Kapitel 14

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Cora

Nachdem wir aus dem Restaurant raus waren, ging James wieder bis zum FBI um weiter zu arbeiten und ich überlegte, was ich den Nachmittag noch tun könnte. Mir fiel ein, dass ein paar Dokumente noch bei meinen Eltern lagen, die ich gestern vergessen hatte. Gestern. Es fühlte sich schon wie eine halbe Ewigkeit an. Und der Gedanke versetzte mir wieder einen Stich. Es tat weh, verstoßen worden zu sein.

Ich fackelte nicht lange rum und fuhr los. Man brauchte eine halbe Stunde um in das Viertel zu kommen, indem ich gewohnt hatte. Als ich sah, dass kein Auto vor dem Haus stand, atmete ich auf. Es war niemand da, ich machte es kurz, rein meine Dokumente holen, nochmal nachsehen, ob ich irgendwas in meinem Zimmer vergessen hatte und dann wieder raus.

Dieses Mal ließ ich jedoch den Haustürschlüssel auf dem Küchentresen liegen. Ich spürte, wie sich ein Kloß in meinem Hals bildete. Jetzt konnte ich sogar, wenn es hart auf hart kommt nicht nach Hause. Aber es war nicht mehr mein Zuhause. Ich war an nichts mehr gebunden und konnte meinen freien Willen durchsetzen.

Als ich mir das mehrmals bewusst gemacht habe, ging es mir ein bisschen besser und ich entschied mich, einkaufen zu gehen. Lincoln war sehr groß, weshalb es hier Unmengen an verschiedenen Läden und Shops gibt. Eine Großstadt halt.

Ich ließ mir ordentlich Zeit und wollte gerade zur Kasse gehen, als ich Tori sah. Tori. Die, die bei ihrer Familie war, beziehungsweise es gewesen sein sollte. Im selben Moment erblickte sie mich und wurde so kreidebleich wie ein Schwarzes Mädchen eben werden konnte. Ich ging auf direktem Wege zu ihr, denn ich wollte eine Erklärung.

„Cora, hey na, was machst du denn hier?", stotterte sie nervös. Sie sah sich nach allen Seiten um, vermutlich um einen Fluchtweg zu finden.
„Hey Tori, na wie ist es bei deiner Familie?", stellte ich als Gegenfrage.

„Äh, ich-", sie hielt inne und sah an mir vorbei hinter mich. Ich drehte mich um und sah ihre Mutter. „Cora, bitte-"

Doch ich schnitt ihr das Wort ab. Ihre Mutter war eine rundliche Frau Ende Anfang fünfzig, sie trug schlichte, eher alt wirkende Kleidung und hatte ihr Haar, so wie ich es schon mein ganzes Leben lang kannte, Kinn lang. „Hallo Mrs Munro. Na wie war Ihr Ausflug zu ihrer Familie in Denver, hm?", erkundigte ich mich bei ihr. Ihre dunkle Stirn zog sich zu Falten. „Hey Cora. Wie kommst du drauf, dass wir in Denver waren?", fragte sie erstaunt. Tori stand nur schweigend neben mir.

Sie sah, dass sie keine Chance mehr hatte. „Ach, Tori hatte mir erzählt, dass ihr beide seit Ende letzter Woche dort wärt. Und ich bin davon ausgegangen, dass ihr immer noch dort seid.", erläuterte ich so ruhig wie möglich, ich wollte hier keinen Aufstand machen. „Tori? Wieso erzählst du denn sowas?", fragte sie nun an ihre Tochter gerichtet. „Ist aber auch egal", unterbrach ich sie.

„Ich wollte sowieso gerade gehen.", entgegnete ich. Ich machte kehrt und ging nun aber wirklich auf direktem Wege an die Kassen.

Wieso hat Tori das denn gemacht, fragte ich mich während ich wieder zum FBI fuhr, um James abzuholen. Es war schon spät am Nachmittag und die Sonne war schon fast untergegangen. Die Straßen waren überfüllt, weshalb ich fast doppelt so lange gebraucht habe. Ich parkte vor dem Gebäude und stellte den Motor ab. James war noch nicht da.

Tori hatte mich angelogen. Sie war eine Woche lang nicht bei der Uni und hatte mir gesagt, sie bei ihrer Familie. Aber wieso? Was war denn los, dass sie mich nicht sehen wollte und deshalb gelogen hatte? Am Tag davor konnte ich nicht mal zu ihr fahren, da ich dachte, sie sei nicht da.

Nur deshalb war ich jetzt bei James. Hätte sie mich denn auch so bei meiner Entscheidung unterstützt? Sie war zwar voll das Partygirl aber nahm ihr Studium sehr ernst. Und dass ich meins abgebrochen hatte, fände sie bestimmt auch nicht so toll. Sie hätte mich, so wie ich sie kenne, in keinem Punkt unterstützt. James schon.

Wie aufs Stichwort kam er schon, nun aber in seiner normalen Kleidung. „Na? Wie sieht's aus? Was ist denn mit dir los?", trällerte James erst, bis er mein niedergeschlagenes Gesicht sah, als er einstieg.

Er musterte mich besorgt. „Ich habe dir doch gestern gesagt, das Tori nicht da ist, richtig? Tja, sie war nie weg.", entgegnete ich. Er schüttelte nur verständnislos den Kopf. „Aber wieso macht sie das?", warf er die Frage in den Raum. „Frag mich erst.", blockte ich ab. Ich hatte mir lange genug Gedanken um sie gemacht. Es war ihre Entscheidung, nicht dass sie richtig war, aber anscheinend war es das, was sie wollte. Beste Freunde...

„In welcher Werkstatt steht dein Auto.", fragte ich, nachdem ich mich beruhigt hatte. „Die ist an der Creek Road, soll ich es in das Navi eingeben?", erkundigte James ruhig. Ich nickte nur.

Als wir dort ankamen, stieg James aus und ich wartete im Auto, bis er wieder zurückkam, und mir sagte, ich solle ihm mit meinem Auto folgen. Wie er es mir gesagt hatte, so tat ich es auch und wir waren eine Stunde später, aufgrund des späten Berufsverkehrs endlich in seiner Wohnung.

Zum Glück hatte ich beim Einkaufen nicht so viele kalt lagernde Lebensmittel, egal, es war draußen sowieso unter null Grad. Die Wohnung war aber gefühlt auch nicht viel wärmer. Ohne zu zögern, drehte ich die Heizung auf, worüber James nur lachen konnte.

„So eine Frostbeule, Harred?" Ich sah in verdutzt an. Harred. So hatte er mich eine Ewigkeit nicht mehr genannt. „Was, kommen jetzt die alten Spitznamen wieder, Villan?", stellte ich als Gegenfrage. „Ich weiß nicht, Cordelia."

Das wars mit ihm.

Ich schnappte mir ein Kissen vom Bett und warf es nach ihm. 

Das kam anscheinend so unerwartet, denn ich traf genau in sein Gesicht. Aus Spaß warf ich noch ein zweites hinterher, da kam mir aber schon das Erste wieder entgegen.

„Nenn mich noch einmal so, dann-"
„Dann was, huh?", rief er lachend. Er lief auf mich zu, schnappte meine Beine und warf mich über seine Schulter. „Hey, las mich wieder runter!", rief ich kreischend und lachend gleichzeitig.

Ich schlug spielerisch mit meinen Fäusten auf seinen muskulösen Rücken, was natürlich absolut nichts brachte. Er schmiss mich aufs Bett und fing mich an zu kitzeln, so sehr, dass ich kaum noch Luft vor Lachen bekam. Inzwischen war er schon über mir.

Ich lachte grunzend wie ein Schwein. „Hör, nein hahahaha.... Hör aaaauuuuffff hahaha...", versuchte ich mich irgendwie zu währen. Aber es brachte nichts. „Nein das werde ich nich-"

Mein Knie schmetterte gegen seine Nase und er zog sich von mir runter...



[ ~ 1089 Wörter] 

Haters or Lovers?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt