20. Kapitel

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Grob zieht der Engländer an ihrem Arm und nimmt sie mit. „Wo bringt Ihr mich hin?", fragt sie verbissen und versucht sich aus seinem Griff zu winden. Sie kann weder Jack noch Edward in diesem Durcheinander sehen und muss genervt feststellen, dass sie nun auf sich selbst gestellt ist. „Zu jemanden der sich freut Euch endlich wiederzusehen", sagt er neutral, doch ist sie sich sicher, dass das Unheil nicht lange auf sich wartet lässt. „Wer ist dieser 'Jemand'?", versucht sie herauszufinden wer sie so dringen sehen will. „Mein Vorgesetzter." Und da fällt es Ihr wie Schuppen von den Augen und spricht ihren Verdacht auch so gleich aus: „Admiral Lowrence Norrington." Der Offizier antwortet nicht, doch ist er für sie die Einzige Person die in Frage kommt. „Er ist tatsächlich ein wenig nachtragend", stellt sie belustigt fest und folgt dem Mann mit Wiederwillen.

Er führt sie, wobei das noch nett ausgedrückt ist, vorbei an duzenden Häusern, Gassen und Menschen. Sie versucht sich bemerkbar zu machen, dass sie gerade entführt wird, doch anscheinend bemerkt es keiner oder übergeht es gekonnt. Genervt folgt sie ihm, da sie keinen anderen Ausweg sieht. „Sind wie bald da?", fragt sie wie ein Kind und stöhnt gelangweilt auf. Der Mann antwortet jedoch nicht, sondern beschleunigt einfach nur seine Schrittgeschwindigkeit. „Wenn Ihr noch schneller lauft können wir auch rennen", beschwert sie sich über die Schrittlänge ihres Entführers. Er ist aber nicht wirklich gesprächig und so verläuft der Rest der Wanderung stumm.

Zu ihrer Überraschung verlassen sie die Stadt und damit auch die gepflasterte Straße. „Ich bezweifle doch sehr stark, das sich der Admiral hier im Nirgendwo aufhalten wird", versucht sie ein Wort aus dem Mann zu bekommen. Dieser ist jedoch nur wenig beeindruckt und geht einfach weiter. Der Weg gleicht nur noch einem Trampelpfad und so müssen sie hintereinander laufen. Die umliegenden Bäume stehen dicht beieinander und lassen nur wenig Licht durch ihre Baumkrone scheinen. Dadurch fröstelt sie leicht und obwohl sie recht lange Kleidung trägt gelangt der kühle Wind an die nicht bedeckten Stellen. Sie kann nicht ganz nachvollziehen, weshalb sich ein angesehener Mann der Navy hier im nirgendwo beinahe versteckt. „Ist Euch Euer Leben lieb?", fragt sie scheinheilig, „denn dann solltet Ihr mich schleunigst gehen lassen." Unbeeindruckt läuft er weiter und umgreift ihren Arm nur noch fester. Augenrollend folgt sie ihm einfach. Im Inneren ist sie doch ein wenig neugierig was Norrington von ihr möchte, außer Rache und vielleicht, aber nur vielleicht sieht sie ja auch den jungen Norrington.

