꧁Taehyung꧂
Im Esszimmer wartet bereits mein Vater auf mich. Das Tier wird auf die Schlachtbank geführt. Ich hätte mir denken können, dass mich die Konsequenzen zügig einholen werden. Dass sie es aber so schnell tun — warum gönnt man mir nicht einmal etwas Ruhe?
Nervös auf meiner Unterlippe kauend, setze ich mich an den Tisch. Yejin folgt mir, in der Hand hält sie eine Flasche Wein. Auf dem Tisch stehen verschiedenste Schüsseln an Essen. Reis, Fleisch, Gemüse. Ich sollte mich freuen, schließlich habe ich Hunger wie ein Wolf. Noch eine Konsequenz, wenn man ohne Geld das Haus verlässt.
Mein Letztes ging schließlich für die Taxifahrt nach Hause drauf. Hart schluckend, greife ich nach einer der Schüsseln und lege mit etwas von dem Fleisch auf meinen Teller. Mein Vater beobachtet mich dabei emotionslos. Was in seinem Inneren vorgeht, das male ich mir erst gar nicht aus.„Na, mein Lieber, wie war dein erster Tag in der neuen Schule." Mein Vater atmete gespielt amüsiert aus, während ich mich fast an einem Bissen an Essen verschlucke. Hastig schlucke ich herunter und greife danach nach einem Glas Wasser. Die Reaktion meines Vaters ärgert mich. Er ist schließlich an der ganzen Sache Schuld. Ich habe eine Idee.
"Davon abgesehen, dass die Klasse samt Schulsprecher sich irgendwie bereits gegen mich verschworen haben und das gesamte Kollegium über meine makellosen Leistungen aus England Bescheid weiß, war der Spaziergang, den ich anstatt der Stunden unternommen habe, sehr beruhigend. Die Gegend ist immer noch so wie früher: grau, traurig und langweilig." , dass ich Mama eine Besuch abgestattet habe, lasse ich aus. Der Anblick meines Vaters verrät mir alles, was ich wissen muss, als ich ihm anschließend entgegenschaue. Er kocht vor Wut. Yejin ist einzig schockiert, doch hält sie ihre Lippen verschlossen. Mein Vater ergreift das Wort.
„Was ist bloß in dich gefahren, Taehyung! Wo ist mein Sohn geblieben, den ich vor drei Jahren nach England geschickt habe? Wo ist er?! Ich erkenne dich nicht wieder. Bist du jetzt völlig von allen guten Geistern verlassen? Möchtest du etwa, dass man dich der Schule verweist? Weißt du eigentlich, was es für eine Überzeugungssarbeit war, den Rektor deiner und Jungkooks Schule zu überreden, damit du ebenfalls für dein letztens Jahr aufgenommen wirst? Möchtest du unser Ansehen denn noch mehr mit Füßen treten? Ich bin so enttäuscht von dir. Geh' mir aus den Augen und auf dein Zimm—", lachend unterbreche ich ihn, erhebe mich währenddessen von meinem Platz. Yejin schaut nur betrübt zur Seite. Sie schweigt — hätte ich nicht anders erwartet.
„Ich bin nicht derjenige, der hier jemanden enttäuscht." Damit verabschiede ich mich und trete wieder in den Flur — dann eben wieder eine Nacht bei Yoongi. Mir ist momentan eigentlich alles lieber, als hier zu sein. Ich dachte mein Vater würde sich bessern mit der Zeit — ein Trugschluss. Warum habe ich mir eigentlich überhaupt Hoffnungen gemacht?
Als ich gerade in meine Schuhe schlüpfe, die Rufe meines Vater ignorierend, öffnet sich die Haustür und eine kleinliche Gestalt betritt den Flur. Es ist Jungkook. Er schaut schlecht aus, hat Augenringe und glasige Augen. Auf seiner rechten Wange schimmert ein lilafarbener Fleck. Ist er gegen eine Tür gelaufen? Erst jetzt fallen mir seine leichten Hasenzähnchen auf, die zwischen seinen bebenden Lippen hervorragen. Wäre er jemand anderes, würde ich fragen, ob alles in Ordnung ist. So hat es mir meine Mutter beigebracht. Ich kann dieses Kind nicht ausstehen. Ihn würde mein Vater sicherlich nie anschreien. Wie ich Schreinereien hasse. Ich möchte wieder zu Heesung. Wir haben uns nie gestritten. Dort bei ihm ist alles friedlich gewesen.
„Mach' dich vom Acker", gifte ich ihn an und dränge ihn zur Seite. Er atmet darauf scharf ein. „Was ist eigentlich dein scheiß Problem?" Seine plötzliche Aussage lässt mich kurz innehalten. Unsere Augen treffen sich. Kann er nicht sehen, was mein Problem ist? Er und alles, was mit dieser Familie zu tun hat.
„Du bist mein Problem." Erzürnt über seine Worte lasse ich die Tür laut ins Schloss fallen. Wenn ich könnte, würde ich nie mehr zurückkommen. Warum tue ich das denn eigentlich nicht? Was habe ich schon zu verlieren. Alles, was mir wichtig ist, ist sowieso nicht mehr in meiner Reichweite. Ich bin allein.
You
Hey, Yoon, kann ich wieder zu dir? Ich halt' das zu Hause nicht mehr aus...
Sent: 07:43 p.mYoongi
Klar o.O Was hast du diesmal gemacht?
Sent: 07:45 p.mYou
Geschwänzt, ihm einfach die Wahrheit gesagt, die Schnauze voll gehabt
Sent: 07:46 p.mYoongi
Oh...
Sent: 07:46 p.m
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Overlooked | Taekook
FanfictionFür die Hochzeit seines Vaters und dessen neuer Frau kehrt Taehyung aus Großbritannien zurück und erfährt kurzerhand, dass er von nun an einen Stiefbruder haben wird. Dieser scheint das ideale Gegen- und Ersatzteil zu dem freigeistlichen Sohn zu sei...