13 - Gefühlschaos

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~I.

Der Kuss ist sanft und besser, als ich ihn mir jemals erträumt hätte. Es ist mein erster Kuss, aber ich hätte ihn mir nie besser vorstellen können.

Als wir uns voneinander lösen, atme ich aus.

"Was ist los? Ich spüre, dass dich etwas beschäftigt."

"Mein Bruder. Damon hat ihn meinetwegen....umgebracht."

Tränen rennen über meine Wangen und ich entferne mich von Kaiden.

"Kleines, gib dir keine Schuld."

Seine starken Arme umschlossen mich von hinten und ich fühle mich automatisch besser. Ich weiß, dass er mir diese Gefühle durch unseren Körperkontakt gibt. Deshalb reiße ich mich von ihm weg und drehe mich zu ihm um.

"Nein, tu das nicht. Ich...ich habe kein Recht mich glücklich zu fühlen. Mein Bruder wollte mich beschützen. Ich habe Schuld, dass man ihm seine Kehle durchgeschnitten hat!", schreie ich laut.

Seine Augen werden groß und er blickt mich mitleidig an. Er tretet einen Schritt nach vorne, weshalb ich einen nach hinten mache.

"Nein, bleib da!", fordere ich auf.

"Engel, hast du es mitangesehen? Hat Damon dich dazu gezwungen, dass du es miterlebst?", fragt er sanft. Trotzdem kann ich in seiner Stimme Wut erkennen.

Ich schüttel meinen Kopf.

"Nein, er hat meinen Kopf berührt und mir diese Bilder in meinen Gedanken gezeigt."

~K.

Mein Herz schmerzt, sie so zu sehen. Nicht nur sie verletzt zu sehen, sondern auch traurig. Sie gibt sich die Schuld für den Tod ihres Bruders. Obwohl sie nicht ein Fünkchen schuldig ist.

Dieser Bastard vorhin war ein Alpha. Man bemerkt den Unterschied zwischen Alpha, Beta oder andere Rudelmitglieder direkt, wenn man ein übernatürliches Wesen ist.

Das heißt, dass er mächtig ist. Ein Alpha hat die Möglichkeit Menschen Bilder in ihrem Kopf zu zeigen, die eigentlich gar nicht der Wahrheit entsprechen. Vielleicht ist ihr Bruder nicht gestorben. Es kann sein, dass er noch am Leben ist. Aber ich kann meiner Gefährtin keine falschen Hoffnungen machen. Ich muss mir zuerst absolut sicher sein.

Ich trete wieder nach vorne und lege meine Hand auf ihre Wange. Diesmal weicht sie nicht zurück, worauf ich sehr glücklich bin. Ich kann es nicht ertragen, wenn sie Angst vor mir hat oder mich nicht in ihrer Nähe haben möchte.

"Kannst du dich an die Umgebung erinnern? Als Damon dir die Bilder gezeigt hat?"

"Ja, es gibt ein spezielles Gefängnis für Verräter. Dort ist es passiert."

"Kannst du mich in die Nähe bringen?"

Sie nickt traurig. Am liebsten hätte ich das allein in die Hand genommen, aber mich würden keine zehn Pferde von ihr trennen. Erst Recht nicht, wenn der Bastard da draußen noch am Leben ist.

Hand in Hand zeigt mir Irina den Weg und vor einen kleinen Raum bleibt sie stehen.

"Direkt hinter dieser Tür."

Ich schnüffle an der Luft. Ich kann kein Blut oder etwas anderes ausmachen.

"Bleib kurz hier, ich werde nachsehen."

Widerwillig lasse ich ihre Hand los und betrete den Raum. Habe ich es mir doch gedacht. Hier ist seit Tagen niemand mehr hier gewesen. Schnell gehe ich wieder raus, wo mich Irina erwartungsvoll ansieht.

"Du bist dir sicher, dass es hier gewesen ist?"

"Ja."

"Kleines, ich glaube nicht, dass er tot ist!", spreche ich meine Vermutung laut aus.

"Was?" Sie stürmt an mir vorbei und blickt sich um. Verwirrt geht sie auf und ab.

"Hier lag er! Genau hier!"

Ich nehme sie in die Arme und spreche sanft: "Er hat dir falsche Bilder in den Kopf gepflanzt. Die haben nicht gestimmt."

"Also lebt er?", fragt sie hoffnungsvoll.

"Ja, da bin ich mir hundertprozent sicher. Er muss geflohen sein. Damit es nicht auffällt, hat Damon dir Lügen erzählt. Es soll glaubwürdig sein."

"Aber wo steckt er?"

"Komm mit."

Ich nehme ihre Hand und laufe wieder dorthin, wo ich meine Gefährtin blutbesudelt vorgefunden habe. Bevor ich jedoch dort ankomme, werde ich unruhig. Verdammt.

Im Kerker angekommen bestätigt sich mein Verdacht.

"Er ist weg!", sage ich wütend.

"Tut mir leid, es ist meine Schuld."

Schnell drehe ich mich um und lege meine Hände auf ihre Wangen.

"Wenn du dir noch einmal die Schuld für etwas gibst, dann..."

Ich grinse und lege meine Lippen auf ihren Hals. Sie bekommt direkt Gänsehaut und ich muss leicht kichern.

"Hör auf, Kaiden!", haucht sie leise.

Ich löse mich von ihr und schenke ihr ein ehrliches Lächeln.

"Lass uns von hier verschwinden."

"Mein Bruder?"

"Wir werden ihn finden. Ich verspreche es! Überlass das mir."

Als wir nach draußen gehen, hebe ich Irina hoch.

"Ich kann allein laufen."

"Erstens, hast du kaum noch Kraft in den Beinen. Zweitens, sind wir so schneller."

"Was...was hast du mit den anderen gemacht? Ich habe niemanden gesehen und du bist voller Blut."

Ich seufze.

"Als ich dich gerochen habe, wollte ich dich schnellmöglichst finden. Deshalb bin ich so schnell wie ich konnte hergekommen. Jeder der sich mir in den Weg gestellt hat, den habe ich..." Ich lasse den Satz so stehen und spreche weiter.

"Wenn mein Lykaner einmal die Kontrolle übernimmt, kann ich nichts dagegen tun. Die anderen sind davongelaufen, sie wussten was ich bin."

"Aber bekommst du deine Kontrolle wieder? Vorhin hast du dich leicht zurückverwandelt."

"Es war deinetwegen, mi princesa. Allein deine Anwesenheit beruhigt meinen Lykaner und ich kann ich selbst sein. All die Jahrhunderte bin ich nach meinen Ausbrüchen irgendwann erschöpft zusammengesackt. Erst als ich aufwachte, war ich wieder ich selbst."

"Jahrhunderte?"

Mist, der Satz ist mir rausgerutscht.

"Wir reden ein anderes Mal darüber. Ich bringe dich jetzt ins Hotel und wir kümmern uns um deine Wunden. Schlaf etwas."

"Kaiden?"

"Ja, Süße?"

"Danke."
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Lykaner (Kaiden & Irina)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt