Vollkommen erschöpft fiel ich am Abend meines achten Tages auf der Lichtung in mein selbstgezimmertes Bett. Morgen war den ganzen Vormittag Badetag und jeder der Lichter würde dort sein. Sogar die Läufer würden ihre tägliche Tour durch das riesige Labyrinth auslassen, um Baden zu gehen. Ich war etwas neugierig, wie der Tag dann ablaufen würde, schließlich kannte ich bisher nur den streng geregelten Ablauf, der sich Tag für Tag wiederholte. Für ein paar hier bereits seit drei Jahren. Wenn Newt zweiter Anführer war, also Albys Stellvertreter, war er dann als zweiter aus der Box hochgekommen? War er auch schon seit drei Jahren hier? Newt schien jeden Winkel und jeden Grashalm hier zu kennen und es passte ihm nicht, wenn etwas so lief wie es eigentlich nicht sollte. Und er hasste es, wenn man sich ihm widersetzte. Bisher hatte ich ihn nur ein paarmal wütend erlebt aber wenn man ihn seine Wut wirklich ausleben lassen würde... Er war trainiert und hatte mehr Muskeln als die meisten Lichter hier. Außerdem war er größer und sein strategisch geprägtes Hirn war immer auf Gefahr aus, immer darauf programmiert wachsam zu sein. "Na? Bist fertig hm", erklang jetzt leise seine Stimme und ich lauschte seinen Schritten an mir vorbei hinüber zum Bett. Dieser Tag hätte nicht länger sein können, den ganzen Nachmittag hatte ich damit verbracht, die Ställe auszumisten. Ich war nicht besonders weit gekommen, den Stall der Jungtiere hatte ich zwar fertig bekommen aber da im zweiten noch die Bockschafe eingesperrt waren, war ich etwas gehindert gewesen. Gut, man hatte sie heute nicht auf die Weiden treiben können wegen den Weibchen, aber morgen hatte ich sowieso frei. Den kompletten Tag nichts zu tun. Ich seufzte erleichtert auf und schloss die Augen probeweise, während ich Newt lauschte, der damit begonnen hatte einen seiner Dolche zu schleifen. "Kannst du das nicht morgen machen?", grummelte ich und drehte mich herum um ihm einen genervten Blick zu zu werfen. "Vielleicht brauch ich ihn morgen und dann ist er nicht fertig", erwiderte der große blonde Junge, der den Blick konzentriert auf der Klinge fokussiert hatte und ich rollte mit den Augen. "Du hast sowieso noch mehr" Diesmal antwortete er nicht und hielt kurz inne. "Du weißt deinen Namen noch nicht, hab ich recht?" Diese Frage kam so überraschend, das ich wieder hellwach wurde vor lauter Nachdenken. Ich schüttelte den Kopf. "Du kannst deinen Namen noch nicht in die Mauer ritzen" Welche Mauer? Meinen Namen? "Was denn für eine Mauer?", fragte ich und öffnete die Augen wieder, um Newt zu beobachten. "Neben den Toren. Da stehen alle Namen von allen Lichtern, die jemals hier waren. Alle", fügte der Stellvertreter Albys hinzu und ich lauschte seinen Worten interessiert. "Wenn du stirbst, bevor du deinen Namen weist-" Newt hielt inne und ich wandte den Kopf, sofort fing ich seinen Blick auf. "-dann wird's unschön" Warum unschön? Was passierte denn dann? Ich hatte ja keinen Namen. "Was geschieht dann mit mir?" "Siehst du dann" Ich schluckte und lies meinen Blick durch die Hütte bis hinaus auf die Lichtung fallen, die bereits nur noch ein paar Fackeln schwach erleuchteten. Ich wollte hier noch nicht weg. Langsam gewöhnte ich mich an das raue Klima, die Jungs und ihre Lichtung und an die Aufgaben, die jeder hier zu leisten hatte. Wieviel Lichter hier wohl schon umgekommen waren? Vielleicht hatte ich morgen etwas Zeit, mit die Mauer genauer anzusehen. "Ich freu mich schon auf morgen", sagte ich rasch, um mich auf andere Gedanken zu bringen und hörte Newt belustigt Schnaufen. "Badetag? Das wird wild. Und besonders viele Sicherheitsvorkehrungen für dich zu treffen", setzte er finster hinzu und ich atmete schwer aus. Newt hatte recht. Morgen würde es sehr wild werden. Vielleicht könnte ich ja danach baden gehen. Oder davor? Eigentlich wollte ich nicht alleine sein nur aufgrund meines Geschlechts und weil sich hier der Großteil der Jungs nicht zügeln konnte. Es war bestimmt ein Riesenspaß mit den Lichtern am Weiher zu baden und Scherze zu machen. "Nein", sagte ich laut. Ich würde hingehen, schließlich hatte ich Newt, Alby und Minho, die mir helfen würden. Und Pfanne. Mit diesen beruhigenden Gedanken und dem nun leiser werdenden Schleifen von Newts Dolchen dämmerte ich langsam weg. Weit weg in eine surreale Welt aus bunten Träumen.
Das warme Sonnenlicht kitzelte mir auf dem Gesicht und ich wälzte mich herum. Noch ein wenig Schlaf würde mir nicht schaden. Ich war bereits wieder im Halbschlaf versunken, als ich plötzlich die Rufe und lauten Stimmen draußen wahrnahm. Sofort saß ich kerzengrade im Bett und warf einen Blick zu Newts Quartier, das bereits leer war. Wie spät war es? Die Sonne schien auf mein Kissen. "Zu spät", rief ich und sprang auf die Beine. Ich hatte das Frühstück schon längst verpasst. Die Rufe draußen ließen mich hastig zum Fenster laufen und erleichtert legte ich meine Hand aufs Herz. Die Lichter hatten sich alle bereits am Weiher versammelt und waren doch noch voll gekleidet. Erst jetzt erinnerte ich mich daran. "Badetag!", rief ich freudig und schlüpfte in das lange grüne T-shirt, das mir sowieso bis über die Knie hing und beschloss, die Hose wegzulassen. Als mein Blick auf meine Schuhe vor der Tür fiel, kam mir der plötzliche Einfall einfach barfuß zu gehen und so riss ich die Tür auf. Die Hitze schlug mir sofort entgegen, als ich die Stufen hinunter in die Sonne trat, und raubte mir für einen Moment den Atem. "Ach sie lebt", erklang plötzlich eine fremde Stimme hinter mir und ich drehte mich herum. Zwei fremde Lichter, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, grinsten mich schäbig an und sofort spürte ich mein Herz einen Schlag überspringen. "Warum ist unsere Schönheit der Lichtung denn erst jetzt aufgetaucht?", fragte nun der etwas größere Junge der beiden und sie kamen näher. Zu nah. Ich beschloss seine Frage als rhetorisch zu betrachten und drehte mich herum, um den aufgeregten Stimmen der Jungs hinüber zum Weiher zu folgen. Zweifellos hatten diese zwei Jungs vor Newts Hütte herumgelungert um auf mich zu warten, was die feinen Härchen auf meinen Armen ein Alarmsignal sendete. Ich war beinahe um die Ecke der Hütte und somit ins Sichtbare mehrerer Personen getreten, als sich eine Hand um meine Taille schlang und ruckartig zurück zog. "Lass mich los verdammt", zischte ich und begann mit den Füßen zu strampeln. Nur ein leises mehrstimmiges Lachen hinter mir antwortete und ich wurde auf den Boden hinter dem Haus geschubst. Als der brennende Schmerz an meinen Knien einsetzte, begann Wut durch mein Blut zu pulsieren und ich drehte mich herum. Kaum hatte ich den Mund geöffnet, als sich ein schwarzer Stiefel auf meine Brust stellte und hart nieder auf den trockenen Boden nagelte. "Verdammt ich schrei wenn ihr mich nicht gehen lasst", knurrte ich und wollte meine Arme aus dem Griff des zweiten Jungen befreien, der sich soeben neben mich gekniet hatte. "Nicht einmal Selbstverteidigung kann die Kleine" Mir wurde peinlich bewusst, wie recht er hatte. Newt und die anderen waren hinten am Weiher, knapp fünfzig Meter entfernt und ich könnte einfach schreien um ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Doch schon wieder würde ich Hilfe benötigen und Newts Verhöhnungen ins Unermessliche steigern. Nein. Dieses Mal nicht. Ich würde es alleine schaffen. "Kommt da noch was?", fragte eine Stimme über mir und ich schlug die Augen wieder auf. "Fahr zur Hölle" "Ganz schön frech die Kleine" Der größere der Beiden packte nun auch meine Oberschenkel und drückte sie zu Boden. Wie kam ich hier nur wieder raus?
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Verborgen im Schatten
FanfictionY/n wacht an einem fremden Ort auf. Ohne Erinnerungen an ein Leben vor dem Schlaf. Eine Lichtung - voller Jungs, kein Mädchen unter ihnen zu entdecken. Zunächst wird sie eher unfreundlich empfangen, muss anzügliche Kommentare und dumme Sprüche über...