Verborgen im Schatten

48: Klärendes Gespräch

"Wir wissen nicht was es is. Wir wissen nicht wer es gemacht hat und warum es hier is. Es könnte ihn umbringen!", sagte Newt energisch und verschränkte ablehnend die Arme. "Umbringen!? Er- er ist doch schon so gut wie tot", antwortete Thomas und der zweite Anführer blickte mich hilfesuchend an - doch ich zuckte nur mit den Schultern. Der Frischling hatte Recht was Albys Leben anging. Sein Zustand hatte sich weiter verschlimmert, falls dies überhaupt noch möglich war, und die schwarzen Adern hatten mittlerweile seinen gesamten Oberkörper bedeckt. "Komm schon es ist einen Versuch wert" Thomas ging auf Alby zu. Rasch öffnete ich den Mund, um ihn vor dessen überraschenden Attacken zu warnen - doch zu spät. Blitzschnell packte der Anführer den Frischling am Kragen und starrte ihn mit den schwarzen Augen tief in die Seele. "Wowowow ALBY" Newt und ich stürzten gleichzeitig los und packten die Arme des Patienten. "Du solltest nicht hier sein- du solltest nicht hier sein- nein" "Lass ihn los!", hörte ich Teresa rufen und rollte mit den Augen, als ob es funktionieren würde. Beinahe hatte ich Albys Arm mit meinem gesamten Körpergewicht auf die Liege gedrückt, als das Mädchen plötzlich an mir vorbei schoss und unserem Anführer die Spritze in den Bauch rammte. Sofort entspannten sich seine Muskeln und ich starrte schockiert auf sein sich nun glättendes Gesicht. "Was hast du getan?" Ich lies Alby los und fuhr herum zu Teresa, die mich verwirrt anblickte. "Wir hatten alles unter Kontrolle!" "Y/n es hat doch funktioniert", sagte Thomas besänftigend doch ich starrte das schwarzhaarige Mädchen weiterhin erbost an. Sie ging mir so unglaublich auf die Nerven. "Okay ab jetzt bleibt einer hier und überwacht Alby rund um die Uhr" Newts Stimme riss mich aus meiner aufstauenden Wut und tief atmete ich durch. Nicht ausrasten. Ganz ruhig. "Hey Frischling" Überrascht drehten wir uns zum Eingang herum und erblickten Gally, der Thomas zunickte. "Sonnenuntergang. Zeit für deine Strafe" Teresa blickte dem Frischling verwirrt hinterher, der jetzt mit dem Hüter der Baumeister aus dem Sani-Zelt verschwand. "Was für eine Strafe?" "Die gleiche die du auch verdienst", knurrte ich leise und sties sie zur Seite, um ebenfalls nach draußen zu gehen. Ich wollte zwar genauso wie alle anderen, das Alby aufwachte, aber nicht wegen ihr. Sie gehörte hier nicht hin und nichts würde mich von dieser Meinung abbringen.

"Hey Pfanne! Chuck meinte du wolltest mich sprechen?", fragte ich und lugte durch die Vorhänge, welche sanft in der Brise wehten. "Klar komm rein" Rasch schlüpfte ich hindurch und blickte mich nach dem Oberhaupt der Köche um. Er stand vor einem riesigen Topf, in dem eine bräunliche Suppe blubberte. Nun drehte er sich mit einem freundlichen Lächeln zu mir herum. "Erinnerst du dich an das tote Lamm was du mir gebracht hast? Nun, ich hab noch ein kleines Stück des Fells retten können" Meine Augenbrauen schossen in die Höhe, als Pfanne mir ein Stück Wolle reichte, das circa der Größe eines DIN-A4-Blattes glich. "Wow- d- danke?", antwortete ich etwas irritiert und nahm es entgegen. Eine schwarz- weiße Musterung zog sich über die weiche Wolle und nostalgisch strich ich über das Fell, bevor ich wieder zu Pfanne aufblickte. "Nun sieh mich nicht so an du hast selbst gesagt ich soll was draus machen. Wenn du's nicht willst-", er griff bereits spielerisch beleidigt nach der Wolle, die ich rasch in die Luft hielt. "Nein! Nein ich finds super, ehrlich!" "Wehe ich finds auf dem Kompost", sagte er mit mahnend erhobenem Finger und ich grinste. "Auf gar keinen Fall" Als ich mich bereits herumdrehte, um mich irgendwo in einen kühlen Schattenfleck zu verziehen, erklang erneut Pfanne's Stimme. "Hast du noch was vor? Falls nicht... ich könnte etwas Hilfe beim Kochen brauchen" Er zwinkerte mir zu und ich wusste, dass er meine unterschwellige Laune bereits aufgeschnappt hatte. Froh über einen neutralen Gesprächspartner begann ich in dem riesigen Topf über dem Feuer zu rühren. Eine Weile war es still, bis der Koch mich schließlich auszuquetschen begann. "Also- warum so miesepetrig?" "Teresa sie- ugh sie ist einfach so- so- soo-", stürzte ich sofort los und Pfanne's Augenbrauen schossen in die Höhe. "So?" "So- so- ...dämlich. Und anstrengend. Und nervig", zeterte ich und bemerkte nicht, wie mein Rühren immer aggressiver wurde. "Da hat wohl jemand keine Lust auf Konkurrenz", grinste der Junge mir gegenüber, während er in Sekundenschnelle drei Karotten in lange Streifen spaltete. "Nicht wahr sie ist- Moment" Ich unterbrach mich selbst und blickte zu Pfanne, der sich ein Grinsen verkniff. "Woher weist du-?" Auch er hatte die Funken zwischen mir und Newt bemerkt. War es wirklich so offensichtlich? "Machst du Witze? Jeder Blinde mit Krücken sieht, das du und der zweite Anführer euch ziemlich wohl miteinander fühlt", lachte Pfanne und ich blickte verwirrt in die blubbernde Soße als fände sich dort drin eine Antwort auf die tausend Fragen, die mir in jenem Moment durch den Kopf schossen. "Wirklich?" "Nein keine Sorge" Pfannes Grinsen wurde wieder breiter und er schob die Gurkenscheiben auf den Ersten der acht Teller. "Nur jeder Blinde" Ich rollte mit den Augen und lies den Löffel in die Soße fallen, in der er blubbernd verschwand. "Och Y/n", brummelte Pfanne und blitzschnell änderte ich meine Taktik. "Stimmt doch gar nicht! Newt muss nur wegen Albys Anweisung mich aufpassen und da sind wir nun einmal oft in unserer Nähe" "Leugnen bringt jetzt auch nichts mehr Frischling. Gibs zu du bist Hals über Kopf verknallt und jetzt eifersüchtig, weil ein zweites Mädchen aufgetaucht ist", schlussfolgerte Pfanne ziemlich schnell und zwinkerte mir zu. Mein Mund klappte auf, als mir auffiel wie Recht er tatsächlich hatte. Mit allem. "Falsch", sagte ich stur während mir das Blut in die Wangen schoss und wandte mich wieder der Soße zu. "Wenn du das sagst... war ja nur ne verrückte Idee", lenkte Pfanne ein und ich wusste, dass er nichts von seinen Worten ernst meinte. "Total verrückt", bestätigte ich jedoch und fischte mit zwei Gabeln den Löffel aus der braunen Flüssigkeit. Herzhaft wollte ich das Besteck bereits abschlecken. "Ah ah ah! Ich denke nicht dass dir das Wachs bekommt", unterbrach mich Pfanne und rasch legte ich die Gabel zurück auf die Anrichte. "Wachs? Wofür?" "Neue Fackeln. Gally braucht welche für die alte Hütte im Wald" Sofort verdüsterte sich meine Miene erneut, als ich an den dreisten Hüter denken musste. "Nanu hab ich was Falsches gesagt?" "Nein- nein hast du nicht", seufzte ich und starrte durch die Vorhänge hinüber zur Hütte der Baumeister. Gallys dunkelblonder Schopf war nirgends zu entdecken. "Du denkst immer noch das Gally was gegen dich ausheckt?", fragte Pfanne und ich bemerkte den leichten Stimmungsumschwung sofort, als unser Gespräch sich dem Hüter zuwandte. Ich wusste, dass der Koch ihm gegenüber loyal war und es machte keinen Sinn, mit ihm zu streiten. "Nein", antwortete ich simpel und Stille kehrte ein. Auch wenn ich nicht verstand, warum Pfanne sich auf Gallys Seite schlug, wusste ich, dass es unausgesprochene Dinge zwischen den Beiden gab. Sie gehörten mit zu den ersten Lichtern hier und hatten bestimmt Abenteuer gemeinsam erlebt von denen ich nie erfahren würde. Sie waren nun einmal enge Freunde und es lohnte sich nicht, meine angenehme Freundschaft mit dem Koch für einen einfachen Streit um Gally zu riskieren.