„Da wären wir", kommt doch noch ein Wort aus dem Mann heraus. Desto näher sie dem Lager der Engländer kommt, desto mehr Offiziere kommen ihr entgegen und jeder schaut sie schräg von der Seite an. Tief im Wald stehen mehrere große, weiße Zelte die einen guten Kontrast abgeben zu der sonst grünen Gegend. Ein Zelt stich aber besonders heraus, da es noch die englische Flagge auf dem Dach trägt und genau zu diesem Zelt wird sie hingeleitet. Vor der provisorischen Kommandozentrale bleibt er stehen, stellt sich aufrecht hin und zerrt sie an seine Seite, da sie sich mit einer fremdartigen Blume beschäftigt. „Admiral Norrington, ich fand die gesuchte Person, welche ihr unbedingt in Gewahrsam nehmen wollt", sagt der Mann laut und deutlich und wartet geduldig darauf das sich etwas im inneren regt. Dies tat es auch und Sekunden später reißt niemand geringer als Norrington die Plane beiseite, die es verhindert hinein zu schauen. „Ausgezeichnet", sagt er, „bringt unseren Gast doch hinein." Verwirrt über diese Freundlichkeit tritt sie ein und wird von einer angenehmen Wärme empfangen. „Setzt Euch doch." Er zeigt mit der offenen Hand auf einen Stuhl und da ihr nichts anderes übrich bleibt leistet sie der Bitte folge. „So sieht man sich wieder, aber was wollt Ihr diesmal von mir?", fragt sie frei heraus und fasst sich an den Arm, da der feste Griff doch ein wenig schmerzt. „Eure Kooperation", antwortet er gelassen und setzt sich ihr gegenüber. „Ihr dürft wegtreten", wendet er sich an ihren Entführer. Er tut dies auch und so sind sie allein in dem Zelt. Der Rasen unter ihren Füßen lässt sie ein wenig mit dem Stuhl wackeln und so wippt sie leicht hin und her. Vor ihr steht ein einfacher Tisch auf dem allerhand Gerümpel steht und um ihn herum noch ein paar Stühle, das war's auch schon mit der Inneneinrichtung, es ist eben auch nur ein provisorisches Lager. „Wie sieht diese Kooperation aus und was habe ich davon?", fragt sie etwas abwesend, da sie sich lieber mit dem Sextant beschäftigt, der auf dem Tisch liegt. „Es ist eigentlich ganz einfach", fängt er an sich zu erklären, „Kenway ist mir jetzt schon zu lange ein Dorn im Auge und er schafft es immer wieder auf meinem Radar zu verschwinden und da kommt Ihr ins Spiel." Genervt muss sie aufschnauben, da es wieder einmal um die Rivalität der beiden Männer geht, doch lässt sie ihn ausreden. „Ihr sollt mir Bericht erstatten, was er vorhat und wo er sich aufhält. Ich habe aus verlässlichen Quellen in Erfahrung bringen können das Ihr die Person seid der er am meisten vertraut, daher wird er Euch auch sicher ins Geschehen und in seine Pläne mit einbeziehen." Lachend schaut sie durch das Guckloch und schaut sich im Raum um. „Ihr glaubt also wirklich, dass ich ihn hintergehen werde? Ihr seid wahrlich töricht", erwidert sie grinsend auf diesen Vorschlag. „Ihr habt gar keine andere Wahl, da es Euch sonst an den Kragen geht", sagt er ganz beiläufig, doch dadurch hat er ihr Interesse geweckt. „Was genau meint Ihr?", fragt sie leicht verunsichert, da sie nicht verstehen kann was er gegen sie in der Hand hält. „So ein hübsches Gesicht wie Eures vergisst man nicht so schnell und so ergeht es der übrigen Besatzung der Deap See II nicht anders", erzählt er und sie muss dabei schlucken, also hat er es schlussendlich doch herausgefunden. „Also", beginnt er noch einmal, „entweder Ihr bespitzelt Kenway, oder ich nehme Euch mit nach Port Royal und Ihr erhaltet Euren Prozess der unweigerlich mit dem Tod endet." Sauer über diesen Hinterhalt legt sie den Sextant wieder auf den Tisch und funkelt ihn finster an. Sie weiß das sie keine andere Wahl hat und willigt ein: „Schaut nicht so siegessicher. Es wird der Tag kommen an dem Euch all das Unheil wiedereinholt, welches Ihr verbreitet." „Nun, bis dahin habe ich mein Ziel erreicht und alle Piraten vom Antlitz dieser Erde vertrieben und wenn ich es nicht schaffen sollte, dann tut es mein Sohn", sagt er stolz und erhebt sich. „Ihr seid geblendet von Eurem Hass, das Ihr das Böse vom Guten nicht unterscheiden könnt und so wird auch Euer Sohn daran erkranken", erwidert sie erbost. „Wie soll ich das verstehen?" „Es tut mir leid, wenn Ihr es nicht sehen könnt, aber er wächst nicht in einer neutralen Umgebung auf sondern wird von Euch geformt." Das Gespräch erhitzt sich und so auch die Lautstärke, so dass man das Gespräch sogar außerhalb verfolgen kann. „Wie könnt Ihr es wagen über mich und meine Erziehung zu urteilen?", fragt er sauer und schaut sie böse an, sie dagegen zuckt nur mit den Schultern. „Es ist nur eine Feststellung", antwortet sie nun wieder gelassen, da sie sieht das es keinen Sinn hat gegen ihn zu reden, „darf ich dann gehen?" „Mein Sohn ist in England und wird ausgebildet ein hochrangiger Offizier zu werden, so wie sein Vater", versucht er sich abschließend noch einmal zu rechtfertigen. Sie muss leicht grinsen, da sie es geschafft hat den Admiral so aus der Fassung zu bringen, das er den Aufenthaltsort seines Sohns preisgibt. „Ich hoffe einfach, das er eine größere Weitsicht hat", sagt sie und steht ebenfalls auf, „nichtsdestotrotz würde ich jetzt gerne gehen, sonst legt die Riptide ohne mich ab und das ist doch sicher nicht in unser beider Interesse." Der Admiral schaut sie weiterhin sauer an, doch sieht er ein, dass sie recht hat. „Jefferson!", brüllt er laut ohne Jyndira aus den Augen zu lassen. Der Besagte hebt überraschend schnell die Plane und tritt ein. „Was gibt es?", fragt er und salutiert. „Bringt sie zurück zur Stadt, wir wollen ja nicht das sie auf falsche Gedanken kommt und gebt ihr einen Korb mit einer Taube", ordnet er an und versucht seinen Zorn zu verstecken. Der Offizier nickt einfach nur und geht auf sie zu. „Kommt", richtet er sich an sie und will sie am Arm packen, doch entzieht sie sich schnell dem Griff. „Das wird nicht nötig sein", antwortet sie und schaut den Mann an. „Nun denn, folgt mir." Er verlässt das Zelt und sie läuft ihm trotzig hinter her, aber bleibt kurz bevor sie das Zelt verlässt stehen. „Es war mir eine Ehre mit Euch Geschäfte zu machen", sagt sie noch leicht sarkastisch zu Norrington und verlässt nun endgültig das Zelt.

„Ich möchte mich für ihn entschuldigen, aber er ist auf seinen Sohn nicht gut zu sprechen und noch weniger mag er es über ihn zu sprechen", entschuldigt sich der Offizier namens Jefferson für seinen Vorgesetzten. „Ist schon gut, ich habe ihn auch gereizt." Scheinbar ist dieser Mann sehr neugierig, daraus kann sie Ihren nutzten ziehen. „Wieso ist das Verhältnis der Beiden denn so schlecht?", fragt sie ehrlich interessiert und hofft auf eine wahrheitsgemäße Aussage. „Nun der Admiral transportiert seine Wut auf den Jungen, da ja nicht gewiss ist, ob er sein wahrer Sohn ist, das darf aber nichts neues sein, das ist schließlich ein alter Hut. Doch an dem jetzigen Verhältnis tragt Ihr ein wenig Schuld mit, da Ihr einst den jungen James rettetet", erklärt er und gemeinsam laufen sie zu einem anderes Zelt, welches ein wenig abseits steht. „Wie meint Ihr das?" „Da Ihr in den Kreisen von Piraten verkehrt nimmt der Admiral an, dass ihr ebenfalls einer seid. Doch erzählte mir James einst, das dem nicht so ist. Sein Vater weiß davon aber nichts und kann es nicht akzeptieren, dass er durch die Hand eines, angeblichen, Piraten gerettet worden ist. Er kann mit dieser Schande nicht leben und behandelt ihn dadurch nur noch schlechter", berichtet er und in ihr macht sich ein schlechtes Gewissen breit. „Macht Euch aber keine Sorgen", versucht er sie zu beschwichtigen, „tief im Inneren hat er etwas für den Jungen übrig und ist froh darüber das er nicht starb." Das hilft ihr zwar nicht im Geringsten, dennoch ist sie für den Versuch dankbar. „Hier entlang." Er führt sie hinein in das Zelt und hebt die Plane hoch und umgehend kommt ihr ein miefender Geruch entgegen, der sehr nach Tier riecht. Angeekelt rümpft sie die Nase und schaut ihn leicht angewidert an. „Ihr könnt nur mit uns in Kontakt bleiben, wenn Ihr uns eine Nachricht übermitteln könnt", erklärt er selbstverständlich und läuft zu dem Taubenstall. Er nimmt einen geflochtenen Korb und entnimmt dem Käfig ein paar Tauben und tut sie behutsam in den Korb. Verblüfft schaut sie dabei zu und ist erstaunt das die Tauben nicht einfach das Weite suchen. „Hier", er gibt ihr den Korb mit den fünf Tauben, „ich nehme an, dass ihr einen Federkiel und ein Stück Pergament an Bord habt?" „Bestimmt. Wise hat davon sicher etwas da", überlegt sie und muss feststellen, das sie ja die Nachricht aufschreiben muss, dabei kann sie weder schreiben noch lesen. „Ausgezeichnet, dann sollten wir uns auf den Weg machen, damit Ihr noch vor der Abenddämmerung in der Stadt seid", sagt Jefferson und geht aus dem Tiergehege und verlässt das Zelt. Jyndira dagegen steht etwas verloren im stickigen Raum und muss erst verarbeiten in was für eine Schlammassel sie hineingeraten ist. Doch eines steht fest, sie wird Ihren Freund auf keinen Fall hintergehen.

In the sea is more than water (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt