Sie betritt das Deck und schaut sich verwundert um. Der frische Nachtwind weht ihr ins Gesicht und leise tropft der Regen auf die Holzplanken. Nie und nimmer hätte sie gedacht das es bereits Nacht ist und sie somit einen ganzen Tag geschlafen hat. Sie umschließt ihren Körper mit ihren Armen und läuft schutzlos auf das Hauptdeck. Vereinzelt tropft der Regen auf ihre Kleidung und auf ihren Haarschopf. „Na nu? Du hier?", erklingt eine Stimme hinter ihr und ruckartig dreht sie sich um und schaut in das verwunderte Gesicht von Grey. „Ja, natürlich. Wo sollte ich denn sonst sein?", fragt sie nun ebenfalls irritiert. „Ach, ich dachte Du wärst auf Tortuga geblieben", antwortet er und fässt ihr an den Arm. „Du frierst ja. Komm ich bring Dich runter zu den Anderen." „Nicht nötig, danke. Ich wollte runter zu der Kombüse", erklärt sie ihm sein Vorhaben und ist ein wenig gerührt über seine Fürsorge. „Darüber wird Willson aber nicht erfreut sein", reagiert er auf ihre Erklärung. Sie muss leicht grinsen, da sie doch etwas übrig hat für den alten Mann. Willson war der alte Smutje, doch bereicherte er sich zu sehr und wurde daher ausgetauscht, auf Jyndira's Wunsch hin sogar ganz human. Das Verrückte daran ist, dass sie auch auf ihn nicht gut zu sprechen war. „Da stimme ich Dir zu", sagt sie und lässt das Thema mit dem neuen Koch gekonnt außen vor, da sie ihm seine Vergesslichkeit nicht zur Last legen möchte, „aber glaube mir, Du willst mich nicht hungrig erleben." Sie zwingt sich ein verbissenes Lächeln auf, da sie alles andere als satt ist. „Na gut, ich bin mir sicher das Willson da schon ein Auge zudrücken kann. Wir wollen ja keine ausgemergelte Sirene an Bord", redet er drauf los und setzt sich in Bewegung zur Kombüse. Doch Jyndira kann sich aus ihrer Starre nicht lösen. Weiß er etwa von ihrem Geheimnis? Und wie kam er darauf? Hat Teague ihm davon erzählt? Viele dieser Fragen schwirren in ihrem Kopf und vor lauter Panik schafft sie es nicht ein Wort herauszubringen. „Ist Dir eine Maus übe die Leber gelaufen?", fragt Grey besorgt als er merkt das sie ihm nicht folgt. „Wie-wie meinst Du das mit der-der Sirene?", stottert sie drauf los und starrt ihn verunsichert an. „Kennst Du denn die Mythen über sie nicht?" Belustigt schaut er sie an. „Nein, doch. Also ein paar." „Nixen greifen Schiffe an und verschlingen die Besatzung und daraus wurde eine Redewendung", klärt er sie auf und sie hat das Gefühl das der riesige Stein auf ihrer Brust immer kleiner wird, da sie sieht das er nicht sie damit meinte. Vor Erleichterung kann sie sich auch aus ihrer Starre lösen und geht auf ihn zu. „Was weißt Du noch über Sirenen?", fragt sie ehrlich interessiert. „Eine Menge, kommt drauf an was Du wissen willst", entgegnet er und gemeinsam machen sie sich auf den Weg, um in das Reich von Mr. Turin zu gelangen. „Alles. Erzähle mir einfach alles." „Nun gut. Also es gibt viele verschiedene Erzählungen und Geschichten, aber nicht jeder darf man Glauben schenken. Das Interessante ist das es verschiedene Arten von Meerjungfrauen gibt, doch vom Wesen gleicht jeder der Anderen", beginnt er mit der Erzählung und gebannt lauscht sie seinen Worten. „Sie fressen Menschen und vernichten unsere Schiffe, aber aus unterschiedlichen Interessen. Vielleicht hast Du ja schon von der Quelle der ewigen Jugend und dem Wasser des Lebens gehört?" Leicht schüttelt sie den Kopf und wartet darauf das er weiter erzählt. „Ist auch nicht so wichtig. Im Endeffekt schenkt und nimmt sie Leben, aber das nur am Rande. Um dieses Ritual zu vollziehen braucht man die Träne einer Meerjungfrau und dabei gehen die Männer nicht sonderlich zärtlich mit ihnen um." Sie versteht es umgehend und muss auch so gleichen einen Kommentar ablassen: „Wie barbarisch. Kein Wunder das sie versuchen sich zu schützen", echauffiert sie sich. „Nun, das stimmt in gewisser Weise", will er sich verteidigen doch durch den finsteren Blick seiner Gesprächspartnerin unterlässt er es und öffnet ihr die Klappe, um zum unteren Teil des Schiffes zu gelangen. „Wie dem auch sei es gibt auch andere Arten von ihnen, welche andere Interessen verfolgen. Dazu gehören die Nixen der Isla Redonda", erzählt er weiter und sieht den ungläubigen Blick von Jyndira nicht. Isla Redonda, diesen Namen hat sie schon einmal gehört. Doch kann sie sich darüber keine weiteren Gedanken machen, da Grey unbeirrt weiter fort fährt: „Sie unterscheiden sich etwas von den anderen, da sie keine Königin haben, sondern eine Älteste. Sie ist nicht gut auf uns Menschen zu sprechen, da sie einst von einem betrogen wurde, doch soll sie und ihre Sippe bis heute seiner Bitte Folge leisten." Während er das so schonungslos erzählt wird sie das Gefühl nicht los, das er von ihrem Rudel spricht. Die Insel die in ihrem Territorium liegt heißt zwar nicht Isla Redonda sondern Myjip, doch wenn man es in diese Sprache übersetzt sollte es grob 'rund' heißen. „Was für eine Bitte meist Du?" „Nun, man sagt sich, das die Älteste einst einen Menschen liebte und er sein Hab und Gut auf dieser Insel versteckte und sie bat jeden der dieser Insel auch nur zu nahe kommt zu vernichten, außer den Jenigen der die zwei goldenen Taschenuhren besitzt, doch das ist eine andere Geschichte", er versucht wieder auf das ursprüngliche Thema zurück zu kommen, doch unterbindet sie das umgehend: „was hat es mit den Taschenuhren auf sich?" Überrascht schaut er sie an, da er über diese plötzliche Euphorie erstaunt ist. „Bitte", sagt sie noch und beißt herzhaft in einen grünen Apfel hinein, den sie auf einem Fass liegen sah. „Also schön. Am besten fange ich am Anfang an..."
„Es war einmal ein Gutsherr der alles besaß was das herzbegehrte. Er hatte viel Geld, viele Frauen und ein hohes Ansehen, doch all das machte ihn nicht Glücklich, denn etwas zog ihn immer wieder hinaus auf die See. Das Verhängnis vieler Seemänner, eine Meerjungfrau. Zu der Überraschung aller erwiderte sie sogar seine Gefühle und so verbrachten sie ein paar schöne Jahre, doch endet alles Gute irgendwann und so erfuhr er eines schicksaalhaften Tages das aus einer seiner vielen Liebschaften zwei Söhne entstanden sind, Zwillinge um genau zu sein. Der Gutsherr, so pflichtbewusst wie er war, widmete sich mit viel Liebe der Aufgabe die Jungen groß zu ziehen. Die Nixe jedoch fühlte sich betrogen und in Stich gelassen.
Ein paar Jahrzehnte später waren die Jungen erwachsen und der Gutsherr alt und man sah ihm seine letzten Tage deutlich an. Und desto näher der Tag des Gerichts rückte desto streitlustiger wurden seine Söhne. Keiner gönnte dem anderen was und so zankten sie nur noch und buhlten um das Erbe ihres Vaters. Der, nun alte, Gutsherr konnte es nicht leiden zu sehen wie seine Söhne sich durch den vielen Reichtum entfremdeten und kam so auf eine Idee. Er ließ zwei Taschenuhren bei einem Goldschmied anfertigen und schenkte jedem seiner Söhne eine. Doch war er sehr trickreich und versteckte sein ganzes Hab und Gut. Kurz vor seinem Ableben erzählte er seinen Söhnen was es mit den Taschenuhren auf sich hat, denn sie waren keine Gewöhnlichen. Die Eine zeigte den Raum und die Andere die Zeit und nur durch diese Taschenuhren soll man sein Versteck finden können. Doch verstanden die beiden nicht worauf ihr Vater abzielte und so suchten sie getrennt nach dem 'Schatz', da sie alles für sich behalten wollten. Dies funktionierte aber nicht und so verzweifelten beide und fanden auf hoher See einen grausamen Tot. Bis heute soll sich sein gesamter Besitz auf dieser Insel, Isla Redonda, befinden und viele Seefahrer sind bei der Suche verrückt geworden. Was genau mit den Taschenuhren passiert ist weiß niemand genau, aber man braucht beide um an das Gold zu kommen, denn sollte man nur eine in seinem Besitz haben stellt sich einem immer noch ein Problem in den Weg, die Meerjungfrauen. Der alte Mann bat nämlich seine alte Flamme darum, darauf aufzupassen, das auch nur wirklich die Jenigen auf die Insel kommen die auch beide Uhren besitzen..."
Gelassen berichtet er von der Geschichte doch in Jyndira's Kopf geht gerade ein Licht an. Kein kleines, welches schnell wieder verschwindet, sondern ein richtig Großes. Man könnte beinahe von einem lodernden Feuer sprechen, das mit jeder Sekunde an Größe gewinnt. „So viel zu der Legende, aber bis heute tauchten diese beiden Uhren nur selten auf und verschwanden auch schnell wieder", versucht er ihr die Hoffnung zu nehmen, doch das geht nicht mehr. Hibbelig schluckt sie den letzten Bissen rohen Fisch herunter und bei Grey dreht sich bei ihren Essgewohnheiten der Magen um. „Das muss ich unbedingt Edward erzählen", sagt sie aufgeregt und leckt sich den letzten Finger ab. „Wieso das?", fragt der ältere Herr sichtlich verwirrt, „wer ist Edward?" Lächelnd schüttelt sie den Kopf und schaut ihm tief in die Augen: „Danke, für alles." Sie flitzt los und lässt den völlig verwunderten Grey stehen.
Mit großen Schritten rennt sie die Treppe zum Oberdeck hinauf, um Kenway von den guten Nachrichten zu berichten. Durch das Gespräch mit Grey weiß sie nun auf welchen Schatz er abzielt und das es nicht nur ein Mythos ist, denn sie hatte bereits beide Taschenuhren in der Hand und weiß, so ungefähr, wo sie sich befinden. Die eine schenkte sie unwissentlich James Norrington und die andere fischte sie vom Meeresgrund und bezahlte damit mit dem Leben ihrer Mutter. Sie weiß somit mit Sicherheit wo sich die eine befindet, doch ist es eine Frage der Nostalgie, ob der junge Norrington noch die Uhr bei sich trägt.
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In the sea is more than water (Fluch der Karibik FF)
FanfictionPiraten sind wohl die gefürchtetsten Dinge auf hoher See. Sie plündern, brandschatzten und stehlen und keiner ist vor ihnen sicher. Kein Wunder, das sie auch als Dämonen des Wassers bezeichnet werden, doch wird unterschätzt das die wahre Gefahr aus...