"Wo duscht ihr hier?", fragte ich auf dem Weg vom Essen zur Hütte Newt und als er nicht antwortete, blickte ich ihn fragend an. Ein Grinsen war in dem flackernden Licht der Fackel in seiner Hand deutlich zu erkennen und ich runzelte die Stirn. "Gar nicht", antwortete er, als wir gerade den Weiher passierten. "Ih!", machte ich entrüstet und hielt inne, um den zweiten Anführer anzustarren. "Wir baden" Schon spürte ich seine Hand auf meinem Bauch, um mich ins Wasser zu schubsen. Blitzschnell packte ich ihn am Shirt und wir schwankten gefährlich nahe am Rande des Wassers. Das Schilf raschelte leise, als der zweite Anführer einen weiteren Schritt nach vorne tat. "Verdammt Newt!", rief ich wütend und hörte ihn leise lachen, während ich mich krampfhaft weiterhin an ihm festkrallte. Er war noch immer so gebeugt, das ich ins Wasser fallen würde sobald ich los lies. "Zieh mich zurück", zischte ich und sein Gesicht war plötzlich nah an Meinem. Überrascht von dieser neuartigen Situation inhalierte ich den intensiven Geruch nach Rauch und einen Fremden, den ich nicht identifizieren konnte. "Newt!" Mein Blick fiel auf seine Lippen, die sich jetzt zu einem spielerischen Grinsen verzogen und seine linke Hand legte sich in meinen Rücken. "Zieh mich zurück!" Er grinste im Licht der Fackel, die er nun in den Boden steckte. Durch den Ruck baumelte ich gefährlich nahe über dem Wasser und umklammerte Newts Körper fester. "Jetzt Newt!", zischte ich erneut und endlich zog er mich vom Ufer zurück in das sichere, hohe Gras. "Glück gehabt Frischling. Ich bin heute gnädig mit dir"
Matt lauschte ich dem regelmäßigen Atem Newts, der bereits tief und fest schlief. Ich hielt diesen Geruch an mir nicht aus, Schweiß, Tiermist und gekochtes Essen. Ich musste baden gehen und dafür war jetzt die beste Zeit: solange alle Lichter schliefen. Jetzt, da ich mir sicher war, das Newt schlief, konnte ich mich perfekt zum Weiher davon stehlen. Ich wusste, wie leichtsinnig diese Idee sein konnte, wenn man davon ausging wieviele Jungs hier bereits handgreiflich geworden waren. Trotzdem musste ich diesen Geruch wegbekommen. Newt würde es mir nicht erlauben, allein zu gehen und er würde garantiert nicht aufstehen, um mich zu begleiten. Vorsichtig stellte ich mich auf die Holzdielen und kniff die Augen zusammen, als es knarzte. Als sich an Newts Zustand jedoch nichts änderte, schlich ich vorsichtig weiter zum Schrank und zog ein riesiges Tshirt hinaus, das mir locker bis zu den Knien reichte. Das Shirt klemmte ich mir unter den Arm und leise entriegelte ich die Tür. Sie schwang lautlos auf und ich hatte sie beinahe wieder hinter mir geschlossen, als Newts Stimme ertönte. "Wohin gehts, Frischling?" Verdammt. Kurz hielt ich inne und blickte in den dunkeln Raum der Hütte. Womöglich redete er nur wieder im Schlaf. So wie gestern auch. Leise lies ich die Tür ins Schloss fallen und huschte durch die Schatten hinüber zum Weiher, der still da lag. Eine kurze Weile lies ich meinen Blick über die Lichtung schweifen doch ich erblickte keine Menschenseele. Nur in weiter Ferne auf der anderen Seite der Lichtung erkannte ich nur umrissig die Hängematten, die unter den Planen aufgespannt waren. Die schliefen eh alle. Als ich wirklich niemanden erblickte, zog ich mir das Shirt über den Kopf, schlüpfte aus den Schuhen und den viel zu weiten Shorts. Die Unterwäsche behielt ich sicherheitshalber an. Das Wasser war angenehm kalt als ich hinein glitt. Erleichtert seufzte ich auf, während das kühle Nass sich an meine dreckige Haut schmiegte. Rasch verschwand ich im tieferen Bereich des Wassers, als unter den Planen zwei Stimmen zu mir herüber schallten, die jedoch rasch wieder von einer Dritten mit einem genervten "SH!" verstummt wurden. Kurz tauchte ich unter und begann mir durch die Haare zu fahren, um möglichen Dreck auszuspülen. Als ich wieder auftauchte, hielt ich erschrocken den Atem an. Am Ufer neben meinem Klamottenhaufen stand eine große Silhouette. Ich hatte mich eindeutig in Gefahr begeben. Hörte mich jemand, wenn ich zu schreien versuchte? "Verdammt Frischling warum schläfst du nicht?!", zischte eine Stimme und erleichtert atmete ich wieder aus, es war nur der zweite Anführer. "Ich wollte baden gehen", entgegnete ich und lies mich auf der Wasseroberfläche treiben. "So läuft das hier aber nicht" Mein Gott er sollte sich mal nicht so anstellen. Als ich nichts sagte, verschränkte er die Arme. "Ich will auch Vieles. Zum Beispiel wissen warum du dich in eine solche Gefahr begibst, meinen Befehlen widersetzt und mir nicht Bescheid sagst" Ich seufzte. Als ich erneut nichts erwiderte, spürte ich Newts Frustration deutlich. "Komm raus Frischling" Ich tauchte unter, die Geräusche um mich verstummten. Nur das Wasser gluckerte in meinen Ohren und rauschte leise. Als ich auftauchte, vernahm ich sofort wieder die Stimme des zweiten Anführers. "Kannst du überhaupt schwimmen?" Was dachte er denn? "Nö" Newt seufzte und fuhr sich durch die Haare. "Lügner, an der Stelle kann nicht mal ich stehen! Komm jetzt raus ich sag's nicht nochmal" Nun klang er ziemlich ernst. "Ich will aber nicht", antwortete ich stur und hörte ihn knurren. Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch, als er sich das Shirt vom Kopf riss. Es platschte, als er kopfüber ins Wasser sprang und untertauchte. Oh oh. Nun doch nervös blickte ich mich um, versucht, ihn irgendwo zu entdecken - doch die Oberfläche des Wassers zitterte nur unruhig. Ich wusste, das mich ein gehöriges Donnerwetter erwartete. Die Sekunden erschienen mir wie Stunden, warum tauchte er nicht auf? Plötzlich streifte etwas meinen Fuß und noch bevor ich erschrocken aufschreien konnte, drückte sich eine Hand auf meinen Mund. Newts Augen funkelten im Licht der Sterne zu mir herab und ich schluckte, während seine zweite Hand sich um meine Taille schlang. "Shh", raunte er mir zu und als ich nickte, lies er meinen Mund los, um sich über Wasser halten zu können. Mein Atem wurde schneller, als ich den Jungen vor mir musterte. Seine Haare klebten ihm nass in der Stirn, seine Lippen waren leicht gespalten, das Wasser perlte von seinen muskulösen Schultern, rann seinen Hals hinab. Die Tropfen glitzerten auf seiner Haut wie die vielen Sterne am Nachthimmel. Seine Augen blickten dunkel zu mir herab, ein unergründliches Schimmern lag in ihnen. Newt sah unfassbar gut aus. Sein Blick wanderte mein Gesicht entlang, hinab zu meinen Lippen und fand sich in meinen Augen wider. Oh, was würde ich darum geben, zu wissen, was er gerade dachte. Sein warmer Atem streifte meine Wange, lies Schauer meinen Rücken hinab jagen. Nach einer Weile wurde das Wasser nun doch kalt, ich spürte, wie meine Zehen und Fingerspitzen taub wurden. Ich versuchte, das aufwallende Zittern zu unterdrücken doch es gelang mir nicht ganz. Meine Zähne begannen leise zu klappern und fest presste ich die Kiefer aufeinander. "Ist da jemandem kalt?", grinste Newt und ich rollte mit den Augen, während er leise lachte. "Wenns nach mir ginge, würde ich dich jetzt hier anbinden und etwas frieren lassen - aber Albys Regeln sind da anderer Meinung" Newts Augen wurden kurz zu Schlitzen, bevor er mich plötzlich an sich drückte. "Ab nach draußen mit dir" Mit diesen Worten schwamm er kräftigen Zügen auf das Ufer zu. Ich klammerte mich an seinen warmen Körper und konnte nicht umhin, seine Brust zu streifen. Ich spürte die Muskeln unter meinen Fingern spielen, während der große Junge sich anmutig durch das Wasser zog. In jenen Sekunden erreichten meine Füße festen Boden und ich lief zitternd aus dem Wasser. Als ich mich nach dem T-shirt bückte, fiel mir das Handtuch neben meinen Schuhen auf. "Hast du das Handtuch geholt?", fragte ich leise, um keine Lichter aufzuwecken. Der zweite Anführer zog sich aus dem Wasser und ich erstarrte beinahe, als sein Blick ungeniert über meinen nassen Körper glitt. Schließlich rollte er die Augen und griff nach seinen Klamotten im hohen Gras. "Meinst du, es ist vom Himmel gefallen?" "Schon gut schon gut ich frag ja nur" Nachdem ich mich notdürftig abgetrocknet hatte und in meine Sachen geschlüpft war, hatte Newt mich stumm mit zurück zur Hütte geschoben und war in trockene Klamotten geschlüpft. Sein tiefer, ruhiger Atem war das Einzige, das meine Ohren nun noch vernahmen. Ich wollte mich gerade mit meinen Gedanken über den Tag beschäftigen, als mir bereits die Augen zu fielen und ich in einen tiefen, sicheren Schlaf sank.
"Frischling" Ich drehte mich herum. "Frischling wach auf" Die fremde Stimme klang nur verschwommen durch den Nebel meiner Müdigkeit. "Frischling verdammt" Mir wurde plötzlich die warme Decke weggezogen. Ich wälzte mich herum und hielt die Augen weiterhin fest geschlossen. Ich wollte jetzt noch nicht aufstehen. "Frischling" Jetzt rüttelte jemand an meinen Schultern. "Wasnlos", grummelte ich und schlug endlich die Augen auf. Helles Sonnenlicht erfüllte bereits die Lichtung und ich blinzelte ein paar mal, bevor die Silhouette, die sich über mich beugte, scharf wurde. Es war Minho. "Verdammt Minho was ist?" "Etwas mehr Respekt wenn ich bitten darf" "Klar. Mein lieber Läufergeselle, warum weckst du mich aus den Tiefen meines wohligen Schlafes zu so früher Morgenstund?" Minho rollte mit den Augen und brachte mich dadurch zum Grinsen. "Nix frühe Morgenstund', du musst dich beeilen wenn du noch was frühstücken willst. Wir brechen bald auf", erklärte der Hüter der Läufer und ich runzelte die Stirn. "Wohin?" "Ins Labyrinth" Sofort war ich hellwach. "Ins Labyrinth?!" "Ins Labyrinth", bestätigte Minho und ich setzte mich auf. "Und jetzt Hopp Hopp" Mit diesen Worten verschwand er aus der offen stehenden Tür und ich blickte zu Newts Bett, das bereits leer und ordentlich gerichtet war. Warum nur weckte er mich nie?
Nachdem ich rasch in Klamotten geschlüpft, zum Frühstück gerannt war und nun etwas im Magen hatte, wurde ich langsam nervös. Es wurde Zeit, zu gehen.
Ins Labyrinth.
Zu diesen seltsamen Kreaturen, die nur aus purem Spaß töteten? Und diese unendlich vielen Gänge? Ob ich da jemals wieder lebend rauskam war fraglich. Ich sah Minho bereits in der Ferne vor den geschlossenen Toren stehen, er unterhielt sich mit Newt und Alby. "...und - Ach da kommt sie", wechselte der Hüter der Läufer schnell das Thema und alle drei Blicke lagen auf mir, als ich zu der kleinen Gruppe hinzu trat. "Hier, leg das an und-", er starrte mir eindrücklich in die Augen, "-niemals im Labyrinth abnehmen" Minho streckte mir eine der grünen Westen entgegen, aus der seltsame Gegenstände heraus ragten. Ich ergriff sie und als der raue Stoff auf meinen Schultern lag, fühlte ich mich schwerfälliger denn je zuvor. Wie sollte ich damit schnell rennen können? Wie sollte ich damit vor etwas fliehen, das mich blitzschnell töten würde ohne zu zögern? "NIEMALS abnehmen, kapiert?", fragte Minho noch einmal und ich nickte erneut leicht verwundert. "Hör mal Frischling, das wird kein lustiger Sonntagsspaziergang - wir halten ungefähr ein- zweimal an um was zu Trinken" Mit diesen Worten streckte er mir eine gefüllte Plastikflasche entgegen und ich steckte sie in eine weite Tasche in meinem Rücken. "Du drehst dich NICHT um und hörst ohne zu Fragen auf mich klar?" Erneut nickte ich und ich spürte, wie sich das nervöse Flattern im Magen intensivierte. "Wenn ich sage 'Lauf' dann läufst du. Wenn ich sage 'Lauf schneller' dann läufst du schneller. Wenn ich sage 'Lauf und lass mich zurück' dann machst du das. Wir riskieren da drinnen unser Leben und ich kann in einer Gefahrensituation keinesfalls deinen Dickkopf brauchen, der unbedingt anderer Meinung sein muss und sich versucht, durchzusetzen. Das Labyrinth ist die eine Sache - aber zu überleben die Zweite. Alles hört auf mein Kommando, ist das klar?" Ich schluckte und nickte erneut. Ich spürte die drei eindringlichen Blicke auf mir und immer mehr wurde mir bewusst, das ich jetzt mein Leben riskieren würde. "Ach ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist", seufzte Alby nachdenklich nach einem Blick auf mich und den noch geschlossenen Toren. Empört riss ich schon den Mund auf um etwas zu erwidern, als sich Newts Hand darauf legte und er stattdessen das Wort ergriff. "Sie ist stark und ausdauernd, du wirst es nicht bereuen" Nicht nur ich zog überrascht die Augenbrauen zusammen, als Newt von selbst meine Partei ergriff. Minho kniff die Augen zusammen und blickte misstrauisch zwischen uns hin und her, bevor er Alby einen Blick zuwarf. Der nickte und erneut seufzte der Hüter der Läufer. Plötzlich begann der Boden zu erzittern und die grauen, meterhohen Wände öffneten sich. Ich schloss kurz die Augen. Oh man.
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Verborgen im Schatten
Hayran KurguY/n wacht an einem fremden Ort auf. Ohne Erinnerungen an ein Leben vor dem Schlaf. Eine Lichtung - voller Jungs, kein Mädchen unter ihnen zu entdecken. Zunächst wird sie eher unfreundlich empfangen, muss anzügliche Kommentare und dumme Sprüche über...