Als wir ein paar Materialien unterschiedlichster Form zusammengetragen hatten, wies Gally mich an, die langen Bretter zu zersägen, bis am Ende nur noch zwei lange und zwei kurze Bretter übrig waren. Danach musste ich das andere Holz in 12 einzelne Spalten, etwa handbreit, zersägen. Der Hüter der Baumeister lächelte tatsächlich leicht, als ich stolz das letzte Brett in die Höhe hielt und ihn angrinste. "Gute Arbeit Frischling" Mit diesen Worten nahm er mir das Brett aus den Armen und begann das bereits zerteilte Holz in eine bestimmte Abfolge hinzulegen, bis der Umriss eines Betts entstand. Nach und nach machte ich mich daran, viele und vor allem dicke und feste Nägel in das abgeschliffene Holz zu schlagen, sodass die Speichen in der Mitte hielten. Das Bettgestell brauchte die meisten Nägel und auch die meiste Anstrengung, denn das widerstrebende Holz ließ sich nur schwer zusammenzimmern. Als ich mich gerade zum Pausieren verschwitzt am Rand niederlassen wollte, schrillte plötzlich das helle, laute Klingeln einer großen Glocke über die Lichtung. Verwirrt sah ich mich um und bemerkte jetzt erst die Lichter, die allesamt bereits zurück zu den Planen strömten, unter denen es heute morgen Frühstück gegeben hatte. "Komm Frischling", ertönte eine Stimme über mir und Kinley blickte zu mir herab. Hochnäsig schlug ich seine Hand weg, die vor meinem Gesicht schwebte. Er hatte vorhin mit Gally gesprochen und ich war dabei besonders oft in ihr Blickfeld geraten. Bestimmt wollte Gally das böse Blut loswerden. "Hör mal, das vorhin am Frühstück tut mir leid, ich-" Verwirrt blickte ich den Jungen an, als er mir die Hand erneut entgegen streckte. "Ich werde dich in Ruhe lassen" Langsam streckte ich die Hand aus. Doch als ich seine fast ergriffen hatte, zog er sie zurück und lächelte böse auf mich herab. "Oh- ich glaub ich hab's mir anders überlegt. Niemals wird dich hier irgendjemand akzeptieren. Du bist viel zu schwach um auf der Lichtung auch nur eine Woche zu überleben" Wütend blickte ich ihm hinterher, als er Gallys Weg zu den Planen einschlug. "Idiot", fauchte ich und rappelte mich auf. "Gally und er machen häufig gemeinsame Dinge", hörte ich jemanden hinter mir sagen und drehte mich herum. "Finn", meinte er und seine Hand ergriff meine, ohne zu fragen. "Frischling", antwortete ich knapp und lief in Richtung Essen. "Ziemlich verwirrend hier alles hab ich Recht?", erhob Finn erneut die Stimme und ich nickte. "Zeig Gally und Kinley wo's lang geht. Du bist neu hier und hast noch keine Autorität - sie testen deine Grenzen" "Warum?", wollte ich vorwurfsvoll wissen und spürte, wie sich mein Gesicht genervt verzog. Finn zuckte mit den Schultern und vergrub seine Hände in den Taschen seiner kurzen Hose. "Sind eben Idioten" Wir waren an den Biertischen und -bänken angekommen und sofort hielt ich nach Newt Ausschau. Schließlich entdeckte ich seine braunen Augen in der Nähe des Vorhangs. Ziellos streiften sie durch die Menge der Lichter. Plötzlich trafen sich unsere Blicke und rasch senkte ich den Kopf. Finn, der Newts Blick ebenfalls bemerkt hatte, zog seine Augenbrauen überrascht in die Höhe. "Was hast du den mit Newt zu schaffen?" Rasch durchkramte ich meine Gedanken nach einer passenden Antwort, mir fiel jedoch nichts auf die Schnelle ein. "Er ist der Einzige, den ich kenne?", fragte ich unsicher und der dunkelhaarige Junge vor mir schüttelte grinsend den Kopf. "Wenn du nichts dagegen hast, dann geh ich jetzt was essen" Mit diesen Worten bahnte ich mir den Weg durch die Biertische und anderen Lichter, bis ich mich schließlich erschöpft neben dem zweiten Anführer auf die Bank fallen ließ. Newt, Minho und Alby waren die Einzigen, die ich langsam kennenzulernen begann. Der blonde Junge, mit dem der Hüter der Läufer heute morgen zusammengehangen war, ließ sich mir gegenüber nieder und warf mir einen neugierigen Blick zu. "Was ist?", fragte ich irritiert und fuhr mir kurz durch die Haare. "Na wie war denn dein erster Tag?" "Das kann ich dir erst beantworten wenn er zu Ende ist", erwiderte ich grinsend und er nickte überzeugt. "Mein Name ist Ben", sagte mein Gegenüber, während er nach dem Essen Ausschau hielt und mir kurz zu lächelte. "Ich- hab keine Ahnung wie ich heiße", antwortete ich und lächelte zurück, bevor mein Blick Seinem folgte. Ein paar Töpfe wurden gerade auf den Tischen verteilt und ein köstlicher Geruch nach gerösteten Zwiebeln und Gemüse lag im Nu in der Luft. Das Wasser lief mir im Mund zusammen, als ich den Gemüseauflauf entdeckte und das frisch aufgeschnittene Brot dampfend vor mir abgestellt wurde. Gerade als Ben wieder den Mund öffnen wollte, erklang Albys Stimme, die uns zum Essen aufforderte. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und freundlicherweise wurde mir der Vortritt von Ben und Newt gelassen, die auf meiner Tischhälfte saßen. Rasch schaufelte ich ein paar Kellen des duftenden Essens in meine Schüssel, bevor ich eine Scheibe Brot ergriff und ordentlich hineinbiss. Es schmeckte köstlich und als ich einen Löffel des noch dampfenden Gemüses nahm, seufzte ich zufrieden auf. Ich schaufelte das Essen hungrig in mich hinein und als meine dritte Portion schließlich aufgegessen war, trank ich mein Glas in zwei großen Zügen leer. Das Gemüse war stark gewürzt gewesen, hoffentlich würde ich später nicht allzu durstig werden. Als ich meinen Blick gedankenverloren durch die Lichter schweifen ließ, bemerkte ich einen der Tische, der ständig in meine Richtung sah. Natürlich saßen Kinley und Gally dort und bestimmt waren sie es, die die Menge anstachelten. Rasch fuhr Kinley wieder herum, als er meinen Blick bemerkte und ich rollte mit den Augen. Sehr erwachsen. Als ein paar Minuten später schließlich alle Lichter satt schienen, wollte ich mich erheben um zurück zur Plattform zu gehen, als Newt meinen Arm packte, mich zurück riss und wieder auf die Bank zog. Verwirrt sah ich zu ihm, doch sein Gesichtsausdruck war undurchschaubar. Was hatte ich angestellt? "Frischling wenn was ist-", er nickte in Richtung von Kinley und Gallys Tisch, "-dann zöger nicht, mich zu holen" Kurz schoben sich meine Augenbrauen verwirrt zusammen, bevor ich nickte. Mir wurde klar, dass auch er die Blicke und das Getuschel in meine Richtung bemerkt und beobachtet hatte. "Ich bin dort drüben" Mein Blick folgte seinem Finger hinüber durch die vollen Bänke über die weite Wiese bis zu ein paar Stauden am Waldrand, die an hohen Gerüsten befestigt waren. Ich hatte nicht gewusst, das Newt Hackenhauer war und kurz lächelte ich bei dem bildlichen Gedanken, wie er den Wein hegte und pflegte. "Verstanden?" Die fordernde Stimme des zweiten Anführers lies mich rasch nicken und der Griff um mein Handgelenk verschwand. "Bis heute Abend" Auch Ben nickte mir zu, bevor er sich erhob und in den Gruppen verschwand, die sich langsam zu bilden begannen. Rasch folgte ich seinem Beispiel und drängelte mich durch die großen Jungs, bevor ich alleine über die Wiese zurück zur Plattform stapfte. Die Stimmen hinter mir verstummten langsam und als ich kurz in den Himmel blinzelte, war nicht eine einzige Wolke zu sehen. Die Lichtung schien mir in diesem Moment wie ein sehr schönes Gefängnis, wenigstens waren wir nicht alleine eingesperrt. Als Gally eintraf, schien seine Laune so mies zu sein, das ich es nicht wagte ihn anzusprechen oder patzige Antworten auf seine harschen Instruktionen zu geben, die schnell auf mich nieder hagelten. Bei den Baumeistern wollte ich definitiv nicht meine Zukunft verbringen, soviel war klar. Die körperliche Anstrengung würde mir auf Dauer bestimmt zu schaffen machen, vor allem das schwere Holz zu schleppen wäre eine Herausforderung. "Na mach schon", grummelte Gally frustriert, der mich mit verschränkten Armen überwachte und am Ende der Plattform stand. Ich versuchte, die Nägel schneller einzuschlagen und das Bett gleichzeitig anzuheben. "Was brauchst du denn so lange?" Ich verkniff mir meinen wütenden Kommentar und griff nach dem nächsten Nagel. "Du bist zu langsam" Jetzt reichte es mir und ich fuhr auf. "Gally würdest du das bitte lassen?" Er grinste mich provozierend an und zog seine Augenbrauen hoch. "Ich mach doch gar nichts" "Spar dir einfach deine Kommentare das hilft mir nicht weiter", knurrte ich und der Griff um den Hammer in meiner Hand festigte sich aggressiv. "Ich kann machen was ich will" Warum war er so wütend auf mich? Kurz schloss ich die Augen und atmete tief durch, bevor ich mich wieder auf die Knie fallen ließ und jetzt die dicke Schnur ergriff, da ich mit den Nägeln fertig war und das Bettgerüst soweit sehr gut hielt. Ich begann es um die einzelnen Sprossen und Kanten zu wickeln, wie Gally es mir erklärt hatte. "So macht man das nicht!" Seine nervige, pingelige Stimme hinter mir brachte mich auf die Palme. Um es ihm recht zu machen, lies ich etwas mehr Platz und als ich gerade bei den linken Kanten angelangt war, folgten wieder ein paar Kommentare. "Verdammt Gally", zischte ich wütend unter Anstrengung, als ich das Bett anhob und er erneut meckerte.
Endlich hatte ich die letzte Schlaufe gezogen, als die Sonne bereits hinter den Mauern verschwunden war. "Das hat ja sogar Clint noch besser gemacht als du", rief Gally, als ich von der Plattform sprang. "Du taugst zu nichts" Es war genug, mir klingelten die Ohren von seiner arroganten Stimme. "Was ist eigentlich dein verdammtes Problem mit mir Gally?!", fauchte ich und stemmte meine Arme in die Hüften. "Du kannst einfach gar nichts, nicht einmal eine Schnur wickeln" "Es ist mein erster Tag hier okay? Ich bin gestern in der Box aufgewacht! Entschuldige bitte das ich nicht mit deinem Können ausgestattet bin!", erwiderte ich hitzig und wir standen uns nun gegenüber. Ein paar Baumeister warfen uns neugierige Blicke zu und hielten mit ihrer Arbeit inne. "Wenigstens hättest du es versuchen können Frischling", meinte Gally und ich öffnete meinen Mund in Unglauben. "Was meinst du denn hab ich den ganzen Tag gemacht?!" "Nichts richtig!" Ich riss den Mund auf und wollte schon meine Stimme erheben, als mein Blick auf den Ausgang der Lichtung fiel. Gerade rannten zwei Gestalten hindurch zu uns auf die Lichtung, in der Dämmerung erkannte ich die Gesichter nicht. Wütend stampfte ich an Gally vorbei durch das Gras, auf den Weg zu den großen Mauern. Die zwei Gestalten kamen auf mich zugelaufen und erleichtert begann ich zu lächeln, als ich Minho erkannte. Endlich jemand, der nicht Gally war und den ich kannte. "Hey Frischling", raunte Minho mir zu als er an mir vorbei joggte und mit einem fremden Jungen, dem zweiten Läufer, im Wald verschwand. Wo sie wohl hinliefen? Das Klingeln der großen Essensglocke schrillte zu mir herüber und ein paar Momente blieb ich reglos stehen und starrte in die Dunkelheit, die die abzweigenden Gänge des Hauptgangs zur Lichtung füllte. Wohin sie wohl führten? Was das hier alles überhaupt war? Als ich genauer hinhörte, erklang ein Kratzen weit in den Schatten aus der Dunkelheit. Erschrocken riss ich die Augen auf, als ein schrilles Kreischen in der Ferne ertönte. Hastig stolperte ich von den großen Mauern weg, als plötzlich die Erde zu erzittern begann. Was geschah hier?
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Verborgen im Schatten
FanfictionY/n wacht an einem fremden Ort auf. Ohne Erinnerungen an ein Leben vor dem Schlaf. Eine Lichtung - voller Jungs, kein Mädchen unter ihnen zu entdecken. Zunächst wird sie eher unfreundlich empfangen, muss anzügliche Kommentare und dumme Sprüche über...