Lykaner (Kaiden & Irina)

24 - Wut

~I.

Kaiden verwandelt sich gerade vor meinen Augen in einen Lykaner. Ich kenne meinen Bruder, wenn er zum Werwolf wird. Aber Kaiden ist viel größer und angsteinflössender. Sein ganzer Körper verbiegt sich, ich höre nur das Knacksen. Die Verwandlung dauert lediglich zwei Sekunden.

Plötzlich höre ich, wie eine dunkle Stimme spricht. Die habe ich auch damals in der Zelle gehört. Es ist Kaiden's Lykaner.

"Ich bringe ihn um."

"Kaiden! Nein!", sage ich leise und berühre seinen Arm.

"Bitte, verwandle dich wieder zurück in einen Menschen. Bitte!"

Er scheint mit sich zu kämpfen. Ich denke, dass er auf mich hören wird, aber plötzlich rennt er auf seinen vier Pfoten einfach davon.

"Kaiden!", schreie ich ihm hinterher. Verdammt, was habe ich getan? Wieso habe ich ihm die Wahrheit gesagt? Ich muss wohl verrückt sein! Ich renne ihm hinterher, doch als ich die Küche verlasse, kann ich ihn nirgendswo mehr entdecken.

Ich höre Gebrüll und Lärm. An meinen ganzen Körper bekomme ich Gänsehaut. Es ist alles meine Schuld. Ich renne in die Richtung und weiche erschrocken zurück. Überall sehe ich Lykaner, die versuchten sich vor den größten zu verteidigen.

"Kaiden, tu das nicht! Ich flehe dich an!", schreie ich unter Tränen. Die Aufmerksamkeit fällt auf mich.

"Verschwinde Irina!", brüllt eine Stimme.

"Nein!"

"Irina, du musst verschwinden. Kaiden hat keine Kontrolle mehr. Er wird dich verletzen!", sagt ein Lykaner. Adam?

"Nein, ich werde ihn nicht allein lassen."

Ängstlich trete ich einige Schritte vor und gehe auf Kaiden zu. Er knurrt mich an und schüttelt mit dem Kopf.

"Verschwinde Erasthai. Ich werde dich sonst auch töten!", knurrt die Stimme.

"Nein, du wirst mich nicht verletzen. Ich weiß, dass du mir nichts tun wirst."

"Wenn du nicht auf der Stelle von hier abhaust, werde ich dich entweder töten oder markieren!"

Ängstlich weiche ich zurück. Sein Blick wird kurz weich, doch plötzlich zuckt er und sieht zu den vier Lykanern.

"Hört auf Gabe zu beschützen. Komm raus, du Feiglich. Ich bringe dich um."

Ich höre ein ängstliches Wimmern. Tränen laufen über meine Wange und ich schreie laut: "Du willst, dass ich gehe? Gut, ich bin hier weg. Wage es ja nicht, je wieder in meine Nähe zu kommen!"

Mit diesen Schritten laufe ich weg und blende das Brüllen aus, welches folgt. Heulend renne ich hinaus und blicke um mich.

Wohin soll ich gehen?

"Kleines...", höre ich plötzlich seine Stimme. Er hat sich also wieder zurückverwandelt. Tja, meiner Meinung nach etwas zu spät.

"Sieh mich bitte an!", fordert er direkt hinter mich. Ich drehe mich um und stelle fest, dass er sich zum Glück eine Hose angezogen hat.

Obwohl...ist das wirklich Glück?

"Es tut mir leid. Ich hätte dich nicht anschreien dürfen."

"Ich möchte nach Hause!", sage ich ehrlich.

"Ich will einfach nur nach Hause!", sage ich und fahre mir über meine Haare.

Gekränkt und verletzt sieht mich Kaiden an und tretet einen Schritt nach vorne. Ich jedoch weiche einen zurück und hebe meine Hände hoch.

"Nicht! Komm nicht einen Schritt näher!"

"Mi princesa...", haucht er.

"Nein, ich bin nicht deine Prinzessin. Ich will nicht deine Prinzessin sein. Ich will nicht deine Erasthai sein. Ich will nicht mehr hier sein. Ich will einfach nur nach Hause. Weg von allem. Weg von dir."

~K.

Diese Worte fühlen sich schlimmer an, als jeder Messerstich. Ich habe meine Erasthai noch nie so verletzt gesehen. Selbst nicht, als ich sie damals vor Damon gerettet habe. Das schlimmste an der ganzen Sache ist, dass es meine Schuld ist. Ich hätte mich nicht vor ihr so aufführen dürfen. Ich hätte damit warten sollen. Aber ich bin so verdammt wütend auf jeden, der sie so schlecht behandelt hat.

"Süße, es tut..."

"Nein!", unterbricht sie mich.

"Wie oft hast du dich in den letzten Stunden bei mir entschuldigt? Ich will nicht, dass du denkst, eine Entschuldigung würde alles wieder gutmachen! Du hast mir Angst eingejagt. Du hast mir gedroht, mich zu töten! Wie willst du dich entschuldigen?"

Meine Augen füllen sich. Ich habe seit Jahrhunderten nie eine Träne vergossen, aber ich bin so kurz davor es jetzt zu tun.

"Ich bin nur so verdammt wütend gewesen. Meine Freunde, meine Bekannten die ich so lange kennen...sie wussten wie sehr ich mich nach dir sehne. Sie hätten dich nie so behandeln dürfen."

"Doch was gibt dir das Recht dazu, sie einfach zu töten? Nur weil du ein verdammter Lykaner bist?", schreit sie mich an.

Ich atme tief ein und aus und wage noch einen Schritt nach vorne.

"Mi princesa...ich würde für dich sterben. Du stehst bei mir an erster Stelle! Mein Lykaner hätte dich nie verletzt. Wir lieben dich beide überalles. Gib mir eine Chance um es dir zu zeigen."

Sie schließt ihre Augen und überdenkt alles. Sie beruhigt sich und sagt: "Ich...muss darüber nachdenken. Aber ich will dich demnächst nicht in meiner Nähe haben. Ich brauche Zeit für mich."

Schwerenherzens stimme ich zu. Wenn dies die einzige Möglichkeit ist, dass sie mir verzeiht, dann soll es so sein.

"Okey, ich werde wo anders schlafen. Du kriegst unser Zimmer. Sobald du dich entschieden hast, weißt du wo du mich findest."

Sie nickt mir zu und seufzt, als sie an mir vorbei geht.

"Kleines?", rufe ich nach ihr. Sie bleibt stehen, blickt mich jedoch nicht an.

"Es tut mir wirklich leid."