Kapitel 47

14 1 0
                                    

Cora

Da kam schon Camille in Begleitung von Jack wieder. Dieser räusperte sich und ich bemerkte, wie er es vermied mir in die Augen zu schauen. „Also, um eins klarzustellen, sie", er blickte auf Marylin „ist unfassbar wichtig für die weiteren Ermittlungen. Aber wenn wir das hier besprechen sollte sie auf keinen Fall dabei sein.", erwähnte Jack.

Mit einem fordernden Blick verließ wie widerstrebend den Meetingraum. „Anscheinend waren die Beiden auf derselben High-School und hatten sich letzte Woche im Legend Outlets getroffen, das haben wir den Überwachungskameras entnommen.", begann er zu erklären.

„Und was hat das zu beweisen?", erkundigte ich mich missbilligend.
„Das wollte ich gerade erläutern. Sie hat auch zusammen mit ihm ein Projekt begonnen, ganz ähnlich wie das, dass jetzt läuft, nur ohne die negativen Umstände. Sie waren enge Partner, bis sie sich dann getrennt haben. Das Ganze ist über 20 Jahre her.", erläuterte er weiter. Eine kurze Pause entstand.

„Und was heißt das für unsere jetzigen Ermittlungen?", erforschte James. „Sie sind vermutlich jetzt auch Partner und sie weiß vermutlich alles.", entgegnete Camille. „Dann verhört sie doch! Wieso verschwenden wir dann noch Zeit?", forderte nun ich. „Sie hat recht. Bringt Marylin in einen Verhörraum. Sofort.", kommandierte James an.

Jack und Camille verschwanden hinter den Türen und bereiteten alles vor. Jetzt erst konnte ich meine Gefühle und mein Entsetzen gegenüber diesem Verrat freien Lauf lassen, aber ich konnte nichts anderes tun, als Löcher in die Luft zu starren.

James sah mich besorgt an. „Cora, ich schwöre, ich wusste gar nichts davon. Sonst hätte ich dich natürlich gewarnt.", begann er sich zu verteidigen, obwohl ich nicht mal was gesagt hatte.

„Ich weiß das, James.", versicherte ich ihm. „Aber vielleicht löst sie jetzt die endlosen Rätzel.", vermutete ich. „Kann schon sein.", seufzte er und kam ein paar Schritte auf mich zu.
„Hey, lass den Kopf nicht hängen.", ermutigte er mich und legte seinen Zeigefinger an mein Kinn. „Bitte, nicht hier.", blockte ich ab, da ich wusste, dass er mich küssen wollte. Das konnte ich hier aber nicht, obwohl ich es jetzt am liebsten getan hätte.

„Wirst du sie verhören?", lenkte ich irgendwie vom Thema ab. „Ja, definitiv. Sonst werden uns wieder Informationen vorenthalten.", konterte er. „Dann solltest du los. Habt ihr hier auch so coole Nebenräume, die hinter gespiegelten Scheiben sind und man mithören kann?", erkundigte ich mich. „Ja, die haben wir.", entgegnete er mir lachend.

James und ich verschwanden in Richtung Verhörräume.

James

Ich hatte schon dutzend von Menschen verhört. Aber dieses Mal war es etwas anderes, es war Coras Mutter, die sie im Stich gelassen hatte. Ich hatte ihr und Coras Vater gegenüber so einen großen Hass, da sie dem Menschen, den ich liebte, so wehgetan hatten. Den ich liebte? Liebte ich sie? Also definitiv bedeutete sie die Welt für mich und irgendwie ging sie immer vor. Ja, das klang ganz nach Liebesgeschwätze, obwohl ich davon gar keine Ahnung hatte.

Irgendwie.

Ich dachte darüber nach, ob ich es ihr sagen sollte oder nicht. Fühlte sie denn dasselbe? Naja, sie wohnte quasi bei mir, hat früher schon für ein paar Tage bei mir gewohnt und reagierte auf mich wie auf niemand anderen.

Die Verhörräume waren im ersten Stock gewesen. Marylin saß lässig wie eh und je auf dem Stuhl, als wäre sie nicht in diesen Fall verwickelt. Ich hatte Cora zuvor gesagt, dass sie auf die Körpersprache ihrer Mutter achten sollte und mir anschließen Bescheid geben sollte, ob ihr irgendwas aufgefallen ist.

Es ließ sich ewig lange nichts aus ihr rausquetschen, bis ich auf Bel Hoven selbst gekommen bin. „Der Typ ist ein skrupelloser Mistkerl.", erklärte sie. Aber das war das Einzige in den zehn Minuten, in denen ich mit ihr im Raum gewesen bin.

„Das wird so nie was.", entgegnete ich Cora frustriert. „Lass den Kopf nicht hängen.", versuchte Cora mich so wie ich sie eben aufzumuntern, was mich etwas zum Schmunzeln brachte. „Kann ich mit ihr reden?", fragte sie dann unerwartet.

„Können, kannst du schon, aber willst du das auch?", stellte ich als Gegenfrage. Sie seufzte. „Ich habe etwas, was sie so umhauen wird, dass sie reden wird wie ein Wasserfall. Ich habe dir nie erzählt, wie meine Schwester gestorben ist, oder? 

Naja, sie ist eigentlich der Grund, wieso ich hier bin. Sie wurde entführt und dann ermordet. Das hat mich inspiriert andere vor so einem Schicksal zu bewahren oder ihnen immer hin dabei zu helfen, dies zu verarbeiten."

Mir fehlten die Worte. Ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper und meine Augen weit aufgerissen. Ein Gefühl von Unglauben und Übelkeit machten sich in mir breit. 

„Ich weiß, das ist vielleicht jetzt ein bisschen viel, aber ich glaube meine Mutter hat mit ihm zusammengearbeitet, weil Bel Hoven damals schon ein Verdächtiger gewesen ist. Die Geschichte wiederholt sich, James. Aber in einem viel größeren Ausmaß.", erklärte sie mir. „Die Erkenntnis kam mir erst jetzt, wo sie wieder hier ist."

„Aber wie willst du sie damit zum Reden bringen?", fragte ich verdattert. „Tja, den Vorteil, den ich habe, ist, dass sie nichts davon weiß. Das werde ich ausnutzen. Also, kann ich?", bat sie. „Äh ja klar, ich bleibe dann hier. Pass auf dich auf.", entgegnete ich ihr. Cora lächelte mich halbherzig an. 


[ ~ 849 Wörter] 

Haters or Lovers?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt