78. Kapitel

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Nach einem schönen Abend, in dem Lou gemeinsam mit Lucius viel gelacht hat, legt sie sich neben ihn ins Bett. Als sie an die Decke starrt, denkt sie über die vergangenen Stunden nach.

Es war wirklich schön mit ihm. Er kann auch recht nett sein, solange sie es auch ist. Trotz der anderen Zuschauer im Zaubertheater hat er gescherzt und lediglich einen Arm um sie gelegt und sie gestreichelt. Fast so, als wären sie wirklich gute, innige und vertraute Freunde. Wie Geschwister, die sich gut verstehen. Kein übermäßig besitzergreifendes Verhalten.

Lou beginnt zu lächeln, als sie das Ein- und Ausatmen des schlafenden Lucius hört. So könnte jeder Tag enden. Ja, so würde sie es sich wünschen!

Das Lächeln verblasst plötzlich und sie schüttelt den Kopf. Nein, nein! So darf sie nicht denken! Es war nur eine kurze Phase! Morgen wird er wieder schrecklich sein, bestimmt! Er wird alles zunichte machen und sie wird ihn wieder abgrundtief hassen...

Lou fährt sich durch die braunen, langen und glatten Haare. So kann nicht jeder Abend aussehen. Und das wird es auch nicht...

Ihr Kopf dreht sich zu Lucius.

Irgendetwas ist da, das sie für ihn entwickelt. Was genau kann sie nicht beschreiben. Ähnlich wie bei einer Schwester. Die Bindung ist etwas Besonderes, Einzigartiges. Zumindest denkt Lou das. Schließlich hatte sie nie eine Schwester oder einen Bruder.

Diese positiven Gefühle... Wenn sie wirklich flüchtet,... kann sie sie dann einfach so vergessen? Kann sie ihn vergessen? Will sie ihn vergessen? Will sie jemanden vergessen, der ihr Leben einmal komplett auf den Kopf gestellt hat und ihr doch irgendwie in ihrer Entwicklung weitergeholfen hat? Er hat sie geprägt, auch schon in der kurzen Zeit... Diese Prägung wird man nicht wieder los...

Ihr Kopf sagt, dass sie gehen soll. Aber ihr Herz sagt das Gegenteil.

Lou dreht sich von einer zur anderen Seite, vollkommen unentschlossen und zweifelnd.

Egal wie viel sie sich dreht, sie kann einfach nicht einschlafen. Eine Träne von innerer Unentschlossenheit tropft auf das Kissen.

Auf ihrem Körper bilden sich Schweißperlen und sie schaut immer mal wieder zu Lucius und hadert währenddessen mit sich.

Als sie es nicht mehr aushält und stundenlang wach gelegen hat, setzt sie sich auf und erhebt sich. Als sie steht, schaut sie auf den friedlich schlafenden Lucius, der ein sanftes Lächeln auf den Lippen hat.

Lou kreist ihre Schultern nach hinten, um sich entspannen zu können. Die erwünschte Wirkung bleibt aber aus.

Hoffentlich wacht er nicht auf und denkt, sie würde ihn verlassen... Erneut schüttelt sie den Kopf. Was ist nur mit ihr los? War heute etwas in ihrem Frühstück oder was?

Auf leisen Sohlen, genau genommen auf gar keinen, schleicht sie sich aus dem Raum und öffnet die Tür. Zu ihrer Überraschung ist sie nicht mal abgeschlossen. Welch Wunder.

Aber ist das nicht nur wieder ein Zeichen seines Vertrauens? Genauso wie sein Zurückhalten bei der abendlichen Umklammerung?

Lou senkt den Kopf in der Dunkelheit und tastet nach ihrem Zauberstab. Verdammt, sie hat ihn auf den Nachtisch liegen gelassen! Jetzt hat sie kein Licht, um den Gang entlang zu gehen!

Vorsichtig tastet sie sich voran, nur in dem Gedanken, so weit weg wie möglich von ihm weg zu kommen. Nicht, weil sie jetzt schon flüchten möchte. Sie möchte sich nur entscheiden, ob sie es überhaupt tun soll oder nicht.

Dazu geht sie sogar die Treppe hinunter. Schließlich kann das Aufploppen eines Hauselfen ziemlich laut sein. Sie möchte kein Risiko eingehen, zumal die Tür zu Lucius noch offen steht.

Als sie in einem Raum angelangt, den sie so nicht erkennen kann, flüstert sie leise: „Flumpi" Sie holt tief Luft und spricht lauter: „Flumpi, ich brauche dich."

Nur wenige Sekunden später ertönt das typische Plopp-Geräusch und die Hauselfe taucht vor ihr auf. In der fast vollständigen Finsternis, die nur ein wenige Helligkeit durch den Mond und die Sterne von draußen durch die Fenster hat, mustert sie das kleine Wesen.

„Ja, Flumpi für neuen Master bereit.", sagt die Hauselfe und schnippst einmal mit dem Finger, um Licht entstehen zu lassen. Sofort hält sie einen kleinen, nicht greifbaren Lichtball in der Hand und blendet damit aus versehen Lou.

„Hmpf...", gibt sie von sich, dreht sich danach aber wieder zu ihr. „Flumpi, ich brauche deinen Rat."

„Ja, Mrs?", fragt die Hauselfe und legt den Kopf schief.

„Ich möchte morgen eigentlich flüchten. Ich vermute mal, dass du mich begleiten wirst, weil ich Lucius darum gebeten habe und ich mich recht gut mit ihm verstehe. Momentan." Vorsichtig schaut die junge Frau sich nach allen Seiten um, um sich ja nicht vor ihm zu verplappert. Sie kann nie sicher genug sein.

„Genau da liegt das Problem. Wir verstehen uns gut. Und ich möchte das nicht zerstören. Ich sehe, wie es anfängt, ihm gut zu tun. Ich sehe, wie er gut wird! Lucius verändert sich und ich spüre eine Verbindung zu ihm. Ich schöpfe wieder Hoffnung. Gleichzeitig weiß ich aber auch, dass das nicht sein kann, irgendetwas dahinter stecken muss und ich ihn schnell hinter mir lassen sollte. Was würdest du tun?"

„An ihrer Stelle, Miss? Gut, dass Flumpi sich nicht an der Stelle ihrer neuen Lady befindet. Flumpi hat doch davon keine Ahnung und kann keinen Rat geben..."

„Ich frage dich als Freundin, Flumpi.", unterbricht Lou die Hauselfe. Bewusst nennt sie sie Freundin. Das macht sie nur, damit Flumpi ihr mehr vertraut und einsieht, dass sie an der wirklichen Meinung der Elfe interessiert ist. „Außerdem verlange ich das gar nicht von dir. Ich möchte dich nur fragen, ob du wirklich gehen möchtest oder nicht. Du als Flumpi, nicht als Lou."

Die Haufelfe hebt den Kopf und schaut ihre Herrin aus den großen Augen heraus an. Sie überlegt und starrt ins Ferne. Eine Träne kullert ihre Wange hinab, die Lou nur zu gerne wegwischen würde. Aber dazu ist sie viel zu nervös und selbst zu unruhig. „Es tut Flumpi leid, Miss. Aber Flumpi würde sehr gerne von ihr weg, wenn Mrs bereit ist, sie dann aufzunehmen. Mr Malfoy hat Flumpis Familie Schreckliches angetan. Flumpi dachte, das sei normal. Aber durch Sie hat sich Flumpis Sichtweise verändert."
Als die Hauselfe das ausgesprochen hat, schweigt sie. Beide schweigen.

In Lous Kopf tobt es. Lucius hat die Hauselfen nie gut behandelt, ihnen neben dem Schmerz bestimmt noch mehr Leid hinzugefügt. Flumpi hat aufgehört, an das Gute in ihm zu glauben.

„Du kennst ihn länger als ich. Denkst du, er würde mich gut behandeln?", fragt Lou. Innerlich kennt sie bereits ihre Entscheidung. Sie hat Flumpi da mit rein gezogen. Ist es wirklich fair, sie zu enttäuschen, nur weil Lou ihre Meinung ändert?

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt