21. Kapitel

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„Ihr segelt doch schon seit langer Zeit unter dem Kommando von Norrington, oder?", fragt Jyndira nach langer Zeit des stummen Laufens. In der zwischen Zeit ist es dunkel geworden und so schaffen sie es doch nicht vor den letzten Sonnenstrahlen die Stadt zu erreichen. Etwas unbeholfen stolpert sie über fast jeden zweiten Ast der ihren Weg kreuzt und belustigt schaut Jefferson ihr zu wie sie versucht nicht das Gleichgewicht zu verlieren. „Ja, ich wurde vor 15 Jahren hierher versetzt. Damals hatte ich noch die Absicht auf hoher See das Wellenverhalten zu studieren und zu analysieren, doch kam ich nicht wirklich dazu, da Norrington kein normaler Captain war. Er war schon früher von der fixen Idee besessen Piraten zu jagen, doch diese Idee verstärkte sich mit der Geburt seines Sohnes, den Rest kennt Ihr ja", erklärt Jefferson und wischt sich den Schweiß von der Stirn, dabei rutscht seine Perücke leicht nach links und sie kann sein braunes Haar erkennen. „Wie kamt Ihr auf die Idee, dass man die Wellen analysieren kann? Ich meine ist das Meer nicht unberechenbar und daher so gefährlich?" Über diese Aussage muss er grinsen, da er früher genauso gedacht hatte. „Das dachte ich früher auch, bis einmal ein alter Mann in das kleine Wirtshaus kam, welches meine Familie bewirtschaftete und mich vom Gegenteil überzeugte. Er erklärte mir, das der Mond Einfluss auf das Meer hat, genauso wie das Wetter. Das faszinierte mich so sehr, das ich mit einem stolzen Alter von 10 Jahren der Navy beitrat und dort hoffte mehr Antworten zu finden. Doch kam es nicht so wie ich es mir gedacht habe und wurde letzten Endes ein überqualifizierter Offizier", beendet er seine Lebensgeschichte. „Also konntet Ihr eure Studien nicht beenden? Zu Schade, ich hätte gerne gewusst was es mit den Wellen auf sich hat", antwortet sie leicht frustriet und schaut auf den Boden, um eventuelle Stolpergefahren rechtzeitig zu erblicken. „Nein, leider nicht, aber ich hörte das sich Merlin Wise auf der Riptide befindet. Ich kam leider nie zu dem Vergnügen ihn persönlich anzutreffen, doch könnt Ihr ihm gerne von mir berichten und auch von dem was ich Euch gerade erzählt habe", sagt er und ein leichter Hauch von Stolz schwingt in seiner Stimme mit. „Wenn es sich ergibt, werde ich ihn auf jeden Fall darauf ansprechen." Dies war tatsächlich ernst gemeint, da sie merkt das Jefferson ein wenig anders ist als die übrigen Offiziere, wobei sie das nicht wirklich beurteilen kann, da sie nur zwei persönlich kennt. „Darf ich Euch eine eher persönliche Frage stellen?", fragt sie kleinlaut. Stirnrunzelnd schaut er zu ihr hinunter. „Kommt auf die Frage an." Sie sieht das einfach als Einladung an und schießt auch so gleich drauf los: „Wisst Ihr zufällig was aus Norrington's Sohn geworden ist?" „Nicht direkt. Er ist nach dem Vorfall mit Teague und Euch vor ein paar Jahren wieder zurück nach England gefahren und bekommt dort eine Ausbildung damit er in die Fußstapfen seines Vaters treten kann. Ich glaube er ist jetzt 17 Jahre alt, wenn mich nicht alles täuscht. In fünf Jahren ist die Amtszeit seines Vaters vorbei und dann wird er sicher hierher versetzt. Warum fragt Ihr?", fragt er abschließend und die Röte schießt ihr ins Gesicht, zum Glück ist es dunkel daher kann er es nicht sehen, doch ist es ihr trotzdem unangenehm. „Ach, nur aus Interesse", sagt sie scheinheilig und beschleunigt ihre Geschwindigkeit. „Er sprach ein paarmal von Euch", erzählt Jefferson und schon wird sie wieder hellhörig. „Tat er das?", voller Hoffnung schaut sie ihn an, dabei kann sie dieses plötzlich aufsteigende Glücksgefühl gar nicht verstehen. „Ja, zumindest als ich ihn noch sah. Sein Vater unterband jedoch jegliche Diskussion über Euch, ich bin mir sicher Ihr könnt Euch denken weshalb." Verstehend nickt sie und richtet ihren Blick wieder auf den Weg. „Ihr tatet damals das Richtige und ich bin Euch dankbar das ihr es tatet", bedankt er sich über die Rettung seines Schützlings. Erwidern tut sie darauf nicht, da sie grade mit ihren Gefühlswallungen kämpft. Doch am schlimmsten für sie ist, das sie nicht verstehen kann woher diese Empathie für den Jungen kommt. Sie hat ihn für ein paar Stunden gesehen und seit dem geht er ihr nicht mehr aus dem Kopf, sie verweichlicht wirklich.

„Soll ich Euch noch zum Hafen begleiten? Zu dieser Stunde ist es noch gefährlicher, als am Tag", fragt er mit ein wenig Sorge. „Nein, danke. Ich schaffe das schon, es wäre sonst zu auffällig, wenn Ihr an meiner Seite bliebt." „Inordnung. Um auf schnellstem Wege zum Hafen zu kommen müsst Ihr einfach dieser Straße folgen", er zeigt in die Richtung in die sie gehen soll, „Auf Wiedersehen." „Dankeschön." Und so laufen die beiden in entgegengesetzte Richtungen. Da sie nun allein ist merkt sie erst die unheilvolle Atmosphäre. Durch den kühlen Wind fröstelt sie und durch das Flattern der Tauben in ihrem Korb wird sie ein wenig paranoid. Aus den verschiedenen Gebäuden hört sie die heitere Stimmung, verschiedene Gesänge und lautes Gelächter. Sie fühlt sich ein wenig fehl am Platz und läuft daher einfach nur stur die Straße entlang.

Der Weg fühlt sich endlos an und mit jedem Schritt den sie tut hat sie immer mehr das Gefühl verfolgt zu werden. Verunsichert dreht sie sich um, doch ist dort nichts. „Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn mich Jefferson doch begleitet hätte", sagt sie zu sich selbst, jedoch beruhigt sie das nicht im Entferntesten. Sie beschleunigt ihre Geschwindigkeit abermals und würde ein Außenstehender sie beobachten könnte man meinen, dass sie vor irgendetwas davon läuft. Sie rennt nun fast durch die leeren Straßen und ist mehr als nur erleichtert als sie die ersten Masten von den Schiffen sieht. Die Tauben in ihrem Korb meckern unbeirrt und flattern nervös hin und her. Durch die wenige Nahrung die sie an Bord bekommt ist sie ein wenig ausgemergelt und das wird ihr gerade zum Verhängnis, denn sie muss nur noch ein paar 100m laufen, doch schafft sie es nicht aufgrund mangelnder Kondition. Schnaufend kommt sie zum stehen, stellt den Korb auf den Boden und stützt ihr Arme auf ihren Oberschenkeln ab. Nur beschwerlich kommt sie wieder an Luft. Durch diesen Moment der Schwäche sieht sie nicht wie drei Männer aus einer dunklen Gasse auf sie kommen. „Wen haben wir denn hier? Ein verirrtes Vögelchen", sagt einer der Männer und vor Schreck stellt sie sich aufrecht hin. „Hat man dir nicht beigebracht, dass es zu dieser späten Stunde gefährlich sein kann?", fragt ein Anderer. „Ich möchte kein Ärger machen", antwortet sie leicht stockend, da ihr immer noch der nötige Atem fehlt. „Dafür ist es jetzt schon zu spät", erklärt er und kommt ihr gefährlich nahe. Doch bevor es zu einer Auseinandersetzung kommt schnappt sie sich den Korb und rennt los, ohne darauf zu achten wohin. Sie weiß das sie es nicht schaffen kann den Männern davon zu laufen, da sie einfach zu langsam ist, doch kann sie sich in einem der Gebäude verstecken. Und dies tut sie auch, sie rennt auf das erst beste Haus zu und stemmt sich gegen die Tür. Das Haus ist aber nicht verschlossen und so stürzt sie samt dem Korb in den Raum. Ohne darauf zu achten wo sie ist, nimmt sie einen Spaten der nicht weit entfernt von ihr liegt in die Hand und schließt die Tür. Den Spaten schiebt sie zwischen die Türklinken und verriegelt dadurch vorerst die Tür. Da sie nun erst mal in Sicherheit ist, kann sie sich in dem Gebäude umschauen. Offenbar ist sie in einer Art Stall gelandet, da sie überall Boxen sieht. Das merkwürdige ist, das sie komplett leer sind. Sie löst sich von der Tür, ignoriert die Schläge der Männer, welche gegen die Tür hämmern und geht den langen Gang entlang und schaut in jede Box hinein, um sicher zu gehen das hier auch wirklich kein Pferd drin steht. In der hintersten Ecke steht zu ihrer Überraschung doch noch eines. In der Dunkelheit kann sie es nicht wirklich erkennen, da es genauso schwarz ist, nur die weißen Fesseln stechen heraus. Der Hengst steht ihr mit hoch erhobenem Kopf gegenüber und schnaubt laut. Sie öffnet schnell die Tür, da sie so glaubt schneller zum Hafen zu gelangen. Sie geht auf den Hengst zu und will ihn berühren, doch steigt er hoch und erwischt sie beinahe mit seinen vorderen Hufen. Gerade noch rechtzeitig springt sie zur Seite und kann nun verstehen wieso er noch hier steht, er ist stur. Ihr fehlt aber die nötige Zeit um sich mit ihm anzufreunden und so faucht sie ihn sauer an, dabei ändern sich ihre Pupillen zu schlitzten und für einen Bruchteil einer Sekunde hat sie spitze Zähne, das schüchtert das Pferd so ein, das sie es unbeirrt anfassen kann. Sie hält sich an seiner Mähne fest und schwingt sich auf seinen muskulösen Rücken. Der Hengst steigt ein weiteres mal hoch, doch da sie sich nicht abschütteln lässt gibt er es auf. Mit einem leichten Hackentritt setzt sie das Pferd in Bewegung und mit erhöhter Geschwindigkeit rennt das Tier auf die versperrte Tür zu und rennt einfach hindurch. Laut krachend bricht die Tür auseinander und die Männer werden zur Seite geschleudert. Sie greift noch rechtzeitig nach dem Korb mit den Tauben und reitet auf dem Pferd Richtung Hafen.

Auf dem Rücken des Pferdes fühlt sie sich sicherer und das Aufschlagen der Hufen auf den Steinen gibt ihr ein Gefühl von Überlegenheit. Schnell, wie der Wind, erreicht sie ihr Ziel und steuert das Pferd auf den Steg zu. Von weitem kann sie die Riptide schon sehen und ist erleichtert, das sie noch nicht abgelegt haben. Sie verstärkt den Griff um die Mähne und gibt dem Pferd einen weiteren leichten Tritt, damit es an Geschwindigkeit zu nimmt. Das tut es auch und schnell galoppierend rennt es auf die Riptide zu. Die Fässer und die Fischnetzte versperren teilweise den ungehinderten Durchgang über den Steg, doch dem Pferd scheint es nicht zu stören unter dem Gewicht des Pferdes brechen die Fässer und die Flüssigkeiten breitet sich auf dem Steg aus. Immer schneller und schneller läuft das Pferd und kurz bevor es an der Riptide ankommt springt es kräftig ab und fliegt förmlich über den Spalt zwischen dem Steg und der Schiffswand. Elegant landet das Pferd auf dem Deck und kommt langsam zum stehen. Die Männer auf dem Schiff schauen ungläubig zu ihr hinauf und fangen an zu flüstern. „Da bist du ja, das hat länger gedauert als gedacht", sagt Piper und stößt sich von der Reling ab und läuft zu ihr. „Ist auch schön dich wieder zu sehen", antwortet sie und steigt einigermaßen geschickt vom Rücken des Pferdes ab. „Wo warst du so lange?", fragt er die Frage, auf die sie noch keine ausweichende Antwort gefunden hat. Sie stellt sich aufrecht hin und schaut in die erwartungsvollen Augen von Piper und merkt, das sie nun richtig in der Klemme steckt.

In the sea is more than water (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt