51. Kapitel

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„Hier entlang.", sagt er, obwohl er sie sowieso schon in die entsprechende Richtung schiebt. Die beiden stehen vor einem verzierten Gebäude. Von Außen ist es in einem Weiß und hellen Blau gehalten. Über der Tür steht in goldenen Buchstaben der Name des Geschäfts. „Café des edlen Reinblüters"

Vor der Tür steht ein Mann. Er trägt einen Anzug mit einem Umhang, deutet eine Verbeugung an, als Lucius näher tritt.

Er schenkt ihm nicht einem Blick, sieht nur auf seine Begleitung oder durch die Fenster ins Innere des teuren Ladens. „Einen Tisch für zwei.", sagt Lucius nur, wendet den Blick aber nicht von Lou ab.

Anders als ihr Verlobter nickt Lou dem Mann mit einem erzwungenen Lächeln zu. „Guten Tag, Sir."

„Einen wunderschönen Morgen, Mr Malfoy und..."

Noch bevor er zu Ende sprechen kann, unterbricht Malfoy ihn in einem gelangweilten Ton. „Mrs. Malfoy."

Lou beißt sich auf die Lippe, muss sich zusammenreißen, nichts zu erwidern. Sie zwingt sich zu einem höflichen aber distanzierten Lächeln. So wie sie glaubt, dass Lucius es sich wünscht.

„Natürlich Sir, folgen Sie mir bitte.", sagt der höfliche Mann, dessen Haltung fast so extrem wie die von Lucius ist. Es gibt nur einen Unterschied: Malfoy strahlt Dominanz aus, der Mann mittleren Alters Unterwürfigkeit.

Der Mann, dessen Namen Lou nicht einmal kennt, öffnet die Tür und hält sie für beide offen.

Hinter der Tür verbirgt sich ein großer Raum, der angeberisch eingerichtet ist. An den Wänden befinden sich ab und zu Gemälde von bekannten Persönlichkeiten. Alles Reinblüter, versteht sich. Sie sollen wohl Vorbilder sein, obwohl die meisten davon Schreckliches getan haben. Der Boden besteht auf edlen Fließen, die Wände sind weiß und aufwendig verziert.

Viele kleinere Tische stehen voneinander entfernt. Jeder davon ist gleich gedeckt. Viele Bestecke liegen neben dem Teller, als würde man bei einem Frühstück alle davon brauchen.

Lou ist verwirrt. Das hier kommt ihr nicht wie ein Café vor. Im Gegenteil, es erinnert sie an ein 5-Sterne Restaurant.

Ein einfacher Kaffee muss hier ein Monatseinkommen der Mittelschicht kosten. Gut, das ist übertrieben, aber teuer wird es sicherlich sein. Wozu braucht man bitte so einen übertriebenen Luxus? Dient es teilweise auch als Statussymbol?

„Wollen Sie lieber an einem Fenster sitzen oder in der Mitte des Raumes?", fragt der Mann. Platz hätte das Café, schließlich gibt es nur wenig Kundschaft. Da kommt es wohl eher auf die Qualität des Inhaltes des Geldbeutels an als auf die Quantität der Besucher.

„Am Fenster, in der Ecke.", sagt Lucius knapp und schiebt Lou immer weiter. Sie fühlt sich unwohl. Mehr als das. Sie möchte hier nicht gesehen werden, nicht einen so arroganten Eindruck machen. Sie schämt sich. Alleine weil sie hier ist. Sie ist fehl am Platz. Zwar ist sie nur unter Leuten wie Lucius, aber vielleicht ist das nicht besser, damit sie sich wohler fühlt. Auch wenn sie nur einen kleinen Fehler macht, merken die anderen wenigen Gäste sofort. So sind Reinblüter nun mal.

Der Kellner deutet auf einen Tisch für zwei Personen in einer Ecke. Lucius nickt als Bestätigung und setzt seinen Gang in diese Richtung fort.

Dort angekommen ignoriert er den Kellner, der ihr eigentlich den Stuhl zurechtrücken möchte. An seiner Stelle übernimmt er nun diese Aufgabe, was Lou doch sehr überrascht. Lucius wirkt wie verändert. Dass er so zuvorkommend ist, hat sie bisher noch nicht erlebt. Ob sie ihn vielleicht einmal darauf ansprechen soll? Aber was ist, wenn es dann aufhört? Schließlich liegt es sicherlich nur an seinem Benehmen in der Öffentlichkeit. Im Malfoy Manor wird es wieder ganz anders sein, so wie vorher.

