29. Kapitel

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Etwas unbeholfen steht Kenway im Raum und verarbeitet die Informationen, welche er gerade von Jyndira erfahren hat. „Es kann auch einfach ihrer Fantasie entspringen. Wir alle wissen, dass sie nicht gut auf Alkohol reagiert", überlegt Wise und schaut sie eindringlich durch seine Nickelbrille an. „Also ich bitte Euch", erwidert Jyndira etwas eingeschnappt, „ich weiß was ich gesehen haben und das würde mir nicht einmal in meinen kühnsten Träumen einfallen." „Dabei kannst du gar nicht träumen", wirft Kenway dazwischen und erntet von allen, einschließlich Jyndira, verwunderte Blicke. „Was ist? Das hast du mal beiläufig erwähnt", versucht er sich zu rechtfertigen, doch sie weiß, dass das nicht stimmen kann. „Das ist irrelevant, denn wir sollten uns auf ein Zusammentreffen mit der Flying Dutchman vorbereiten", mit diesen Worten lenkt sie das Thema wieder auf das Wesentliche. „Wir sollten nichts überstürzen", mischt sich nun auch Piper mit ein, der alles aus sicherer Entfernung beobachtet hat. Er raucht wieder an seiner Pfeife und sieht dabei so gelassen an, als würde ihn die bevorstehende Gefahr nicht kümmern. „Was schlägst du vor? Schließlich war es deine glorreiche Idee", fragt der Captain das eigentliche Problem. „Ich finde wir sollten uns lieber fragen, warum sich Davy Jones Jyndira offenbart hat", so schafft es Sparrow von sich abzulenken und alle Augenpaare liegen nun wieder auf ihr. „Nun, ich kann dir dazu auch nicht viel mehr sagen. Ich kannte ihn bis vor diesem Treffen nicht", sagt sie schnell. Doch hat sie sich darüber auch schon Gedanken gemacht, denn verwunderlich ist es allemal. Möglicherweise hat er ein Gespür dafür, wenn Meeresbewohner auf einem menschlichen Schiff leben. Es ist aber so abwegig das sie diese fixe Idee schnell wieder verwirft. „Kommen wir zurück zu den Tatsachen. Jyndira hat, angeblich, Davy Jones zwischen den Rumregalen getroffen und sie hat ihm von dem Anliegen von Mr. Sparrow berichtet", fässt Merlin noch einmal zusammen, um sich ein besseres Bild machen zu können. „Nicht direkt. Er weiß lediglich, das er etwas von ihm möchte", fügt sie das kleine, aber nicht unwichtige, Detail hinzu. „Ist doch aber immerhin ein Anfang." Jack richtet seinen Hut und richtet sich auf. „Meine Herren", er macht eine Pause und schaut zu Jyndira und verbeugt sich leicht, „meine Dame. Ich würde mich nun entfernen, um draußen nach dem Rechten zu sehen." Ohne auf eine Antwort zu warten stürmt er beinahe aus dem Raum und mit einem lauten Knall fällt die Tür hinter ihm wieder zu. „Da hat es jemand aber eilig", antwortet Jyndira kühl. „Ich kann es nicht fassen, das ich diesen Taugenichts wirklich auf mein Schiff gelassen habe." Resigniert lässt sich Edward auf einen alten morschen Stuhl fallen. „Ich denke einfach, er ist gerade nur nicht er selbst", verteidigt Jyndira ihn. Piper schaut zwischen seinem alten Freund und der Frau hin und her und amüsiert sich darüber, dass Kenway eifersüchtig auf Jack ist. „Wir sollten nach einer Lösung suchen, ich schlage vor das wir-", weiter kommt Wise nicht, denn er bekommt die Unruhe auf dem Deck mit.

„Was geht da draußen vor sich?", fragt Piper das, was alle denken. Wie auf Kommando springen alle Anwesenden auf und begeben sich schnell zur Tür. Mit Schwung wird sie von Kenway aufgerissen und gemeinsam stürmen sie hinaus. Außerhalb laufen viele Besatzungsmitglieder aufgeregt auf und ab und sprechen lauthals miteinander. Wie dieser Tumult zustande kommt ist für Jyndira nicht ersichtlich und mit wachsamem Blick schaut sie sich um. Es dauert nicht lange und sie kann den Unruhestifter ausfindig machen. Nicht eine Seemeile entfernt ist aus dem Nichts ein Schiff aufgetaucht und steuert direkt auf sie zu. Da die Nacht mittlerweile eingebrochen ist kann sie den fremden Zweimaster nur schemenhaft erkennen, doch es reicht aus, um ihr das Gefühl zugeben das etwas Unheilvolles auf sie zukommt. Mit dem Ellenbogen stubst sie Kenway an und macht ihn auf sie aufmerksam. Sie sagt aber nichts, sondern zeigt mit dem Finger auf den Unruhestifter und hört ihn scharf Luft einziehen. „Nun, ab jetzt hängt wohl unser Schicksal an Sparrow's, nicht gerade begnadeten, Händen ab", sagt der Captain trocken und entfernt sich von der kleinen Gruppe, da er in dem Gewusel Jack ausfindig machen konnte. „Du hast Dich einmal über das eintönige Leben an Deck beschwert. Ich hoffe Dir genügt diese Aufregung." Schmunzelnd schaut Piper sie an und pustet ihr dabei grauen Qualm entgegen. „Das wird sich herausstellen", antwortet sie gelassen und wedelt mit der Hand vor ihrem Gesicht, um den Rauch aufzuwirbeln. Der kleine Haufen löst sich auf und verteilt sich in der aufgeregten Menge. Sie steht nun alleine vor der Kapitäinskajute und schaut den aufgeregten Zwei-Beinern zu wie sie versuchen das Schiff auf einen möglichen Kampf vorzubereiten. Ein weiterer Blick zu dem düsteren Schiff verrät ihr, das sich auch auf dem gegnerischen Boot etwas tut, denn es hat an Geschwindigkeit verloren. „Nanu?", wundert sie sich und kneift die Augen zusammen, um etwas mehr zu erkennen. Sie setzt sich in Bewegung und geht auf die Reling zu, damit sie sich besser auf das Schiff konzentrieren kann. Der Mond spendet ihr etwas Licht und so kann sie die mit Algen behangenen Segel erkennen. Im Allgemeinen ist es sehr grün und moosig. Der Bug, mit der furchteinflößenden Spitze, wirft einen gruseligen Schatten auf die Wasseroberfläche und ihr Magen zieht sich zusammen. Sie ist so erpicht darauf zuerkennen was dort vor sich geht, das sie nicht bemerkt was sich hinter ihr abspielt. Das große Schiff wird von den Strömungen des Wassers leicht nach Backbord gedrängt und so kann sie das Gefährt des Verhandlungspartners besser von der Seite in Augenschein nehmen. Zu ihrer Verwunderung jedoch kann sie nur vereinzelt die Umrisse von der Besatzung sehen. Es sind höchstens ein halbes duzend Männer zu sehen. Wo befindet sich der Rest?, fragt sie sich irritiert. „Wer ist so dreist einen Gefallen von mir einzufordern?", hört sie eine Stimme, nicht weit von sich, erbost fragen. Da sie keine weiteren Informationen von dem Schiff erhalten kann dreht sie sich um und erschreckt leicht. Skeptisch lässt sie ihren Blick von links nach rechts schweifen und beobachtet das Schauspiel, welches ihr geboten wird. Die sonst so tapferen und mutigen Männer werden von grausigen Gestalten bedroht und scheinen alles andere als furchtlos. In mitten dem Durcheinander, zwischen den Bedrohten und den Angreifern, steht der Mann mit den Ersatzteilen aus Meerestieren. Das kuriose an dem Bild ist eigentlich der Fakt, dass die Piraten von dem angegriffen werden was sie eigentlich so sehr begehren, abgesehen von dem Reichtum, welchen sie versuchen sich unter den Nagel zu reißen. „Genau genommen geht es hier um eine Verhandlung", spricht nun Jack, nachdem er von Edward einen Stoß in den Rücken bekommen hat. Mit einer galanten Bewegung zwängt er sich durch die Crew von Davy Jones und steht ihm nun gegenüber, nur um einmal schwer zu schlucken. Seinen Unmut überspielt er gekonnt und redet mit selbstsicherer Stimme weiter: „welche sehr lukrativ für Euch sein wird. Mir ist zu Ohren gekommen, das Eure Besatzung sehr ausgedünnt wurde in den letzten Jahren." Beim sprechen fuchtelt er mit den Händen und schaut sich dabei die Crew an. „Ich kann mir das gut vorstellen, schließlich....naja", er fässt sich an seinen Bart und verzieht das Gesicht. „Sagen wir es so, nicht viele sind so erpicht darauf mit dem Meer zu verwachsen", sagt er und schüttelt sich leicht. Dabei muss Jyndira grinsen, da sie genau das Selbe gedacht hat. „Worauf wollt Ihr hinaus?" Er kommt Jack gefährlich nahe und er macht im gleichen Zug einen Schritt zurück. „Nun, ich bin wohl in der Lage Euch Nachschub zu besorgen." Jones zuckt einmal mit dem Kopf und signalisiert seinen Leuten, das sie von den Männern ablassen können. „Was wollt Ihr als Gegenleistung?" Mit dieser Frage wiegt sich Jack in Sicherheit, da er glaubt ihn nun in der Hand zu haben. „Unter uns befindet sich ein versunkenes Schiff, die Wicked Wench. Das was ich möchte ist so banal das Ihr nicht einmal den Finger krumm machen müsst." Dabei schaut er auf seine Krabbenschere, welche als Hand fungiert und bereut seine Worte umgehend. Jones scheint das aber nicht zu stören und wartet darauf das er weiter spricht. „Ich würde Euch bitten, sie wieder an die Wasseroberfläche zu befördern." Jack wird von ihm eingehend gemustert und stellt sich aufrecht hin. „Was sagt Ihr dazu?", fragt er und dreht sich zu Jyndira um. „Ich?" Verwundert schaut sie auf und zeigt mit dem Finger auf sich. „Nun, ich sehe es als faire Verhandlung ", sagt sie und würde ihre Aussage sofort wieder dementieren. Denn ihr wird es gerade klar, was Jack als Verhandlungsbasis hat. Wütend schaut sie zu Sparrow und geht auf ihn zu, ohne auch nur auf sonst jemanden zu achten. „Was hast Du Dir dabei gedacht?", fragt sie ihn scharf und zieht ihn zu sich. Sie dreht Jones den Rücken zu und flüstert ihm sauer zu: „Du bietest die Crew von Kenway als Tausch an? Bist du noch ganz bei Trost?" „Die Wicked Wench lässt sich mit sechs Personen steuern. Ich hatte die Idee das Du, Wise, Kenway, Beelzebub, Belphegor und ich mit ihr weiter fahren." Mit diesen Worten dreht er sich wieder zu Jones und möchte wieder etwas sagen, doch grätscht Jyndira ihm dazwischen. Sie ist so sauer über diesen egozentrischen Zug, dass sie das Reden übernimmt. „Davy Jones, diese Crew unterliegt meinem Schutz. Das greift jeden ab, abgesehen von Jack Sparrow." Sie hätte nie damit gerechnet diese Karte aus zuspielen, doch sie tut es. Jyndira geht davon aus, das Jones weiß was sie ist und so wird er auch wissen worauf sie nun abzielt. Er schaut sie eindringlich an und überlegt: „So steht es also. Was schlagt Ihr somit vor?" Alle Anwesenden haben nun bemerkt, dass sich die Zugehörigkeiten geändert haben, denn auch Grey hat verstanden, dass es nun um Jacks Kragen geht. „Eine Sekunde", völlig verwirrt versucht Sparrow nicht den Faden zu verlieren. Jetzt ist er es der sie von Jones wegdreht und flüstert: „was wird das gerade?" „Ich helfe Dir Dein Schiff wiederzubeschaffen. Du hast leichtfertig mit dem Leben der Besatzung gehandelt, so werde ich es nun auch mit Deinem machen." Ohne auf eine Antwort zu warten dreht sie sich erneut um und schaut in die grünen Augen. „Jack Sparrow wünscht sich sein Schiff zurück, aber möchte den Preis nicht zahlen. Ich schlage vor, dass er sich an seinem Schiff ein paar Jahrzehnte erfreuen kann und anschließend lebt er, wie es für Euch üblich ist, 100 Jahre an Bord der Flying Dutchman." Mit weit aufgerissenen Augen starrt Jack sie an und ist sprachlos von dieser Skrupellosigkeit. Davy Jones schaut sie überlegend an und antwortet nach einigen Sekunden: „nach einem Jahrzehnt wird er ans Schiff gebunden und dann kommen wir ins Geschäft." Sie muss sich ein grinsen verkneifen, da sie ihn soweit hat, das sie nur noch über den Zeitraum von seiner Freiheit verhandeln. Ihr ist wohl bewusst was sie ihm damit antut, da es für ihn nichts Heiligeres gibt, aber sie sieht es als Strafe für seinen Eigensinn. Denn aus irgendeinem Grund weiß sie, dass es für ihn gar nicht so weit kommen wird, das er unter der Regentschaft von Jones arbeiten muss. „Zwei und wir sind ihm Geschäft." „Elf Jahre", versucht es Jones herunterzuhandeln. „15", sagt sie bestimmend. „13 Jahre, mehr und nicht weniger." Sie hört heraus das sie ihn langsam reizt und schlägt ein: „Einverstanden. 13 Jahren darf Jack auf der Wicked Wench als freier Mann segeln, anschließend wird sie wieder versinken und ihr habt sein Leben in der Hand." Um es zu besiegeln möchte er mit ihr einschlagen, doch sie nimmt sich Jacks Hand und unweigerlich schlagen die Beiden ein. Sie lösen sich und Davy Jones macht auf dem Hacken kehrt und verschwindet in dem Schiff. Seine Crew tut es ihm gleich und schon ist das Deck wieder Ungeheuer frei. „Das war spannend", hört sie Piper leise murmeln und kann sich ein schmunzeln nicht verkneifen. „Und was geschieht nun?", fragt Kenway der sich wieder zu erkennen gibt. Er bekommt darauf keine Antwort, denn Jyndira erkennt aus dem Augenwinkel, das die Flying Dutchman abtaucht. „Das lief nicht nach Plan", ist das Erste das man von Sparrow wieder hört nachdem er seine Sprache wieder gefunden hat. „Das nicht lief nach Plan?", wiederholt Jyndira laut und lässt ihre aufgestaute Wut an ihm aus. „Du führst uns hier her, hast Dir absolut keine Gedanken gemacht, außer auf diesen Kompass zu hoffen das er dir den Weg zeigt und jetzt, durch Zufall wo Jones zu uns kommt, bietest du ihm das Leben von Edwards Mannschaft an? Wenn man die Wicked Wench alleine händeln könnte, dann hättest Du uns alle geopfert, oder?" Finster funkelt sie ihn an und auch wenn Jack jedes Recht hat lautstark auf die Anschuldigung zu antworten bleibt er leise, da er weiß das sie damit nicht ganz unrecht hat. Wütend schnaubt sie auf und wendet sich von ihm ab. „So, ich habe jetzt Lust auf Pferd", sagt sie abschließend und verschwindet über die Treppe zur Kombüse. Alle schauen ihr hinterher und versuchen die Situation zu verarbeiten. Nur Wise hat sich auf ein Geländer gestützt und fängt an langsam das Geheimnis um Jyndira Andvari zu lüften.


In the sea is more than water (Fluch der Karibik FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt