71. Kapitel

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Er beugt sich unheilverkündend zu ihr vor. Lou spürt seinen Atem an ihrem Hals und ihre Augen weiten sich immer mehr vor Angst.

„Ich möchte nicht, dass du so mit mir redest. Erst recht nicht, wenn du mir widersprichst."

Seine Hand wandert von ihrer Schulter bis zu ihrem Hals. Er legt die Hand darauf und streichelt sie sanft. Für Lou ist das kein schönes Gefühl, viel mehr eine Drohung. Bilder tauchen vor ihren Augen auf. Bilder, als er sie gewürgt hat, ihr immer und immer wieder Gewalt angetan hat. Meist wegen Kleinigkeiten.

„Wir verstehen uns doch gerade so gut... Alles ist perfekt. Gut, nicht perfekt. Du solltest mich langsam mal wirklich lieben und es nicht nur versuchen. Meine Geduld neigt sich dem Ende zu. Ich kann mich nicht mehr lange zurückhalten. Verstehst du das denn nicht? Ich... ich will es doch auch nicht!", sagt er und wird zum Ende hin immer leiser. In seinem Blick mischt sich die Wut mit Gier. Gier, mit der er über ihren Körper schaut. Lucius scheint Sehnsucht zu haben. Sehnsucht nach ihr und ihrem Körper. Die Gier scheint erst jetzt wieder rauszukommen, weil er sie den Tag über nicht gesehen hat. Der Grund dafür, weshalb er die Bilder haben möchte. Es scheint Folter für ihn zu sein, wenn sie nicht da ist. Als wäre sie eine Droge, eine gefährliche Droge, ohne die er verrückt werden würde.

„Ich...", keucht sie, weil sie fürchtet, es könnte nun schlecht für sie enden. Schauer durchlaufen ihren Körper und sie versucht dem Blick von Lucius auszuweichen. Sie will es nicht sehen.

„Du? Was? Hast du Angst? Hast du Angst, ich könnte dir etwas tun? Ich weiß, dass deine Nerven blank liegen. Aber meine tun es auch. Wie du hier stehst in der Dunkelheit... hilflos vor mir..."

Er zieht ihr Kinn mit seiner Hand zu sich. „Außerdem verdienst du eine Strafe. Mich bloßzustellen, vor einem Muggel... Ich sollte dir das nicht durchgehen lassen."

Lou schluckt. „Lucius... reiße dich zusammen. Bitte! Du weißt, dass ich das nur aus dem Effekt heraus gesagt habe.", sagt sie mit trockenem Mund. Sie fürchtet sich vor dem, was passieren könnte.

Der Druck auf ihrem Kinn verstärkt sich und er drückt sie stärker mit seinem Körper an die Wand hinter sich. Seine Mitte ist an ihrer und sie spürt seine harte Erregung. Lous Körper beginnt zu zittern.

„Das hat nur das Fass zum Überlaufen gebracht. Schon die ganzen letzten Tage sehne ich mich danach. Meine Liebe, mein Verlangen zu dir ist gestiegen, viel zu groß als dass ich es aushalten könnte. Aber du bist nie darauf eingegangen, hast keinen Schritt auf mich zugemacht, wenn ich einen gegangen bin. Ich habe mich wirklich zusammengerissen. Das ist etwas, das ich für andere Menschen zuvor nie getan habe. Du wolltest versuchen, mich zu lieben. Du vergisst aber, dass das auch dazu gehört." Mit diesen Worten deutet er auf seine ziemlich große Erektion.

„Das gehört nicht dazu.", sagt Lou mit beschleunigtem Atem. Sie muss hier weg! Unbedingt und sofort. Sie muss ihn davon abhalten, so etwas zu tun. Küssen ist noch in Ordnung, aber gewiss kein Geschlechtsverkehr, der in dem Falle eine Vergewaltigung wäre! Das würde sie nicht aushalten, es würde sie zerstören. Das hat sich in den letzten Tagen auch nicht verändert. „Sex ist kein Mittel zur Liebe. Es entsteht aus der Liebe, Liebe führt dazu aber nicht andersherum."

„Ach echt?", Lucius hebt eine Braue. „Ich liebe dich. Du versucht mich zu lieben. Also können wir auch Sex miteinander haben, um diese Liebe zu verstärken."

Lou schaut verwirrt drein. „Es muss aber zweiseitige Liebe sein."

Malfoy atmet tief durch und senkt die Hand, in der noch der Gehstock ist und die an ihrer Schulter liegt, ab. Er stellt den Gehstock neben ihr an die Mauer aber so weit entfernt, dass sie es nicht erreichen kann.

„Das wird es auch sein. Außerdem interessiert mich das nicht. Es wird dich über kurz oder lang auch zur Liebe führen. Du wirst dich daran gewöhnen müssen."

„Nein, das wird es nicht."

Lucius' Hand schließt sich um Lous Hals und er nähert sich ihr noch mehr mit dem Gesicht. Seine Lippen treffen auf ihre und er beginnt sie zu bewegen.

Lou spannt sich an und schaut ihn flehend an. Weil sie nicht erwidert, löst sich Lucius.

Er mustert sie, seine Miene wird finsterer.

Einmal atmet er tief durch, bevor er sie loslässt und sich von der Wand abstößt.

Er nimmt seinen Gehstock und dreht sich schwer atmend um. Lou versteht die Welt nicht mehr, schaut auf seinem Rücken und streicht über ihre Lippen.

Malfoy bewegt sich nicht, schaut einfach nur in die Dunkelheit.

„Na gut... Ich halte mich nur wegen dir zurück." Er verstummt noch einmal. „Komm jetzt.", sagt er in einem herrischen Ton, den er meist im Umgang mit seinen Hauselfen benutzt.

Die junge Frau an der Wand schaut an sich hinab und auf das Kleid, das nun zerknittert ist. Ohne lange zu zögern geht sie zu ihm. Ihr Puls ist noch immer hoch, sie kann sich nicht zurückhalten.

Er hält ihr die freie Hand hin und Lou tritt neben ihn. Sie ergreift seine Hand und schaut schweigend zu Boden. Was soll sie denn tun? Wie soll sie ihn die letzten Tage bei ihm zufrieden stellen? Er ist eine tickende Zeitbombe, die jeden Moment in die Luft gehen könnte. Es ist viel zu riskant für sie, irgendwie etwas zu tun oder zu sagen. Den Grund dafür, weshalb er sie verschont hat, kennt sie nicht. Er hat nur gesagt, er würde es für sie machen. Sind es die Erinnerungen ihres Selbstmordversuches, die ihn so plötzlich davon abgehalten haben? Gewissen? Kann es sein, dass er vor keiner Tat außer vor einer Vergewaltigung von ihr zurückschreckt?

Sie hofft inständig, dass er es nicht machen wird. Auch wenn es gerade sehr knapp war. Wann wird es das nächste Mal knapp sein? Sie kann ihn überhaupt nicht einschätzen. Lou dachte, er würde ihr höchstens eine Ohrfeige für ihre Frechheit geben. Sie hat sich verschätzt. Es gibt nie Sicherheit bei Malfoy.

Er setzt sich in Gang und zieht sie hinter sich her und nimmt keine Rücksicht darauf, ob sie nachkommt oder nicht.

Ohne Vorwarnung appariert er mit ihr ins Manor. Lou ist darauf nicht vorbereitet und schreit auf, als sie sich im Strudel des Apparierens befindet und verliert die Orientierung. Kurze Zeit später, als sie schon wieder auf festem Boden steht, schwankt sie und kann sich kaum halten.

Sie steht nur noch auf einem Bein und alles um sie herum dreht sich.

Malfoy hält sie eisern fest und schaut von oben auf sie hinab. Seine Mundwinkel zucken, als er sie grob hochzieht.

Die junge Frau schnappt nach Luft, als er sie so festhält. „Wir werden jetzt schlafen gehen.", beginnt er in kaltem Ton und zieht sie mit sich ein Stockwerk höher in ihr gemeinsames Schlafzimmer.

Dort stoßt er sie ins Bett. Die zitternden Knie zieht sie an sich und schaut ihn aus großen Augen an.

Was hat er vor, weshalb ist er so grob zu ihr? Weil er frustriert über die gesamte Lage ist?

Ihr Magen knurrt, doch das scheint ihn nicht zu kümmern.

Lucius schaut ein letztes Mal zu ihr, ehe er ins Bad geht und kurze Zeit später vollkommen nackt wiederkommt.

Lou, die inzwischen durch ihn nicht mehr müde ist, wendet schnell den Blick von ihm ab. Er ist wirklich vollkommen nackt.

Schützend zieht sie die Decke höher.

Eine Einbeulung der Matratze kann sie wahrnehmen und spürt seine Präsenz neben sich.

Seine kräftigen Arme schlingen sich um ihren Bauch und ziehen sie herrisch näher zu sich heran.

Besitz, Liebe, Schmerz, Zweifel - Lucius MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt