48. Kapitel

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Als Lucius wieder die Hände von ihr nimmt, spürt sie diese Kälte in sich, dreht verwirrt den Kopf zu ihm. Ist plötzlich ein Fenster aufgegangen oder was ist passiert?

Doch das einzige, durch einen dichten weißen Vorhang verdeckte Fenster, ist geschlossen.

Sie dreht den Kopf zurück zu ihm. Gerade schließt er eine Schranktür unterhalb des Waschbeckens und kommt mit etwas in einer Phiole mit breiterem Hals zurück. Der Inhalt sieht weich aus, wie Creme. Doch es ist nicht cremig. Eher klumpig.

Sie zuckt wegen ihrer Gedanken die Schultern, als Lucius die Phiole entkorkt und hinter ihr auftaucht. Er lässt etwas von dem klebrigen Inhalt auf seine Hand fallen und stellt danach den Rest zur Seite. Er hebt die Hand, sucht durch den Spiegel ihren Blick. „Es wird jetzt ein wenig kalt werden und nach Zitrone riechen. Aber nach einer Minute wird es wieder in Ordnung sein.", sagt er. Gerade als er es ausgesprochen hat, berührt er ihr Wunde. Lou zischt auf. Sie hat das Gefühl, es würde brennen. Für einige Sekunden ist es auch so, aber dieses Brennen wandelt sich in eine ungeheure Kälte. Sie fühlt sich, als wäre sie Eisschwimmen. Auch das Kalte verschwindet langsam, während er es ihr fertig einreibt. Es wird zu einem Stechen, als würde ihr dort jemand ein Messer hineinrammen. Sie keucht, bückt und verkrampft sich. Was hat er da getan? War das alles nur erlogen und gespielt? Lou schnappt nach Luft. Verdammt!

Sie kann sich kaum noch auf den Beinen halten.

Lucius hält sie währenddessen fest, beißt ebenfalls die Zähne zusammen und beugt sich zu ihr vor. „Pscht... gleich ist es geschafft, halte durch. Es sind nur noch 20 Sekunden." Seine Stimme klingt so sanft. Es ist alles was sie hört. Das Stöhnen von ihr geht in dem Piepsen und Rauschen in ihrem Ohr unter.

Sie konzentriert sich auf das, was er gesagt hat. Gerade als sie denkt, sie könnte es nicht mehr aushalten, hört es schlagartig auf. Von jetzt auf gleich. Als gäbe es keinen Übergang. Sie taumelt, doch Lucius hält sie weiterhin. „Ich bin da.", murmelt er mit fester Stimme.

Lou nickt, registriert erst jetzt richtig, was passiert ist. Es ist nicht nur der aufkommende Schmerz verschwunden, sondern allgemein aller Schmerz, der ihrem Körper innegewohnt hat. Es fühlt sich wieder vollkommen normal an. Sie wagt es kaum, ihre Hände die Stelle fühlen zu lassen, doch sie greift vorsichtig an die Stelle auf ihrem Rücken. Alles was sie spürt ist ein feines Narbengewebe aus kollagenen Fasern. Verblüfft dreht sie sich zu Lucius um, der sie mittlerweile wieder losgelassen hat. Das hat sie nun wirklich nicht erwartet. Was zum... Es hat tatsächlich funktioniert. Warum hat er es ihr vorher nicht schon gegeben?

Lou spürt aufkommende Wut. Diese beruht auf zwei Gründen. Der erste ist, dass er ihr nicht schon früher diese ganzen Schmerzen genommen hat. Der andere ist, dass er ihr nur gesagt hat, es würde kalt werden. Von wegen. Diesen Stich hat er ihr vollkommen verschwiegen.

Lucius, der sie ruhig mustert, hebt abwartend eine Braue. „Falls du dich darüber aufregst, weil ich dir nicht ganz die Wahrheit zu dem Mittel gesagt habe, kann ich dich beruhigen. Du hättest nur Angst gehabt und es wäre noch schlimmer für dich gewesen, wenn ich es dir gesagt habe."

Er schmunzelt und legt seine Hände an die Knöpfe seines zerknitternden Hemdes. Damit beginnt er, sich auszuziehen.

Lou beruhigt sich langsam wieder. Das was er sagt, stimmt vermutlich. Außerdem sollte sie sich nicht aufregen. Sie strafft die Schultern und lenkt sich damit ab, an sich hinab zu sehen

Auch ihre Hände gleiten zu ihrer Hose. Sie kommt sich komisch vor. Sich vor Fremden auszuziehen ist nicht unbedingt das, was auf ihrer Tagesliste steht. Anderseits ist Lucius auch kein Fremder mehr für sie. Was er für sie ist, weiß sie aber auch nicht. Entführer? Herr? Verbrecher? Verlobter?

Sie weiß es nicht. Ein Gefühl sagt ihr aber, dass die genannten Begriffe irgendwie nicht zu ihm passen.

Mit Nervosität in den Augen streift sie sich ihre Hose und damit auf ihre Unterhose herunter und steigt aus beidem heraus. Ihr Blick hebt sich zu Malfoy. Dieser zieht gerade auch seine Hose aus. Seine Brust ist nackt. Er ist nicht sonderlich muskulös, dafür aber stark und breit. Nicht dick.

Lou gefällt sein Profil, wenn sie es sich wirklich richtig eingesteht.

Beschämt und mit roten Wangen wendet sie den Blick ab. Sie sollte nicht so über ihn denken.

Sie atmet einmal tief durch, bevor sie an die Badewanne tritt und hinein schaut. Das Rascheln der Kleidung von Lucius hört sie noch hinter sich, ebenso wie das Plätschern des Wassers. Die Badewanne ist mittlerweile bereits bis zur Hälfe gefüllt.

Es duftet. Der ganze Raum riecht nach Minze. Ob er diesen Duft jemals wieder los wird? Sie nimmt ihn tief in sich auf, schließt für einen Moment die Augen.

Genau da legt er einer seiner starken Arme um ihre Hüfte und hebt sie hoch. Vor Schreck quiekt Lou auf und dreht den Kopf zu ihm. Was ist nur los mit ihm? Er trägt sie auf seinen Armen, ist dabei vollkommen nackt.

Ein verschmitztes Lächeln ziert sein Gesicht, welches ihr durch Mark und Bein geht.

„Gut sieht du aus.", haucht er ihr zu. „Ob du auch noch so gut aussiehst, wenn du im entstehenden Schaum liegst? Ich tippe auf ein noch besseres Aussehen."

Lou muss lachen. Es ist so befreiend. Alles ist kurz vergessen, was geschehen ist. So hat sie sich Lucius gewünscht. „Schön, dass du mich nur über mein Aussehen identifizierst.", lacht sie.

Mit diesem Geräusch von ihr, zaubert sich auch auf sein Gesicht ein ehrliches Lächeln. Er macht einen großen Schritt über den Rand der Badewanne und über die fließenbedeckte Erhöhung in die Badewanne.

Zu ihrer Überraschung scheint er relativ fest zu stehen. Schließlich zieht er noch sein anderes Bein nach und setzt sich dann hin. Lou liegt noch immer auf seinen Armen. Ihr Puls erhöht sich. Was ist das hier nur? Etwas wie eine romantische Stimmung? Mit Lucius? Wow, ein Wunder ist geschehen.

Endlich berührt ihre Haut auf das warme Wasser. Sogleich fühlt sie sich geborgen.

Lucius lässt sie auf sich gleiten und legt sich zurück. Dabei hält er sie mit seinen Armen auf sich. Lou legt den Kopf an seine Brust zurück. Schön, wirklich schön ist dieser Moment.

Der, durch die Bewegung entstehende Schaum, sammelt sich auf ihr. Sie überlegt nicht lange, als sie mit den Händen nach welchem greift und sie ihm hinter sich ins Gesicht klatscht. Lou muss lachen, fühlt sich so losgelöst.

Für einen Moment ist es still. Lou dreht den Kopf zu ihm. Was sie sieht, bringt sie erneut zum Lachen. Jetzt sind nicht nur Lucius' Haare fast weiß.

Mit dem Handrücken schiebt er schließlich den Schaum auf seinem Gesicht zur Seite und hebt quälend langsam eine Braue. „Das war...", beginnt er, scheint nach einem passenden Wort zu suchen. „kindisch.", vervollständigt er schließlich seinen Satz.

Lou weiß, dass er es nicht böse meint, verkneift sich aber dennoch ein Schmunzeln.

„Wehe du wagst es, mich jemals damit aufzuziehen.", sagt er jetzt leicht drohend. Doch es ist nur Spaß.
Lou gefällt das. Das ist wohl seine andere Seite. Immer noch stolz und befehlend, aber deutlich ruhiger und netter.

Lucius schmunzelt, streicht sich noch einmal durch die langen Haare, ehe er sich wieder zurücklehnt.

Damit zieht er sie weiter auf sich, sodass sie nun direkt auf ihm sitzt.

Lou hält die Luft an, als sie etwas ganz Eindeutiges an ihrem Hintern spürt.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt