98. Kapitel

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Mit einem traurigen Gefühl in sich, das sie gerne loswerden würde, indem sie ihn von hinten umarmt, schließt sie die Augen. Sie wagt es nicht, weil sie nicht riskieren will, ihn zu verlieren.

Immerhin liegt sie hier sehr viel weicher. Ihre Gliedmaßen haben schon geschmerzt wegen des harten Bodens.

Am nächsten Morgen, als sie aufwacht, ist es bereits ziemlich hell. Die Vorhänge sind zur Seite geschoben und die Lichtstrahlen fallen perfekt in den Raum. Lou hebt den Kopf und schaut sich verwirrt um. Es muss bestimmt schon Nachmittag sein, wenn die Sonne so steht. Offenbar hat sie länger geschlafen als gedacht. Vermutlich ist der Grund hierfür, dass sie noch viel Schlaf nachzuholen hatte. Sie streckt sich. Endlich fühlt sie sich nicht hundemüde, obwohl sie wieder in die Kissen zurücksinkt und die Augen erneut schießt. Lou möchte zwar zu Lucius, aber nicht seiner schlechten Laune ausgesetzt sein.

Ihr wird warm, wenn sie an die Hochzeit denkt. Es wird so schön werden. Endlich wird es soweit sein... In nicht einmal 24 Stunden werden sie ein Ehepaar sein. Lou Flinker und Lucius Malfoy. Wer hätte das jemals bei ihrer Geburt gedacht?

Das warme Gefühl weicht und ein kälteres tritt an seine Stelle. Was ist, wenn er vor dem Altar nein sagt? Oder... wenn jemand Einwände gegen die Hochzeit hat? Und ihre Familie und Freunde können auch nicht dabei sein, obwohl sie sie so sehr vermisst! Die Sensation wird um die Welt gehen, vermutlich werden ihre Eltern durch den norwegischen Tagespropheten ebenfalls davon erfahren und extrem enttäuscht von ihr sein...

Lou schluckt.

Auch wenn sie Lucius liebt, so kann sie trotzdem nicht alle anderen in ihrer Umgebung vollkommen alleine lassen und vergessen. Vielleicht lockert sich Lucius mit der Zeit der Ehe und erlaubt wieder Kontakt. Schließlich ist es ihre Familie und sie wird sowieso nie mehr auf die Idee kommen zu flüchten!

Lucius wird es schon mit der Zeit verstehen... hoffentlich.

Wenige Stunden später platzt Lucius in den Raum und geht zum Bett. Lou öffnet die Augen und schaut in seine.

Er sieht amüsiert, aber auch eilig aus. „Nun komm schon, aufstehen. In nicht einmal sechs Stunden werden wir schon wieder schlafen gehen und du sollst heute schlafen können. Ich habe mich den Tag über schon um die Vorbereitungen gekümmert. Fast alles ist bereit." Er streckt seine Hand zu ihren nackten Füßen aus und streicht sanft über die Oberfläche. Lucius lächelt, woraufhin Lous Stirn runzelig wird. Wie kann er jetzt nach Nähe suchen und sie gestern von sich stoßen? Warum ist er so... unberechenbar? Kommt er mit sich selbst nicht klar oder warum wechselt er andauernd seine Meinung?

Nachdem Lucius und sie die Aufbauarbeiten weiter beaufsichtigen, legen sie sich schlafen. Diesmal sind sie eng aneinander und Lou kann den Grund dafür einfach nicht sehen. Was hat sie am Vorabend falsch und hier richtig gemacht?

Diese Frage klärt sich ihr auch nicht in den folgenden Stunden, in denen sie wegen des langes Schlafs wach liegt. Erst am sehr frühen Morgen, nachdem sie fünf Stunden geschlafen hat, wacht sie auf und das Rätsel bleibt. Lucius weckt sie mit einem sanften Kuss auf den Lippen. Er lächelt sie an, seine Augen funkeln voller Vorfreude. Die blonden Strähnen hängen ihm ins Gesicht, nachdem Lou wach ist. „Aufstehen, Liebling; meine baldige, wunderbare Frau... Es ist Zeit, um dich fertig zu machen. Ich selbst habe auch noch einiges zu erledigen.Ich würde ja gerne mit dir speisen, aber das Essen wird dir ausnahmsweise ans Bett gebracht, ja?"

Lou nickt und setzt sich auf, als Lucius von ihr ablässt und sich erhebt. Er verschwindet im Bad, zieht ein Hemd und eine gewöhnliche Anzughose an und verschwindet dann aus dem Raum. Kurz bevor er sie verlässt, hebt er die Hand zum Abschied. „Du wirst wunderbar aussehen, ich bin mir ganz sicher."

Angesprochene lächelt und schaut ihm nach, steht daraufhin ebenfalls auf und duscht sich ordentlich.

In ihrem Kopf wandelt Lucius herum, mit dem sie in wenigen Stunden verheiratet sein wird. Sie atmet tief aus. Es wird trotz der Umstände bestimmt schön werden.

Nach dem Duschgang wartet bereits die alte Hauselfe mit faltiger Haut vor ihrem Bett auf sie. „Darny für Sie bereit, Miss."

Lou lächelt. Obwohl sie Vorfreude in sich spürt, sagt sie nichts. Die Nervosität nimmt mit jeder Minute zu.

Die Hauselfe krabbelt auf das Bett und hält das Kleid hinunter, sodass es fast frei fällt. Nur der untere Teil des Kleides liegt auf den Fließen, weil das Wesen zu klein ist.

Lou geht auf sie zu, nimmt das Kleid und lässt das Handtuch, unter welchem sie bereits Unterwäsche trägt, fallen. Anschließend zieht sie das enge Kleid an, wobei die Hauselfe ihr hilft, sobald sie sich hinkniet, und diese damit den Reißverschluss erreichen kann. Lou fühlt sich schon jetzt wie die Braut, als würde es in wenigen Minuten losgehen. Dabei sind es noch vier Stunden bis zur Zeremonie! Die ersten Gäste werden in den nächsten zwei Stunden eintreffen und bis tief in die Nacht bleiben. Sie werden sie bewundern, ihr Glück wünschen und sie als die Frau von Lucius Malfoy ansehen, ja, als neue Malfoy. Als Lou Malfoy.

Sie wird eine solche Hochzeit nur ein einziges Mal in ihrem Leben haben. Sie wird nie von Lucius loskommen und möchte das auch gar nicht.

Lou lächelt, als die Hauselfe sie darum bittet, auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Lou lächelt nicht nur, sie strahlt. Die Aufregung ist an ihrem schlagenden Herzen zu spüren. Bald... bald kann sie mit Lucius glücklich sein. Sie wird sich keine Sorgen mehr machen müssen, solange er sich zusammenreißt und endlich damit aufhört, an dem, was geschehen ist, festzuhalten. Sie sieht schon die Kinder durch das Haus toben. Welche Haarfarbe sie wohl haben werden? Lou hat dunkelbraune Haare, Lucius fast weiße. Sie zuckt mit den Schultern, sodass ihr Kleid raschelt. Sie sollte noch nicht so weit denken.

„Danke dir.", sagt Lou, als die Hauselfe ihr die Haare zu irgendeiner Frisur macht. Hat Lucius ihr diese aufgetragen? Lou ist es egal, es wird bestimmt gut aussehen. Es schmerzt manchmal, da die Hauselfe viel Druck aufwendet. Sie entschuldigt sich sofort, doch Lou winkt ab. Ob es weh tut oder nicht, ist unwichtig. Sie fragt sich nur, wie sie das am Abend alles wieder ausziehen will, die Frisur lösen und die Schminke entfernen will, wenn Lucius ihr im Nacken sitzt und sehnsüchtig auf sie wartet. Ach ja, die Hochzeitsnacht... Er wird das bekommen, was er immer von ihr haben wollte. Sie ist zwar keine Jungfrau mehr, aber es wird ein besonderes Erlebnis für sie werden.

Die Hauselfe schminkt sie, nachdem die Frisur mit verschiedenen Utensilien fertig ist. Lou kann sie sich nicht einmal selbst ansehen, da es im Schlafzimmer keinen Spiegel gibt und sie sich überraschen will. Ihre Haut kitzelt. Wie wenig sie es doch mag, wenn jemand Anderes sie schminkt! Ehrlich gesagt ist es aber besser, dass die Hauselfe es macht – sie selbst kann es nämlich nicht.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt