50: "Es tut mir leid"

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Als ich am nächsten Morgen die Augen aufschlug, schien die Sonne bereits freundlich durch die kleinen Fenster und warf ihre Strahlen auf die dunklen Holzdielen. Das Bett, in dem ich mit Newt geschlafen hatte, war leer und der blonde Junge war nirgends zu entdecken - ebenso wie seine Schuhe und der Dolch, der sonst immer am Haken hing. Gestern Nacht hatte ich ohne ihn einschlafen müssen und das Letzte, woran ich mich erinnern konnte, war, dass er mich mitten in der Nacht aufgeweckt hatte bei dem Versuch, vorsichtig über mich zur Wand zu klettern. Mit einem Lächeln fiel mir ein, wie er seine Arme um meine Taille geschlungen und mir einen sanften Kuss auf die Wange gedrückt hatte, bevor ich wieder eingeschlafen war. Langsam schlüpfte ich aus der warmen Decke und warf einen Blick nach draußen. Die Sonne lies ihre hellen Strahlen bereits auf die Lichtung scheinen und es war allerhöchste Zeit, dass ich am Frühstückstisch erschien. Hastig schlüpfte ich in die frischen Klamotten und rannte barfuß aus der Hütte hinüber zum Essensplatz. Alle aßen bereits und ich streckte mich, um einen perfekten Platz in der Nähe meiner Freunde zu erspähen. Nirgends war etwas frei und es dauerte eine Weile, bis mich plötzlich jemand am Ärmel zupfte und ich blickte hinab auf Minho, der mich freundlich angrinste und etwas zur Seite rutschte. Rasch lies ich mich neben ihm am Hütertisch nieder und man streckte mir einen Teller mit Besteck entgegen. "Was meinst du werdet ihr später da draußen finden?", fragte ich den hübschen Läufer neben mir und griff hungrig nach einem Stück Brot. "Ich verspüre nicht den geringsten Hauch einer Ahnung holde Maid", antwortete er grinsend und ich rollte lächelnd mit den Augen, während ich mein Brot mit Schinken belegte und motiviert hineinbiss. "Vielleicht einen Ausgang?", fragte Winston und neugierig blickte ich zu ihm hinüber. "Womöglich. Man weiß nie, was sich hinter der nächsten Wand verbirgt. Vielleicht treffen wir ein paar Griever auf dem Weg", fügte er hinzu und warf mir mit breitem Schmunzeln einen vielsagenden Blick zu. Wir erinnerten uns Beide an den Nachmittag, als ich der Schnur ins Labyrinth gefolgt war. Unausweichlich musste ich auch an Ben denken und rasch schwang meine Stimmung um. Minho schien es zu bemerken und kannte auch die Ursache. "Ja ganz wie Ben und Alby", ertönte nun Gallys laute Stimme und zwang mich zu ernsthaften Überlegungen, ihm mein angebissenes Brot ins Gesicht zu klatschen. "Lass Alby da raus" Überrascht lehnte ich mich nach vorne und starrte in Newts Gesicht, unwissend das er ebenfalls hier gesessen hatte. "Ich stelle nur Tatsachen fest. Und jetzt schickst du noch mehr Männer in den Tod. Ernsthaft, wer hat dir überhaupt die Position zum zweiten Anführer gegeben?", antwortete Gally, was mir und den anderen Hütern die Gesichtszüge entgleisen ließen. "Pass bloß auf", raunte Winston Gally zu und stieß ihm in die Rippen, während dieser sich ein stummes Blick-Duell mit Newt lieferte. Die Kiefer des blonden Jungen malmten aufeinander und ein unruhiges Funkeln lag tief in seinen Augen. Ich wusste, das er es ernsthaft überdachte, Gally vom Tisch wegzureißen und die Frechheit aus ihm heraus zu prügeln. Er würde Albys goldene Regeln nicht brechen.

Aber er hatte es schon einmal getan.

"Sieh bloß zu das du dich von mir fern hältst", knurrte Newt feindselig, erhob sich und verschwand schnellen Schrittes hinter den Vorhängen in Richtung Albys Hütte. "Man Gally", sagte Winston wütend und Zart schüttelte nur den Kopf. "Y/n", erklang plötzlich eine ungewohnt hohe Stimme hinter mir und ich fuhr herum. Teresa stand unschlüssig vor mir und spielte nervös mit ihren Händen. Zuerst wunderte ich mich, doch dann kamen die Erinnerungen von ihrem Erwachen zurück in den Sinn. "Was willst du?", fragte ich langsam und erhob mich, um mit ihr auf einer Höhe zu sein. "Es tut mir leid" Ich hatte mit allem gerechnet, nur nicht damit. "Was?" "Für das, was ich dir im Zelt getan hab" Wie bitte? "Ich hätte sowieso gewonnen wären die Sanis nicht gekommen", antwortete ich kalt und verschränkte die Arme. "Nein hättest du n- Wie auch immer, es tut mir leid", unterbrach sie sich selbst und lächelte mich vorsichtig an. Was sollte das werden? "Nun vergibt ihr halt sie fragt doch so nett", erklang Minho's Stimme hinter mir und die Hüter johlten. Es war ein wunderbares Gefühl, sie auf meiner Seite zu wissen. "Schon okay", antwortete ich schließlich und erleichtert atmete Teresa auf. "Weist du zufällig wo man hier baden kann?" "Ja sie kann sich nicht dran erinnern wann das letzte Mal Waschen war", erklang Minho's provozierende Stimme erneut und das Johlen schwoll an. Mit einem unterdrückten Grinsen zog ich sie von den Jungs weg in Richtung Weiher und gemeinsam stapften wir durch das hohe Gras. 'Weist du, ich kann dich echt nicht leiden und mir is es wirklich egal, wie oft du dich bei mir entschuldigst. Ich will dich nicht hier haben' Die Worte lagen mir auf der Zunge und ich war kurz davor, sie dem schwarzhaarigen Mädchen einfach ins Gesicht zu sagen doch sie unterbrach meinen Gedankenvorhang rapide mit einer Frage. "Seit wann bist du hier?" "Ein Weilchen", antwortete ich kurz angebunden und hielt vor dem Weiher an. "Rein mit dir" "Was denn- hier rein? Aber-" "Hör mal ich hab nicht den ganzen Tag Zeit für dein Gemecker und die Jungs werden jeden Moment vom Frühstück kommen. Wenn du nicht willst, dass man dir dein Höschen wegguckt dann würde ich mich an deiner Stelle beeilen", unterbrach ich sie sofort genervt und kurz zogen sich ihre Augenbrauen wütend zusammen. Oh ja, ich hatte so richtig Lust mich jetzt mit ihr zu duellieren. "Na schön", gab sie jedoch nach und begann, aus ihren Klamotten zu schlüpfen. Als sie ins Wasser glitt, bekam ich eine miese Idee. Was, wenn ich ihre Kleider stahl? Sie hätte die Blamage definitiv verdient und mir war ohnehin egal, was die Lichter mit ihr anstellen würden. Solange es nicht ich war... "Warum sind hier alle so verdammt unfreundlich?", erklang Teresas Stimme und brachte mich von meinem hinterlistigen Plan ab. "Oh das sind sie nicht. Ganz im Gegenteil. Das liegt nur daran das dich hier keiner leiden kann. Außer Thomas", fügte ich hinzu und sie rollte mit den Augen. Sie wusste, wie wenig ich sie mochte und das war auch gut so - nicht das sie noch auf falsche Gedanken kam. "Y/n?" Ich zuckte zusammen als Winstons Stimme aus der Fernen ertönte und rasch drehte ich mich herum. Der Hüter kam auf uns zu. Teresa warf mir einen panischen Blick zu doch ich rührte mich nicht. Sollte sie eben auflaufen. Je näher Winston kam, desto größer wuchs mein schlechtes Gewissen. Ich erinnerte mich, wie unwohl ich mich gefühlt hatte als ich das erste Mal hier gebadet hatte. "Och verdammt", zischte ich leise und rannte rasch in Richtung Winston, sodass er Teresa nicht erblicken würde. "Was gibts?" "Ich hatte mir überlegt, dass du die Neue mit zu dir nehmen kön-" "Nein bitte nicht", sagte ich sofort und verschränkte die Arme. "Warum? Du k- hör mal ich bin dein Hüter und ich befehle dir, das du sie heute mit zu dir nimmst" Sein Tonfall schwang blitzschnell um und ich erinnerte mich an die Szene, als Newt etwas Ähnliches gesagt hatte. "Schön. Ganz wie du willst. Sonst noch was?" "Nicht frech werden", antwortete Winston und grinste, während ich tief durchatmete. "Ihr geht heute auf die Weide mit den Böcken" "Och nicht die Böcke", jammerte ich doch Winston drehte sich bereits herum und verschwand in Richtung Schlachthaus. "Y/n wo sind die Shampoo's?", rief Teresa hinter mir und ich seufzte schwer. Das würde ein großartiger Tag werden.

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