Sie senkt den Kopf, als Lucius sich gegenüber von ihr setzt.

„Möchte der Herr etwas trinken?"

Ohne lange zu überlegen bestellt er für sich und sie. Lou runzelt die Stirn. Darf sie nicht selbst bestellen? Gegen einen Kakao hat sie natürlich nichts, viel besser als ein Kaffee, wie er es selbst für sich bestellt. Trotzdem verwundert sie das. Sie hat auch noch gar keine Karte bekommen. Gibt das in einem solchen Café nicht? Nein, das ist ausgeschlossen.

Der Kellner nickt und schenkt in zusätzliche Gläser Wasser ein, ehe er sich mit einer angedeuteten Bewegung umdreht und sich von Tisch entfernt, um die beiden alleine zu lassen.

Als er weg ist, beugt sich Lou vor, darauf bedacht, Haltung zu bewahren und ihre Gefühle möglichst nicht zu zeigen.
„Warum darf ich nicht selbst bestellen, Lucius?"

Lucius hebt eine Braue, greift nach dem Glas und nimmt daraus einen Schluck. „Weil ich deine Ernährung überwachen möchte. Ich empfinde es nicht als richtig, wenn du Koffein zu dir nimmst.", gibt er als schlichte Antwort von sich.

Er möchte ihre Ernährung überwachen? Welch Ironie. Er trinkt selbst Kaffee und hat ihr in den letzten Tagen nicht ausreichend zu essen und trinken gegeben. Der Grund dafür, weshalb Lou sich kaum noch beherrschen kann und ebenfalls nach dem Glas Wasser zu ihrer Rechten greift und es in einem Zug leertrinkt. Unabhängig davon, ob es vornehm ist oder nicht. Bevor sie Kopfweh bekommt, trinkt sie lieber zu viel als zu wenig.

„Wie findest du es?", fragt er leise, in einem ruhigen Ton. Seine Hände liegen locker an der Kante der Tischplatte und zeigen offen den Verlobungsring. Lou selbst weigert sich darauf zu sehen, schaut auf die Serviette vor sich. „Sehr... vornehm.", sagt sie, weil alles andere ihm nicht gefallen würde. Für sie es schlichtweg eine Beleidigung für all jene, die niemals so speisen können, ebenso wie für die Bediensteten hier. Hier zu sein ist arrogant, abgehoben. Normalerweise würde sie mit solchen konsumgeilen Menschen nichts zu tun haben wollen. Wie sehr sich das doch geändert hat. Sie möchte es immer noch nicht, hat jetzt aber keine Wahl mehr.

Lucius schmunzelt. „Vornehm also? Es sind nicht deine richtigen Gedanken, nicht wahr? Aber es kümmert mich auch nicht. Sei froh über das, was ich dir gebe. Gewöhne dich daran. Es hat auch Vorteile, eine Malfoy zu sein. Auch wenn du diese noch als Nachteile empfinden solltest. Du wirst es verstehen. Es ist eine Sache der Zeit und Gewohnheit.", sagt Lucius mit gesenkter Stimme, obwohl um sie herum niemand sitzt. „Für dich nur das beste. Du wirst noch sehen, was gut für dich ist. Und bis dahin übernehme ich das für dich."

Er spricht so, als wüsste er, was gut und was schlecht für sie ist. Was er sich doch alles einbildet... Alles was er bisher getan hat, ist schlecht für sie gewesen.

Lou, die mit dem Rücken zur Tür sitzt, sodass nur Malfoy alles überblicken kann, nickt fälschlich. Vielleicht wird es eines Tages wirklich so sein, wie er es gesagt hat. Es ist aber genau das, wovor sie Angst hat. Wird sie so werden, wenn sie den Liebestrank nehmen würde? Wird sie seine Ansichten dann teilen?

Wie kann sie der Veränderung also entgehen? Eine geglückte Flucht wäre wohl das einzige.

Sie spannt sich bei diesem Gedanken an. Der grobe Plan steht schon, aber noch ist nichts vollkommen klar. Alles hängt von Flumpi und auch von Lucius' Handlungen ab.

„Also... lass uns doch über diesen John reden...", beginnt Lucius, nachdem er tief Luft geholt hat, um das vorherige Thema abzuschließen.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt