54 - Schicksalsbegegnung

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~I.

Ich bin mehr tot als lebendig. Durch die Kälte spüre ich zu meinem Glück nicht mehr, wie sehr mein Bein eigentlich schmerzen muss. Meine Hände sind wenigstens losgebunden, aber was bringt es mir? Rein gar nichts. Ich kann mich überhaupt nicht bewegen.

Nach dem Telefonat hat Damon meinen Ring abgenommen. Er hat behauptet, dass es sein Plan ist. Er würde Kaiden eine Falle stellen und genau deshalb mach ich mir große Sorgen. Wenn er mir mit seinem Leben droht, dann würde ich alles tun. Ich würde mich auch von ihm markieren lassen. Nur, damit es Kaiden gut geht. Dabei schießt mir ein Gedanke durch den Kopf. Ich würde es wirklich zulassen, dass Damon mich markiert. Nur damit es Kaiden gut geht? Jetzt weiß ich genau, wie er sich damals gefühlt haben muss. Um mich zu retten hat er Kaya fast zu seiner Gefährtin gemacht. Nicht, weil ich ihm vielleicht nichts bedeute. Es ist genau das Gegenteil. Um mich zu schützen, hätte er eine Ewigkeit mit einer anderen verbracht. Gott, bin ich dumm gewesen.

~K.

Eine Weile nach dem Telefonat, habe ich auf einmal wieder Irina's Anwesenheit gespürt. Damon muss ihr den Ring abgenommen haben. Er will mir eine Falle stellen. Von mir aus, tapse ich gerne hinein. Ich will einzig und allein zu ihr. Sie endlich aus seinen Klauen befreien. Was mit mir passiert, ist mir egal.

Sie ist nah. Ich spüre ihre Angst, ihren Schmerz und ihre Sehnsucht.

Ich bin gleich bei dir, meine Liebe.

Langsam steuere ich zu dem kleinen, abgekommenen Häuschen mitten im Wald zu. Wo steckt Damon? Ich kann ihn nicht mehr spüren. Er hat sich den Ring bestimmt selbst angesteckt. Ich soll denken, dass er weg ist.

Vorsichtig mache ich die Tür auf und höre zwei schlagende Herzen. Er ist hier.

"Hallo, Kaiden."

Bevor ich die Chance habe mich umzudrehen, spüre ich schon einen Schmerz am ganzen Körper und ich falle in Ohnmacht.

...

Langsam erlange ich wieder mein Bewusstsein und ein wunderbarer Duft durchströmt meine Nase. In Sekundenschnelle öffne ich meine Augen.

Ich liege auf dem Boden. Meine Arme sind gefesselt und ich weiß genau, dass diese Fesseln für Lykaner gemacht sind, denn ich kann mich nicht befreien. Ich blicke auf dem Bett, in dem meine Erasthai schläft.

"Moya luna...", flüstere ich heiser.

Sie sieht zerbrechlich aus und ist blutüberströmt. Das Messer steckt immer noch in ihrem Oberschenkel und verhindert es, dass sie verblutet. Ihr wunderschönes Gesicht ist mit blauen Flecken übersäht und meine Wut übernimmt die Oberhand.

Damon muss mir vorhin Lykanergift in den Körper reingespritzt haben, denn mein Körper will sich nicht bewegen. Mit aller Kraft bewege ich mich zu dem Bett hin und lege mein Kopf ans Bettende.

"Mi princesa?", sage ich leise. Selbst meine Stimme ist kaum vorhanden.

"Süße, mach bitte die Augen auf."

Ich versuche mich zu bewegen, aber keine Chance. Dadurch dass es Irina schlecht geht und ich ihren ganzen Schmerz spüren kann, geht es auch mir immer schlechter. Das Lykanergift tut mir dabei auch keinen Gefallen.

"Kleines...."

Zu meinem Glück regt sich ihr Körper. Als sie ihre Augen öffnet und um sich blickt, sage ich leise: "Moya koroleva, ich bin bei dir."

Ihr müdener Blick fällt auf mich und sie blickt mich erschrocken an. Dann kneift sie ihre Augen zusammen und murmelt: "Ich träume."

"Nein, ich bin hier. Ich bin wirklich hier. Ich werde dich hier rausholen. Hörst du? Ich hole dich hier raus."

"Kaiden?", höre ich ihre bezaubernde Stimme.

"Ja, mein Schatz?"

"Es tut mir leid."

Ich runzle meine Stirn. "Es gibt nichts wofür du dich entschuldigen musst."

"Nein, Kaiden."

Sie versucht mit aller Mühe sich aufzusetzen.

"Beweg dich nicht. Du hast große Schmerzen."

Sie hört nicht auf mich und fällt erschöpft auf das Bett nieder. Dann bewegt sie ihren Kopf ein wenig, sodass unsere Gesichter nur wenige Milimeter voneinander entfernt sind.

Ihre haselnussbraunen Augen blicken in meine und am liebsten würde ich sie für immer so ansehen.

Sie hebt ihre Hand und ich spüre, dass es sie eine große Überwindung kostet. Als ihre Hand auf meine Wange liegt, schließe ich für einen kurzen Moment meine Augen und genieße ihre Berührung. Ihre Hand ist eiskalt und da wird mir erst die Kälte im Raum bewusst. Der Bastard lässt sie hier erfrieren.

Ich nehme meine restliche Kraft und schicke Irina positive Energie zu. Als ich meine Augen wieder öffne, lächelt sie mich an.

"Ich liebe es, wenn du das tust."

Ich lächle sie ebenfalls an und muss schlucken. Ich muss doch irgendetwas tun, um sie zu retten.

"Kaiden, vorhin. Ich habe es ernst gemeint. Es tut mir leid."

"Kleines, du musst dich für nichts entschuldigen. Wirklich nicht."

"Ich weiß es nun."

"Was?", erkundige ich mich.

"Ich war damals so wütend auf dich, dass du Kaya markieren wolltest. Jedes Mal, wenn ich dich gesehen habe, habe ich an diesem Moment gedacht. Ich konnte es einfach nicht ertragen."

"Ich weiß und es tut mir leid!", sage ich ehrlich.

"Es war Schicksal, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Ich liebe dich wirklich, Kaiden. Ich wollte damals nach unserer Trennung zu dir zurück. Weil ich nicht ohne dich leben kann. Aber dann kam Damon."

Mein ganzer Körper spannt sich an.

"Ich verspreche dir, dass er es bereuen wird."

"Eigentlich bin ich froh darüber, dass er mich entführt hat."

Ich hebe eine Augenbraue und blicke sie verwirrt an.

"Ich will dich etwas fragen, Kaiden. Antworte mir ehrlich."

"Ich würde dich niemals anlügen."

"Wenn mich morgen jemand bedroht und dich zwingt, eine andere zu markieren. Würdest du es wieder tun?"

Ich bleibe still. Ich kenne die Antwort, aber wie würde Irina darauf reagieren: "Süße, ich habe dir versprochen, dich niemals zu belügen. Wenn dein Leben in Gefahr ist, dann ja. Ich würde es wieder tun. Auch wenn ich weiß, dass du mich dann überalles hassen würdest. Ich weiß, dass du es nicht verstehst...-"

"Nein, ich verstehe es nun!", unterbricht sie mich.

"Ich verstehe alles. Glaub mir. Ich weiß endlich, dass du mich wirklich liebst. Dass es nie eine andere gibt, genauso wie es nie einen anderen für mich gibt. Du hast es mir von Anfang an gezeigt, doch ich war zu stur um es zu bemerken. Du hättest Kaya nie markieren wollen, wenn ich nicht in Gefahr gewesen wäre. Genauso wenig, wie ich will, dass du nicht in Gefahr bist."

"Was meinst du?"

"Damit meine ich, dass ich dich dieses Mal schützen werde. Damon wollte, dass du hier bist. Er wird dich leiden lassen. Er wird dich töten wollen. Ich werde alles tun, um dies zu verhindern."

"Irina, wovon sprichst du?", frage ich warnend.

"Damon will mich markieren und ich werde es zulassen."
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Während ihr auf die nächsten Kapitel wartet, könnt ihr gerne bei meiner anderen Geschichte "Alphas, forbidden love" vorbeischauen :)

Lykaner (Kaiden & Irina)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt