61. Kapitel

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„Du unterhältst dich mit niemandem. Mit keinem einzigen Mann, hast du verstanden? Du gehst nur von einem Hörsaal zum nächsten. Arbeite gut mit, schaue zu niemand anderem und lass dich von niemandem anquatschen. Du sollst keinen Kontakt zu diesen Leuten haben. Meinetwegen darfst du Freundinnen haben, aber zuerst möchte ich davon erfahren. Du sollst dich mit den richtigen Leuten abgeben. Versuche nicht, mich irgendwie zu täuschen. Ich bekomme alles mit.", sagt er, mit einem strengen Ton in der Stimme. Er lässt keine Widerrede zu.

Lou steht der Mund offen. Das mit den Männern hat sie sich schon gedacht, aber dass sie mit Frauen nur sehr beschränkten Kontakt halten darf, hat sie so nicht erwartet. Gut, eigentlich hätte sie sich das schon beim Schreiben der Briefe an ihre Freunde denken könnten.

„Ich werde dich als das Meinige kennzeichnen. Zudem werde ich dich persönlich hinbringen und abholen. Ob du willst oder nicht. Jeder soll sehen, zu wem du gehörst."

„Ist das wirklich nötig?", fragt sie, obwohl sie die Antwort schon längst weiß.

„Ja, das ist es. Bei dieser Sache lasse ich nicht mit mir diskutieren. Wenn du dich nicht an meine Befehle hältst, wirst du nicht mehr dorthin gehen. Was das angeht kenne ich keine Gnade. Es ist ein hohes Gut, welches du bekommst."

„Du fällst wieder zurück.", murmelt sie von sich hin, entfernt sich aber nicht von seiner Seite.

„Ich mache was?"

„In deine alten Verhaltensweisen. Die letzten Tage waren schön... warum vertraust du mir so wenig, wenn wir doch viel näher beieinander sind als je zuvor?", fragt sie, lügt noch nicht einmal. Sie sind näher beieinander. Sie beginnt ihn zu mögen, solange sie die Vergangenheit ausblendet. Hätten sie sich begegnet und er wäre von Anfang an so gewesen, hätte sie ihn vielleicht sympathisch gefunden.

Lucius drückt sie eine Armlänge von sich, legt seien Hände an ihren Seiten und schaut sie an. Seine finstere Miene wird weicher. „Weil ich Angst um dich habe. Als du dort im Badezimmer gelegen hast... Ich kann dir nicht vertrauen. Ich kann und darf nicht. Das Risiko ist einfach viel zu hoch. Du bist mein. Und du sollst mein sein. Ohne dich kann ich nicht. Ich kann nicht zulassen, dass du dich in jemand anderen verliebst und so noch unerreichbarer für mich wirst. Einseitige Liebe ist okay, wenn du dich dieser hingibst. Das heißt aber nicht, dass ich mir nicht zweiseitige wünsche. Es ist ein langer Weg bis dahin. Ich will, dass du mich ehrlich liebst. Ich sehe doch wie abgeneigt du dem allen gegenüber bist und dich zusammenreißen musst. So möchte ich das nicht. Es ist besser als vor deiner Kooperation, aber längst nicht gut. Du sollst hier bleiben, weil du es willst. Du sollst alles für mich tun, weil du mich liebst, nicht weil du Angst hast.

Ich habe die Hoffnung, dass es einmal anders zwischen uns sein wird. Aber das funktioniert nicht, wenn du dein Herz jemand anderem schenkst außer mir. Es wäre für mich schmerzhaft, weil ich dich besitzen will und nicht vollständig haben kann und für dich ebenfalls die Hölle, weil du nicht zu deinem...Liebsten kannst. Denn das werde ich nie zulassen, glaube mir. Ich würde den Bastard vorher töten. Vor deinen Augen. Wenn du jemanden liebst, bedeutet das das Todesurteil für ihn. Weshalb denkst du, war ich so wütend, als ich von John erfahren habe? Der einzige Grund, weshalb ich ihm nichts angetan habe, ist, dass er heute nicht mehr als ein Freund für dich ist und du ihn nicht liebst. Ich sehe keine Bedrohung mehr in ihm. Aber sollte ich eine Bedrohung in jemandem sehen, dann glaube mir: Es wird schlecht für diese Person enden.

Also solltest du dich in deinem eigenen Interesse an meine Wünsche halten.", er beendet seinen Vortrag mit einem angespannten Mahlen seines Kiefers. Seine Augen blitzen. Diesmal nicht vor Freude, sondern vor Wut. Wut bei dem Gedanken, sie vollständig verlieren zu können.

Lou weiß nicht, was sie sagen soll. Seine Ansprache, seine Drohung, ist deutlich. Er hat recht. Sie sollte sich wirklich besser daran halten. Ein solches Schicksal möchte sie niemandem anmaßen. Lou darf sich nie verlieben, solange Malfoy bei ihr ist. Das zu verbergen wäre nämlich schwer. Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, wenn er alles versucht, um das schon von Anfang an unmöglich zu machen.

Lou schluckt. Sie fühlt sich alles andere als wohl, als sie in seine Augen blickt. Er beruhigt sich, sein Atem geht gleichmäßiger und er strahlt kein Hass mehr aus. Stattdessen lehnt er sich zurück und zieht sie an seine Brust. So als wäre nichts gewesen.

„Gute Nacht, mein Leben.", flüstert er in ihr Ohr.
Lou ist noch immer nicht in der Lage, etwas zu sagen.

Er bezeichnet sie als sein Leben. Sie würde seins komplett zerstören, wenn sie von ihm verschwindet. Ist sie in der Lage, kein Mitleid zu zeigen?

Die Nacht vergeht für sie nur sehr langsam. Viele Gedanken kreisen durch ihren Kopf, innere Konflikte entstehen. Konflikte mit ihrem Gewissen. So kommt sie nur zu wenig Schlaf und kann sich ein paar Stunden vor dem Aufstehen erst richtig zur Ruhe legen. Doch Ruhe, das befindet sich noch immer nicht in ihr. Sie schwitzt, ihre Träume zeigen geköpfte Männer, immer und immer wieder. Hinter ihnen ein mordlustiger Lucius, der danach bedrohlich auf sie zugeht. Eine Seite von ihm ist zu einer Fratze verzogen, wie man sich einen Teufel vorstellen könnte. Die andere, genau ab der Mitte geteilt, weint. Tränen kullern auf den Boden, Schmerz und Trauer ist zu sehen. Etwas, das zeigt, dass er so eigentlich nicht handeln will. Es sind zwei Seiten an ihm. Beides ist schlecht, weil die eine aus dem anderen entsteht. Es kommt darauf an, welche Seite siegt.

Als die grauenhafte Gestalt von Lucius auf sie zukommt, weiß sie, welche Seite gewonnen hat und immer gewinnen wird.

Sein nicht mehr menschliches Gesicht befindet sich direkt vor ihr, als sie tief Luft holt und aus dem Traum gerissen wird. Sie keucht, merkt wie sie schwitzt. Ihre Augen sind weit aufgerissen, als sie an die Decke starrt und Lucius auf einem Stuhl neben ihrem Bett sitzen sieht. Der Atem ist schnell, viel zu schnell und beruhigt sich nur langsam. Es war ein Traum! Nur ein Traum... Alles ist gut!

Nein, das ist falsch,

Nichts ist gut.

Träume sind dazu da, um Dinge, die am Tag passiert sind, zu verarbeiten. Er hat ihre Angst gezeigt. Angst, die sie wohl niemals verarbeiten kann, weil sie dauerhaft da ist und da sein wird. Selbst wenn ihr die Flucht gelingt.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt