzug steht dir übrigens.", bemerkte sie noch.
Cora
Ich war froh als wir endlich ankamen, denn diese zehn Minuten hatten sich viel länger als sonst angefühlt und ich war froh, als mir die frühherbstliche Luft entgegenschlug. Die Sonne war schon fast verschwunden, nur noch ein kleiner rosa-orangene Streifen am Horizont, erinnerte an sie.
Die Tribüne, wo die Gala stattfinden sollte, war elegant mit schlichten Girlanden und Lichterketten, Stehtischen mit weißen Tischtüchern geschmückt und die Gäste, die schon dort waren, waren überwiegend irgendwelche stinkreichen alte Leute. In ihren teuren Kleidern und Anzügen sahen die restlichen Besucher bei weitem nicht so prachtvoll aus.
Der DJ der engagiert wurde, spielte leise Musik. In wenigen Minuten füllte sich der Saal mit den restlichen Gästen und der Rektor zusammen mit ein paar Professoren hielten eine Rede, von wegen wie toll unsere Uni und die Stadt doch sei. Jedes Jahr das Gleiche an Schwärmereien.
Ich suchte in der Menschenmenge nach Tori, die vermutlich wieder irgendwo mit Hunter unterwegs war. Anscheinend bekam Villan mit, dass ich sie suchte und meinte, die beiden seien bei dem restlichen Footballteam.
„Müssen wir beide jetzt dahingehen und denen beweisen, dass wir hier heute zusammen aufgetaucht sind?", fragte ich so leise, dass nur er es hörte.
„Vermutlich schon. Früher oder später werden sie eh nach uns sehen, lass es uns einfach hinter uns bringen.", meinte James und hielt mir seinen Arm hin, damit wir Arm in Arm zu den Anderen gehen konnten. Ich verdrehte nur die Augen und hackte ein.„Die zwei sich wohl meist hassenden Personen in einem Raum, ohne dass Stühle fliegen, wow.", begrüßte uns Liam, einer aus dem Team. Ich sah Tori und wie sie abwechselnd James und mich verwirrt ansah. Genau deshalb hatte ich ihr nichts von den gegenseitigen Drohungen uns zu verpetzen etwas gesagt. „Ich wusste gar nicht, dass sie eingewilligt hat.", sprach er, an Villan gerichtet, weiter. Darauf sagte keiner von uns beiden etwas, denn freiwillig ohne etwas Druck, hätte ich nie eingewilligt.
Ich ging rüber zu Tori und er ging zu seinen Jungs. Sofort bombardierte sie mich mit tausend Fragen. „Wieso hast du mir nicht erzählt, dass du mit ihm kommst? Das ist ja das Highlight des Jahrhunderts.", jubelte sie. Ich schaute an ihr vorbei um zu sehen, wie die Jungs sich Alkohol in Flachmänner abfüllten. „Vergiss nicht was für ein Mensch er ist. Er ist ein Arsch.", entgegnete ich ihr. Sie nickte mir zustimmend und wir gaben uns gegenseitig Komplimente, wie hübsch wir doch aussahen.
# # #
Als der DJ dann zum ersten Tanz aufforderte, hoffte ich so sehr, dass Villan nicht zu mir rüberkommen würde. Doch er tat es, jedoch nicht um mit mir zu tanzen, sondern damit wir zusammen zu den Getränken gingen. Tori war mit Hunter auf der Tanzfläche verschwunden.
„Ist es zu fassen, dass wir nicht zanken? Unfassbar, nicht?", gab er von sich, während er sich eine Cola schnappte. Ich nahm mir auch eine.
„Tja, wenn das Mal einfach so passieren würde, dann ja, aber so wie sich die Sachen geregelt haben nun nicht besonders verwunderlich.", erwiderte ich.Es war wirklich mal nett normal mit ihm zu reden. Vielleicht lag das aber auch an dem Alkohol, den er trank. Weiter schwiegen wir und schauten den Tanzenden zu.
Hin und wieder erblickte ich Tori's weißes Kleid.
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Haters or Lovers?
RomanceEine 20-jährige, unscheinbare Studentin aus Nebraska namens Cora Harred. Sie lebt ein durchgeplantes Leben, was ihr irgendwann so öde vorkam, dass sie sich dafür entschied, die Uni abzubrechen. Wäre sie sich aber über die Konsequenzen ihres Handelns...